Arbeiten, und dabei die Welt sehen – das hört sich für viele traumhaft an. Auch deswegen üben Berufe wie Pilot, Stewardess oder Kapitän eine gewisse Faszination auf etliche Menschen aus. Gleiches gilt auch für Jobs auf Kreuzfahrtschiffen. Doch die sind alles andere als bezahlter Urlaub – haben dafür aber andere Vorteile.
„Immer am Gast sein, immer präsent sein: Das stellen sich viele zu einfach vor“, sagt Daniela Fahr. Sie ist Inhaberin von Connect, einer Recruiting-Agentur für Kreuzfahrtschiffe in Bremerhaven. Viele kommen an Bord an ihre Leistungsgrenze. Hinzu kommt, dass man auf dem Schiff nur wenig Privatsphäre hat. Abends fährt man nicht nach Hause, sondern bleibt auf dem Schiff und damit am Arbeitsplatz. In der Kabine sind zumindest die einfachen Angestellten in der Regel zu zweit – auch hier gibt es nur wenig Rückzugsraum.
Fahr weiß, wovon sie spricht: Sie hat selbst an Bord von Kreuzfahrtschiffen und im Personalwesen gearbeitet, bevor sie 2000 ihre Agentur gegründet hat. Nach eigenen Angaben hat sie mittlerweile mehr als 56.000 Bewerber in ihrer Datenbank, mehrere Hundert vermittelt sie pro Jahr an Arbeitgeber. Das sind meist Reedereien. Und deren Bedarf wird immer größer.
In den kommenden fünf Jahren werden etwa 75 neue Schiffe vom Stapel laufen und 100.000 zusätzliche Crewmitglieder benötigt, schätzt Fahr. Denn wenn ein Schiff etwa 6000 Passagiere fasse, bestehe die Crew meist aus etwa 2000 Mitgliedern. „In der Branche sagt man: Pro Schiff ist eine Crew an Bord, eine im Urlaub und eine bildet sich weiter“, sagt Fahr. So entstehe die hohe Zahl von zusätzlichen Stellen.
„Es wird schwerer, Leute zu finden“
Die Nachfrage beginne beim klassischen nautischen Personal, mache aber auch vor Service-Jobs keinen Halt. Auch Berufe, die man beim ersten Überlegen nicht unbedingt auf einem Schiff vermuten würde, werden gesucht. Dazu gehören etwa Grafiker, Kindergärtner oder Tontechniker. „Es wird schwerer, Leute zu finden“, sagt Fahr. „Besonders für Schiffe, auf denen die Bordsprache Deutsch ist.“ Denn viele Urlauber würden es schätzen, wenn das Personal an der Bar, im Spa-Bereich oder an der Rezeption die eigene Sprache spreche.
Deswegen hätten zunehmend auch Quereinsteiger eine Chance, einen Job auf einem Kreuzfahrtschiff zu bekommen. „Eine Ausbildung im Hotel ist mittlerweile kein Muss mehr. Es kommt vielmehr auf die Motivation an“, sagt Fahr. Deswegen veranstaltet ihre Firma auch am 17. Oktober eine Jobmesse für die Kreuzfahrtbranche in Berlin. Hier stellen sich 20 nationale und internationale Reedereien vor und suchen nach potenziellen Mitarbeitern – solchen, die zum ersten Mal auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten wollen, aber auch solchen mit Berufserfahrung.
Zu Letzteren zählt bereits Florence Schneider. Sie arbeitet seit fast drei Jahren im Spa-Bereich auf einem Kreuzfahrtschiff von Tui Cruises. Der Blick aus dem Fenster ihres Arbeitsplatzes gleicht einem Postkartenmotiv: Das Meer erstreckt sich bis zum Horizont, am Himmel blaue Wolken, im Wasser spiegelt sich die Sonne. „Bezahlt werden, obwohl man herumreist, das ist schon toll“, sagt Schneider über ihren Job.
Arbeitsalltag ähnelt dem an Land
Der Arbeitsalltag von Florence Schneider ähnelt in weiten Teilen dem an Land. Meist sind es sechs kosmetische Behandlungen: Wie an Land auch bietet sie Peelings an, legt Tages-Make-ups auf oder macht Gesichtsreinigungen. Anders sind die Arbeitszeiten: Florence Schneider arbeitet sieben Tage in der Woche. Die Spa-Mitarbeiter sind im Schicht-System tätig und arbeiten zwischen acht und zehn Stunden am Tag. Ihre Verträge laufen in vielen Fällen immer für vier, fünf oder sechs Monate. Dann hat man ein paar Wochen Pause, dann geht es wieder aufs Schiff. „Man ist schon zum Arbeiten hier, aber man kann es sich auch wirklich schön machen“, sagt Schneider.
Doch das intensive Arbeiten auf dem Schiff und die kurze Dauer der Arbeitsverträge sind längst nicht jedermanns Sache. Man sei vier bis fünf Monate mindestens von zu Hause weg und verpasse vielleicht wichtige Geburtstage oder Feste, sagt Fahr. Das müsse man sich bewusst machen. Außerdem habe man immer Leute um sich herum. Dafür sei der Verdienst meist höher als an Land – was aber nicht unbedingt mit einem höheren Gehalt zu tun habe. „An Bord werden Wohnraum und Verpflegung gestellt“, sagt Fahr. Ausgaben, die man an Land von seinem Einkommen bestreiten müsste. „Es ist harte Arbeit, dafür hat man am Ende des Monats aber mehr übrig.“
Auch wer nur eine begrenzte Zeit an Bord verbringt, hat danach bessere Karrierechancen, sagt die Bremerhavenerin. Viele Arbeitgeber, etwa in der Hotellerie, schätzten es, wenn Mitarbeiter eine Zeit lang an Bord eines Kreuzfahrtschiffes verbracht haben, – auch, weil man hier mit Menschen verschiedener Herkunft zusammenarbeite.
Kontakte in der ganzen Welt
Florence Schneider will auf jeden Fall noch eine Zeit lang weiter auf Kreuzfahrtschiffen arbeiten. Denn sie hat den Eindruck, dass sie sich durch die Zusammenarbeit mit Menschen aus so vielen verschiedenen Nationen auch persönlich weiterentwickelt. „Bei jeder Reise haben sich bis jetzt noch richtige Freundschaften ergeben“, sagt sie. Und so knüpft sie nach und nach ein Netz von Kontakten in der ganzen Welt. Und wird sie eigentlich noch seekrank? „Am Anfang war ich es schon ein bisschen“, sagt sie. Aber nach und nach habe man dann alle Tricks heraus. Das Geheimnis lautet: Immer ein bisschen essen und was im Magen haben, dann gehe es.