Wenn etwa 300 Personen – davon viele in Uniform - in der Oberen Rathaushalle Mumbai-Chicken-Curry essen, interessante Gespräche führen und aufschlussreiche Reden hören sowie am Ende der Veranstaltung ein fünfstelliger Betrag für die Seemannsmission und eine karitative Einrichtung eingesammelt wird, dann findet dort eine Veranstaltung mit Tradition statt. Am Freitag war es wieder soweit: Gefeiert wurde zum 53. Mal der Kapitänstag. Eingeladen hatten wie in den Vorjahren der Senat und die Bremische Hafenvertretung (BHV).
Bevor der offizielle Teil begann, wurde Oswald Brinkmann gedacht, der am 24. August im Alter von 87 Jahren verstarb. Brinkmann war von 1971 bis 1987 Hafensenator in Bremen und in dieser Zeit auch Präsident der Bremischen Hafenvertretung. BHV-Präsident Hans-Joachim Schnitger hob noch einmal die Dynamik und Tatkraft hervor, die Brinkmann besonders auszeichneten.
HHLA-Chefin warnt: "Deutschlands Häfen haben Anschluss an die Spitze verloren"
Wohl ganz im Sinne des Verstorbenen ging es dynamisch bei den Reden weiter – dafür sorgte unter anderem Angela Titzrath, Vorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Ihre Rede machte deutlich, dass nicht die bremischen Häfen im Wettbewerb mit denen aus Hamburg oder umgekehrt stünden, sondern vielmehr der Hafenstandort Deutschland seine Konkurrenz im Ausland habe.
Deutschland ist zwar Exportweltmeister und die führende Wirtschaftsnation in Europa, doch „seine Seehäfen haben in den letzten Jahren den Anschluss an die Spitze verloren“, sagte Titzrath. Die jüngsten Zahlen für den Güterumschlag bestätigten diesen Trend: „Rotterdam und Antwerpen haben weitere Marktanteile hinzugewonnen, während Hamburg, Bremen und Bremerhaven sowie Wilhelmshaven Rückgänge verzeichnen.“ Von daher finde sie es befremdlich, wenn man wie kürzlich in Wilhelmshaven geschehen, die pünktliche Abfertigung eines Großfrachters hervorhebe und zugleich auf Hamburger Probleme mit dem gleichen Schiff wegen des Tiefgangs verweise.
„Aus meiner Sicht besteht für uns alle, ob nun in Hamburg, Bremen oder Wilhelmshaven, wenig Grund mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen“, stellte die HHLA-Chefin klar. „Wir in Deutschland befinden uns in einem europäischen Wettbewerbsumfeld und sollten daher innerdeutsches Fingerhakeln unterlassen."
VDR-Präsident dankt Seeleuten für Rettungsaktionen im Mittelmeer
Und wollten sich Bremen und Hamburg im europäischen Wettbewerb behaupten, sei es unerlässlich, dass die Fahrrinnenanpassungen von Elbe und Weser zügig umgesetzt werden – eine Alternative gebe es dazu nicht. Gerade auch vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklungstrends: „Die Reederbranche hat sich in den letzten 18 Monaten so rasant verändert wie in den 18 Jahren davor nicht“, so Titzrath. Sie könne sich vorstellen, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglicherweise nur noch zwei große Konsortien im Bereich der Liniencontainerreedereien gebe. Und diese Entwicklung werde sich noch stärker auf Kosten, Preise und Margen und damit auf den Wettbewerb zwischen den europäischen Seehäfen auswirken.
Die traditionelle Kapitänsrede, die in der Vergangenheit an der einen oder anderen Stelle immer für ein Schmunzeln gesorgt hat, bezog sich auf eine neue Herausforderung, „die an Körper und Seele geht und Kapitäne und ihre Mannschaft auf dem Mittelmeer betrifft“, so Alfred Hartmann, Präsident des Verbands Deutscher Reeder (VDR). Seit 2015 ist die Zahl der Menschen stark angestiegen, die meist von Libyen aus auf überladenen Holz- und Schlauchbooten die lebensgefährliche Fahrt nach Europa antreten. Zahlreiche Handelsschiffe haben sich seitdem an Rettungsaktionen beteiligt und mittlerweile Zehntausende Menschen vor dem Ertrinken gerettet.
"Mein ausdrücklicher Dank und tiefer Respekt gilt unseren Seeleuten für ihren Einsatz", sagte VDR-Präsident Hartmann. "Einige mussten von ihnen schreckliche Erfahrungen machen. Wenn die Seeleute trotz aller Bemühungen mitansehen mussten, wie vor ihren Augen ganze Familien ertranken." Das seien traumatische Erfahrungen, mit denen man nicht allein fertig werden könne." Eine ganz wichtige Anlaufstelle für diese Seeleute seien dafür die Seemannsmissionen. Dort gebe es professionelle Seelsorger. "Aus meinen Gesprächen mit Seeleuten und Mitarbeitern der Seemannsmission weiß ich, wie wichtig diese Angebote sind." Von daher sei eine Spende für die Seemannsmission immer sinnvoll.
Zuvor hatte Wirtschafts- und Häfensenator Martin Günthner (SPD) ebenfalls den Kapitänstag zum Anlass genommen, zu zeigen, wie eng Bremen und Hamburg hafenpolitisch zusammenstehen. „Hamburg und Bremen sind Partner auf dem internationalen Parkett. Die deutschen Häfen bohren gemeinsam dicke Bretter, um unsere Hafenstandorte stark am Markt zu halten.“