Der Anteil weiblicher Führungskräfte wächst trotz geforderten 30 Prozent in Aufsichtsräten schleppend. Zwar bemühen sich vor allem große deutsche Unternehmen, doch die Ergebnisse lassen noch zu wünschen übrig.
Es tut sich etwas, allerdings sehr langsam: Im vergangenen Jahr ist der Anteil von Frauen in den Vorstandsetagen von Deutschlands börsennotierten Unternehmen leicht angestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY), die zweimal jährlich durchgeführt wird.
In den 160 Dax-, MDax-, SDax- und TecDax-Unternehmen arbeiteten am 1. Januar insgesamt 45 weibliche Vorstände. Ihnen gegenüber sitzen 630 Männer. Das ist immer noch wenig, aber zumindest sind es sechs Frauen mehr als noch im Jahr zuvor und elf mehr als zu Beginn des Jahres 2015.
Die Vorstandsebene bleibt weiterhin eine Männerdomäne: Derzeit sind knapp 76 Prozent der Vorstandsgremien der börsennotierten Unternehmen ausschließlich mit Männern besetzt – lediglich in 24 Prozent sitzt mindestens eine Frau.
Bei BLG zum ersten Mal eine Frau im Vorstand
Bremen bildet keine Ausnahme von diesem Trend. Auch hier wächst der Anteil weiblicher Führungskräfte nur langsam. Die BLG Logistics Group hat zum 1. Januar 2017 zum ersten Mal eine Frau in den Vorstand berufen: Andrea Eck, 53 Jahre alt. Sie sitzt neben fünf Männern und lenkt die Geschäfte des Automobil-Bereichs.

Christa Fuchs (OHB).
Das Logistikunternehmen Eurogate hat Manuela Drews, schon seit Jahren im Unternehmen, mit 38 zur Geschäftsführerin des Container-Terminals Bremerhaven benannt. Knapp jede vierte Führungskraft oder leitende Angestellte im Unternehmen sei weiblich, sagt Eurogate-Sprecherin Corinna Romke. Spezielle Förderprogramme für Frauen gebe es aber nicht.
Beide Unternehmen sind in der traditionell männerdominierten Logistikbranche angesiedelt. Ähnlich geht es dem Energieunternehmen SWB. Anteil der Frauen im Vorstand: null. Gerade als technisches Unternehmen sei es schwierig, Führungspositionen mit Frauen zu besetzen, sagt Angela Hünig, Sprecherin der SWB. „Der Nachwuchs ist einfach nicht vorhanden.“
Gerade bei großen Konzernen erhebliche Bemühungen
„Bei der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, mehr Frauen an die Spitze zu bringen, kommen wir nach wie vor nur mühsam voran“, kommentiert Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY in Deutschland, die Resultate. Der Befund sei noch immer der gleiche: Deutsche Vorstandsetagen seien nach wie vor mehrheitlich männliche Monokulturen.

Andrea Eck (BLG).
„Zwar sehen wir gerade bei großen deutschen Konzernen erhebliche Bemühungen, in Sachen Vielfalt Fortschritte zu erzielen. Aber die konkreten Ergebnisse dieser Anstrengungen sind insgesamt derzeit noch zu wenig sichtbar“, sagt Barth.
Anders sah es zuletzt beim Frauenanteil in den Aufsichtsratsgremien aus. Dort war der Anteil der Frauen im vergangenen Jahr von 23,3 auf 27,5 Prozent gestiegen, ließ das Familienministerium in einem Jahresabschlussbericht im Dezember wissen.
30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten sind Pflicht
Das passierte jedoch nicht freiwillig: Seit dem 1. Januar 2016 sind börsennotierte und voll mitbestimmte Unternehmen dazu verpflichtet, bei einer Neubesetzung 30 Prozent der Aufsichtsräte mit Frauen zu besetzen. Passiert das nicht, müssen die Stühle leer bleiben. Diese feste Quote gilt nach derzeitigem Stand für 106 Unternehmen in Deutschland.
Das betrifft zwar keines in Bremen, doch auch die im Bundesland ansässigen Betriebe sind bemüht, das Geschlechterverhältnis auszugleichen. Zumindest, wenn man einen Blick auf die Betriebe wirft, an denen das Land Bremen Anteile hat oder die Eigenbetriebe sind: Bei vier von 67 Betrieben haben die Aufsichtsräte keine Frauen, zum Beispiel bei der Bremer Bäder GmbH.
Der Anteil der Frauen im 24-köpfigen SWB-Aufsichtsrat: 15 Prozent. Auch bei anderen Firmen gibt es Aufsichtsrätinnen – bei OHB sind es zwei von drei Mitgliedern. „Die Entwicklung bei den Aufsichtsräten zeigt: Es ist keine Frage des Könnens der Frauen, sondern eine Frage des Wollens der Unternehmen“, sagt Ana-Cristina Grohnert, Mitglied der EY-Geschäftsführung.
Gemischte Teams sorgen für bessere Leistungen
„Es gibt genügend qualifizierte Frauen für Vorstandsposten. Und es hat sich längst herausgestellt, dass gemischte Teams aus Männern und Frauen bessere Leistungen bringen.“ Ganz so einfach ist es zumindest bei der BLG nicht. Zwar gebe es jüngere Jahrgänge, die zu Führungskräften herangezogen werden, sogenannte Trainees.
Unter diesen seien viele, wenn nicht sogar mehr Frauen als Männer. Nur: Die BLG könne nicht alle halten, sagt Sprecher Andreas Hoetzel. Er erklärt das so: „Die Frauen bekommen eben die Kinder und gehen aus dem Beruf. Manchmal kommen sie nicht wieder, sie kündigen eher und sind mobiler.“