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Reederstudie in Hamburg vorgestellt Banken und Mitarbeiter für Reedereien gesucht

Laut Studie von PwC sind Finanzierung für die Reeder das Hauptproblem geworden. Denn in Deutschland haben sich die Banken aus dem Geschäft massiv zurückgezogen. Dabei gibt es einen großen Investitionsbedarf.
25.07.2019, 19:13 Uhr
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Von Eckart Gienke und Florian Schwiegershausen

Für die deutschen Reeder ist der weitgehende Rückzug deutscher Banken aus der Schifffahrt gegenwärtig das größte Problem. Bei einer Umfrage des Beratungsunternehmens PwC mit mehr als 100 Reedereien nannten rund drei Viertel der Befragten den Zugang zu guten Finanzierungen als größte Herausforderung, teilte PwC am Donnerstag in Hamburg mit.

Damit gaben weit mehr Unternehmen dies als Hauptproblem an und weniger die aktuelle Marktlage und das Ratenniveau oder die Entwicklung der Weltwirtschaft und des Welthandels. Für die jährliche Reederstudie führte PwC dieses Mal zwischen Mai und Juni 102 Interviews.

„Die deutschen Banken waren zu Beginn der Schifffahrtskrise 2009 mit rund 110 Milliarden Euro in der Branche investiert“, sagte der PwC-Schifffahrtsexperte Claus Brandt. „Das war weit mehr, als es dem deutschen Anteil am Welthandel entsprach.“ Heute hätten die deutschen Finanzinstitute ihr Engagement auf schätzungsweise 20 Milliarden Euro zurückgefahren. Speziell China habe die Finanzierung seiner Handelsflotte selbst übernommen.

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Die Reeder müssten sich nach Finanzierungsquellen im Ausland umsehen. „Viele haben das auch schon getan, aber eben noch nicht genug“, sagte Brandt. Weil die Reedereien nach der jahrelangen Branchenkrise immer noch niedrige Renditen erwirtschafteten und mit höheren Betriebskosten rechnen müssten, sei auch bei ausländischen Kapitalgebern und Investoren der Zugang zu Kreditmitteln keineswegs einfach.

Die Mehrzahl der Reedereien (53 Prozent) hat in den vergangenen zwölf Monaten Schiffe verkauft – auch um Finanzmittel zu mobilisieren. Da sich inländische Geldinstitute wie die Norddeutsche Landesbank nach dem Debakel mit den faulen Schiffskrediten aus der Finanzierung zurückgezogen haben, gewinnen nun Auslandsbanken immer stärker an Bedeutung.

Bei der Studie gaben 43 Prozent der Unternehmen an, mit ausländischen Instituten zusammenarbeiten. Weitere 26 Prozent der Reeder planen dies für die Zukunft. Zudem suchen die Reeder verstärkt nach Alternativen zur Bankfinanzierung. Schon heute sind 42 Prozent der Befragten direkt auf dem inländischen Kapitalmarkt aktiv, 20 Prozent im Ausland – mit steigender Tendenz.

Die Suche nach dem Kapital lässt die Reeder erfinderisch werden. Sie denken über Möglichkeiten nach, die sonst heutzutage eher für Unternehmensgründer infrage kommen. So kann sich ein Fünftel der Reeder vorstellen, Geld im Internet per Crowdfunding einzusammeln. Vier Prozent gaben bei der Befragung an, dass sie diese Option bereits nutzen würden.

Krisenmodus oder Umsatzsteigerung?

Das knappe Investitionsbudget führt laut Studie zu einem weiteren Problem: Es bremst die Reedereien beim Umbau der Schiffe auf umweltfreundliche Antriebe. Die meisten Unternehmen billigen zwar verflüssigtem Erdgas (LNG) künftig eine wichtige Rolle als Treibstoff zu. Tatsächlich fahren laut PwC derzeit weltweit nur 140 Schiffe mit LNG. Rund 79 Prozent der Reedereien sei die Umrüstung zu teuer. Für weitere 74 Prozent sei LNG nicht ausreichend in den Häfen, die sie ansteuern, verfügbar. Schifffahrtsexperte Brandt sieht die deutsche Schifffahrt nach einer kurzen Atempause fast schon wieder im Krisenmodus.

Eine knappe Mehrheit von 53 Prozent der deutschen Reedereien rechnet zwar mit steigenden Umsätzen in den kommenden zwölf Monaten. Vor einem Jahr haben sich jedoch noch 74 Prozent der Reeder zuversichtlich geäußert. Die Entwicklung des Ladungsaufkommens werde zwar von einer Mehrheit noch positiv gesehen, doch bei der künftigen Entwicklung der Fracht- und Charterraten sind die Optimisten in der Minderheit. Wie in der Vorjahresumfrage berichten aktuell neun von zehn Befragten (89 Prozent) über voll ausgelastete Flotten.

Lediglich neun Prozent der Reeder gaben an, dass es derzeit Schiffe ohne Beschäftigung gebe. Gleichzeitig hat die Studie aber eine klare Botschaft: Auch wenn sich die Prognosen eintrüben, will die Hälfte der befragten Reedereien in den nächsten Monaten neue Mitarbeiter einstellen.

Investitionen in die Umwelttechnologie

Der Geschäftsführer vom Bremer Rhederverein, Robert Völkl, hält die Bestandsaufnahme von PwC in großen Teilen für zutreffend: „Der Mangel an Schiffsfinanzierungsmöglichkeiten in Deutschland ist derzeit das wohl größte Problem der hiesigen Reedereien. Richtig ist auch, dass den Reedereien häufig einfach die finanziellen Mittel fehlen, zusätzlich in umweltfreundliche Technologie zu investieren.“ Allerdings gehen nach Ansicht Völkls zwei Punkte dabei unter.

So weist er darauf hin, dass LNG-angetriebene Schiffe nur dann sinnvoll einsetzbar sind, wenn sie langfristig auf definierten Strecken eingesetzt werden können, wie zum Beispiel im Fährverkehr oder auf bestimmten Hafenrundläufen in der Ostsee. „Schiffe, die weltweit unterwegs sind und die verschiedensten Häfen anlaufen, hätten gar nicht die Möglichkeit, überall LNG zu bunkern“, so Völkl. Und der Rhederverein-Geschäftsführer sieht doch, dass die deutschen Reeder sehr wohl erhebliche Summen in Umwelttechnologie investieren: „Bis 2024 müssen sämtliche Schiffe zertifizierte Ballastwasseranlagen an Bord installiert haben, um zu verhindern, dass eingeschleppte Organismen regionale Ökosysteme gefährden.“

Derzeit seien die Reeder weltweit mit Hochdruck dabei, die Maschinen und Kraftstofftanks ihrer Schiffe auf schwefelarme Kraftstoffe umzustellen, wie sie ab Januar 2020 weltweit vorgeschrieben sind. Diese Umstellung sei mit erheblichen Kosten verbunden. Zudem hat sich die weltweite Seeschifffahrt mit kräftiger Unterstützung der deutschen Reederschaft im Rahmen der UN-Suborganisation IMO (International Maritime Organization) dazu bekannt, ihre Emissionen bis 2030 um 40 Prozent und bis zum Jahr 2050 sogar um 70 Prozent zu reduzieren. „Ein solches Bekenntnis gibt es von keiner anderen Industrie“, sagte Völkl.

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