Zustimmung von den Bremer Unternehmen, Kritik von der Arbeitnehmerkammer und viele offene Fragen – die von den künftigen Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP diskutierte Auskunftspflicht für Beschäftigte über ihren Impfstatus sorgt für Aufregung und Verunsicherung.
„Die Auskunftspflicht ist längst überfällig“, sagt Cornelius Neumann-Redlin, Vorsitzender der Bremer Unternehmensverbände. Er bezeichnet es als „komplett unlogisch“, dass es Unternehmen während der Pandemie einerseits erlaubt worden sei, die Betriebsabläufe und Maßnahmen an den Impfstatus der Belegschaft anzupassen, andererseits eine Abfrage des Impfstatus bisher aber nicht in allen Branchen möglich ist. „Gut deshalb, wenn die Auskunftspflicht jetzt kommt“, sagt Neumann-Redlin. Für ihn gibt es kein Argument, dass dagegen spricht. „Wir geben doch seit Monaten in unserer Freizeit, in Restaurants oder im Kino Auskunft“, sagt er.
Das bewertet die Arbeitnehmerkammer anders. "Gesundheitsdaten sind rechtlich besonders geschützt, deshalb gibt es für Beschäftigte auch keine Auskunftspflicht über den Impfstatus gegenüber dem Arbeitgeber", so Nathalie Sander, Sprecherin der Kammer.
Die Arbeitnehmervertretung spricht sich deutlich für den Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, weil am Arbeitsplatz häufig viele Menschen zusammenkämen und dadurch ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Die Betriebe seien deshalb in der Pflicht, geeignete Maßnahmen umzusetzen. Die allgemeine Impfauskunftspflicht gegenüber dem Arbeitgeber zählt die Arbeitnehmerkammer allerdings nicht dazu. Sie sei bei einer 3 G-Regelung aber auch gar nicht nötig, weil die Möglichkeit des Testens bestehe. Das tägliche Testen, so die Kammer, müsse selbstverständlich kostenlos für die Beschäftigten sein.
Die Bremer Unternehmensverbände sehen das anders. „Jeder hatte inzwischen ausreichend Gelegenheit, sich impfen zu lassen“, sagt Neumann-Redlin, „wer es immer noch nicht will, muss in Kauf nehmen, dass er für Tests zahlen muss.“ Eine Ausnahme müsse allerdings für diejenigen gelten, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können beziehungsweise dürfen.
Den Nachweis zu erbringen, ob sie geimpft, genesen oder getestet sind, bezeichnet die Gewerkschaft Verdi als zumutbar für die Beschäftigten. „Die Überprüfung durch die Arbeitgeber kann schnell zu Dienstbeginn vorgenommen werden", sagt Detlef Ahting, Verdi-Landesbezirksleiter in Niedersachsen und Bremen, "darüber hinaus sollten die Anstrengungen, dafür zu werben, sich impfen oder boostern zu lassen, nicht nachlassen.“ Die geplante Einführung der 3 G-Regelung am Arbeitsplatz sei insgesamt der richtige Weg.
Bisher erlaubt das Infektionsschutzgesetz Arbeitgebern eine Abfrage des Impfstatus nur bei Beschäftigten, die mit sogenannten vulnerablen Gruppen zu tun haben, das heißt mit Kranken, Pflegebedürftigen oder Kindern beispielsweise in Kitas, Schulen, Krankenhäusern oder Pflegeheimen.
Unklar ist bislang, welche Konsequenzen Unternehmen und Einrichtungen daraus ziehen sollen, wenn ein Ungeimpfter für sie arbeitet. Das kritisiert unter anderem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Bremen. "Was nun mit denjenigen passieren soll, die nicht geimpft sind, das hat uns die Bildungssenatorin nicht mitgeteilt", sagt GEW-Landesvorsitzende Barbara Schüll. "Das sorgt einfach nur für Verunsicherung."
Heiß diskutiert wird auch, ob beziehungsweise wie Mitarbeiter, die sich einem Test oder einer Impfung verweigern, entlohnt werden sollen. "In letzter Konsequenz müssten sie unbezahlt freigestellt werden", sagt Neumann-Redlin. Das fordert auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er verlangt von der Politik, die 3G-Regel "sehr präzise und mit allen Konsequenzen" zu formulieren, um Konflikte in den Unternehmen zu vermeiden. Die Politik müsse klarstellen, dass Impf- und Testverweigerer keinen Lohnanspruch für ausgefallene Arbeit hätten.
Der Bremer Arbeitsrechtler Ralf-Carsten Bonkowski rät den Betrieben und den Beschäftigten, es soweit gar nicht erst kommen zu lassen. Die Unternehmen sollten unbedingt prüfen, ob es für ungeimpfte Mitarbeiter nicht andere Einsatzmöglichkeiten ohne Kontakt zu Kollegen und Dritten gebe, eventuell im Freien, im Homeoffice oder in anderen Abteilungen und Filialen. Das allerletzte Mittel für Unternehmen seien personenbedingte Kündigungen. Für den Fall, so Bonkowski, rechne er aber mit Klagen der Arbeitnehmer vor Gericht.