Seit auch Privatanbieter wie SpaceX und Blue Origin aus den USA mitmischen, hat sich der Markt für Trägerraketen enorm verändert: Er ist hart umkämpft. Die Zeiten, in denen die europäische Trägerrakete Ariane mehr oder weniger konkurrenzlos Satelliten in den Orbit transportierte, sind längst vorbei. Dass das deutsch-französische Unternehmen Ariane-Group nun Überlegungen anstellt, bis 2022 etwa 2300 Stellen abzubauen, hat indirekt auch mit diesen veränderten Rahmenbedingungen zu tun.
Insgesamt gibt es in der Ariane-Group 9000 Beschäftigte, davon etwa 550 in Bremen, wo unter anderem die Oberstufen für die Trägerraketen entwickelt und gebaut werden. In welchem Umfang die einzelnen Standorte von dem Stellenabbau betroffen sein könnten, dazu wollte sich die Ariane-Group nicht äußern.
„Wir haben zunächst die Arbeitnehmervertretungen von den Plänen informiert“, teilte das Unternehmen auf Nachfrage des WESER-KURIER mit. Der angestrebte Personalabbau ist aus Sicht der Ariane Group pragmatisch und „strebt die Vermeidung eines Sozialplans an.“ In Bremen hat sich der Betriebsrat am Mittwoch mit dem Thema beschäftigt.
Um konkurrenzfähig zu bleiben, entwickelt die Ariane-Group – der Konzern gehört je zur Hälfte Airbus und der französischen Safran-Gruppe – derzeit die neue Trägerrakete Ariane 6, die im Vergleich zur jetzigen Ariane 5 um bis 50 Prozent günstiger hergestellt werden soll. Für die Ariane-Group steht fest, dass sich die Kostensenkung bei der Ariane 6 ab Beginn der Produktionsphase auswirken wird, während das Ende der Entwicklung der Trägerrakete zu einer starken Reduzierung der Engineering-Auslastung bis 2022 führen wird.
Die mögliche Personalreduzierung müsse im Kontext der Gesamtentwicklung in der Raumfahrt gesehen werden, sagte Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD). Dass der Modellwechsel und die Effizienzsteigerung im Produktionsablauf im Zusammenhang mit dem Kostendruck mittelfristig Auswirkungen auf die Personalstärke haben werde, komme nicht überraschend. Dass das Unternehmen gut aufgestellt sei, zeige sich aber daran, dass der Personalabbau nicht über betriebsbedingte Kündigungen, sondern über die natürliche Fluktuation erfolgen soll.
Wettbewerbsverzerrungen durch US-Regierung
Um der Ariane-Group und anderen Raumfahrtunternehmen langfristig Stabilität zu geben, sind laut Günthner die europäischen Staaten gefordert: „Es gibt einen klaren Konsens, dass Europa weiterhin einen eigenen unabhängigen Zugang zum Weltraum haben will.“ Und dafür sorge das Ariane-Trägerraketenprogramm. Das sei aber nur langfristig gesichert, wenn das Unternehmen auch entsprechend mit Startaufträgen für den Statellitentransport versorgt werde. Genau diese institutionellen Aufträge müssten von den europäischen Staaten kommen. „Ich hoffe, dass sich die Bundesregierung dafür auf europäischer Ebene einsetzen wird.“
Die Ariane-Group hatte in der Vergangenheit mehrfach auf Wettbewerbsverzerrungen aufmerksam gemacht: So bekämen Raketenanbieter wie SpaceX hochdotierte Aufträge von der US-Regierung und könnten dadurch die Preise auf dem kommerziellen internationalen Markt drücken. Problem dabei: Die US-Regierung vergibt die Aufträge nur an US-Firmen. In Europa gibt es dagegen einen freien Marktzutritt. So hatte jüngst die Bundeswehr SpaceX damit beauftragt, mehrere Spionagesatelliten ins All zu befördern.
„Aufgrund dramatischer Marktveränderungen, mangelnder institutioneller Aufträge und international verzerrtem Wettbewerb ist der Konkurrenz- und Kostendruck auf die Ariane-Group und die europäische Trägerraketenindustrie erheblich gestiegen“, sagte Judith Bohl, Betriebsratsvorsitzende der Ariane-Group in Bremen. Das sei eine vollkommen neue Lage, und hier sei jetzt auch die Politik gefragt.
"Europa muss seine staatlichen Satelliten mit Ariane starten und nicht mit subventionierter US-,Konkurrenz'.“ Es geht schließlich um hochqualifizierte Arbeitsplätze in Bremen. "Hier ist aber auch die Ariane-Group-Unternehmensführung gefordert." Das Management müsse sicherstellen, "dass es keinen Stellenabbau gibt und gleichzeitig in unsere Zukunft auch mit eigenen Mitteln investiert wird."