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Deutsche Bank und Commerzbank Bankenfusion könnte Tausende Jobs kosten

Gehen Deutsche Bank und Commerzbank zusammen? Spekuliert wird seit Monaten heftig, nun gibt es offizielle Gespräche. Das lässt viele Mitarbeiter in Bremen zittern. Eine Fusion könnte viele Jobs kosten.
18.03.2019, 18:56 Uhr
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Von Stefan Lakeband und Tobias Schmidt

Eine Straße, zwei Gleise und wenige Fußminuten. In Bremen trennen Deutsche Bank und Commerzbank nur ein paar Meter voneinander. Künftig könnten die beiden Geldhäuser auch geschäftlich näher zusammenrücken, ja sogar eins werden. Das ist zumindest der Wunsch von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der eine Fusion beider Institute begrüßt.

Was ein Zusammenschluss von Commerzbank und Deutscher Bank bedeuten würde, ist in weiten Teilen unklar. Selbst dass es überhaupt so weit kommt, ist noch ungesichert. Zwar hatten beide Konzerne am Wochenende Fusionsgespräche angekündigt, diese können jedoch ohne Ergebnis beendet werden. Allein die Tatsache, dass eine neue Großbank geschaffen werden könnte, sorgt vor allem die Mitarbeiter der betroffenen Institute. 133.000 Vollzeitkräfte beschäftigen beide Firmen zusammen, Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 30.000 und 50.000 Jobs wegfallen könnten. Bremen würde das auch treffen.

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Als einen „existenziellen Unsicherheitsfaktor“ bezeichnet Susanne Hylla, zuständige Gewerkschaftssekretärin von Verdi in Bremen, die Nachricht vom Wochenende. Allein die Ankündigung von Gesprächen verunsichere viele Mitarbeiter. Denn klar sei: „Bei einer Fusion fallen immer Arbeitsplätze weg“, sagt Hylla. Für die Beschäftigten sei das besonders bitter. Sie seien in der Vergangenheit schon „nicht gerade mit Samthandschuhen“ angefasst worden. In Bremen arbeiten für die Deutsche Bank 155 Mitarbeiter, bei der Commerzbank sind es sogar 250. Allerdings erstreckt sich das Einzugsgebiet der Niederlassung weit über Bremen hinaus.

Ein Signal an die Mitarbeiter

Die Bankenbranche befindet sich seit Jahren in einer Phase der Konsolidierung. Immer mehr Institute verschwinden vom Markt. Laut einer Studie der Düsseldorfer Unternehmensberatung Barkow Consulting waren Ende vergangenen Jahres noch 1583 Geldhäuser aktiv. Das entspricht einem Rückgang von 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2017 betrug er sogar 4,7 Prozent.

„Der Bankenmarkt steht kopf“, sagt Hylla, Fusionen von Instituten stünden an der Tagesordnung. So seien im vergangenen Jahr die Sparkassen Rotenburg-Bremervörde und Osterholz zusammengegangen. Auch einige Volksbanken hätten fusioniert. Ein Zusammenschluss in dieser Größenordnung sei aber etwas komplett Neues. Zumal die Deutsche Bank noch damit beschäftigt sei, die Postbank in ihren Konzern zu integrieren.

Die Bremer Gewerkschafterin sieht im Zeitpunkt der Ankündigung auch ein Signal an die Mitarbeiter. Denn aktuell befinden sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Gesprächen um eine Tariferhöhung. Die Banken sind bislang aber nicht auf die Vorschläge der Gewerkschaften eingegangen. Wenn nun eine Fusion drohe, könnte das viele Mitarbeiter verschrecken, etwa bei Streiks mitzumachen, glaubt Hylla.

Auch der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel kritisiert die angedachte Fusion. „Von der Verschmelzung halte ich ökonomisch nichts“, sagt er. Während die Commerzbank gerade im Mittelstandsgeschäft wieder Fuß fasse, müsse sich die Deutsche Bank neu aufstellen und das umstrittene Investmentbanking reformieren. Hickel glaubt, dass durch eine Fusion „eine notleidende Bank in Permanenz“ entstehe, die zum Dauerproblem der staatlichen Bankenrettung werde. Eine Fusion werde seiner Meinung nach deshalb scheitern.

Ministerium dementiert Druck

Auch wenn Finanzminister Scholz eine Fusion zu einer deutschen Großbank befürwortet, so hat die Bundesregierung auch den wahrscheinlichen Jobabbau im Blick. „Wir schauen natürlich auf die Zukunft der Arbeitsplätze, um die es geht“, sagt Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Wenn es zum Verlust Tausender Stellen käme, sei dies „natürlich ein schwieriger Befund“. Das Finanzministerium ist nicht an den Fusionsgesprächen beteiligt. Man nehme die Gespräche zur Kenntnis, man begleite sie aber nicht, sagt Sprecher Steffen Hebestreit.

Größter Aktionär der Commerzbank ist mit 15 Prozent der deutsche Staat, der das Institut in der Finanzkrise vor zehn Jahren mit Milliarden vor dem Untergang gerettet hatte. Finanzminister Scholz und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies, werben seit Monaten für starke deutsche Banken. Zuletzt hatte es Medienberichte gegeben, Scholz und Kukies hätten die Bankchefs Christian Sewing und Martin Zielke gedrängt, ein Zusammengehen zu prüfen – idealerweise vor der Europawahl Ende Mai. Der Ministeriumssprecher sagt: „Ich habe keinen Druck wahrgenommen seitens des Bundesministeriums der Finanzen.“

Dem Vernehmen nach soll spätestens vor den Hauptversammlungen der Banken am 22. und 23. Mai klar sein, ob die Verhandlungen weitergehen – oder das Thema „Deutsche Commerz“ vorerst durch ist. Probleme beim Wettbewerb werden immerhin nicht erwartet. Achim Wambach, Chef der Monopolkommission, sagt: „Einiges deutet darauf hin, dass die Kartellbehörden den Zusammenschluss, gegebenenfalls unter Auflagen, freigeben würden.“ Die Geschäftsfelder beider Banken überschnitten sich nur wenig und seien auch nach einer Fusion Wettbewerb ausgesetzt.

An der Börse ist die Deutsche Bank – Deutschlands größtes Geldhaus – aktuell gerade noch 16 Milliarden Euro wert, die Commerzbank neun Milliarden. In der Weltspitze spielen die beiden größten börsennotierten deutschen Banken damit nicht mehr mit.

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