Kunden müssen wegen des Baustoffmangels häufig länger auf Handwerker warten. Das berichtet unter anderem Thomas Kurzke, Präses der Bremer Handwerkskammer. Wartezeiten von zwei Monaten oder mehr seien realistisch – abhängig vom jeweiligen Gewerk.
Laut Kurzke treffen zwei Probleme aufeinander. Handwerker hätten schon in den vergangenen Jahren immer viel zu tun gehabt. Daher sei es manchmal schwergefallen, kurzfristig einen Vertreter des passenden Gewerks zu finden. „Jetzt sind die Wartezeiten in der Regel noch länger“, sagt der Handwerks-Präses. Denn häufig müssten die Handwerker selbst auf die Lieferung von Materialien warten, ohne die sie nicht arbeiten können.
„Unsere Betriebe tun da gerade ihr Bestes, damit sich das nicht oder nur in Maßen auf Kundenseite auswirkt. Im Gesamthandwerk liegt die durchschnittliche Auftragsreichweite derzeit bei 8,8 Wochen“, sagt auch der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer. Die Auftragsreichweite gibt an, wie lange der Auftragsbestand ausreicht. „Im Bau- und Ausbaubereich jedoch ist es so, dass man aktuell mit mindestens zehn und manchmal sogar bis zu 15 Wochen rechnen muss, bis ein Auftrag begonnen und abgearbeitet wird.“
Vor allem der Bau- und Ausbaubereich drohe durch die Materialknappheit und Preisexplosion in eine Krise zu schlittern, sagt Wollseifer. „Erhebliche Engpässe sehen wir nach wie vor bei bestimmten Metallen und Kunststoffen. Zudem melden die Betriebe uns, dass auch Vorprodukte wie Schrauben langsam knapp werden.“ In den nächsten Monaten werde die Versorgung mit den für die Elektrohandwerke wichtigen Halbleiterprodukten ebenfalls weiter problematisch bleiben.
Kurzke, der selbst einen Malerbetrieb leitet, weiß aus eigener Betroffenheit, wie sich der Engpass auswirkt. Auf einer Baustelle könne es nicht weitergehen, solange der Estrich nicht verlegt sei. Weil der nur schwer zu bekommen sei, stocke es nun. „Alle anderen Gewerke müssen warten“, sagt Kurzke.
Ein anderes Problem habe er mit Lacken. Deren Preis sei seit Oktober immer wieder angehoben worden; mittlerweile liege der Unterschied bei einem Plus von 30 Prozent. „Das ist nicht mehr zu erklären“, sagt der Präses. Glücklicherweise stoße er bei vielen Kunden auf Verständnis und habe auch langfristig angelegte Verträge nachverhandeln können. „Wir Handwerker sind die vorletzten Glieder der Kette“, sagt Kurzke. Danach komme nur noch der Kunde.
Lutz Detring, Inhaber von Dachdecker Schmidt, kennt diese Probleme – und hat nach eigenen Angaben nicht so viel Glück wie Kurzke, weil Kunden nicht immer zu Nachverhandlungen bereit seien. „Bei uns geht es teils um fünfstellige Beträge“, sagt er. Hinzu kommt, dass sich durch die Wartezeiten auf Baustellen vieles verzögere. Der Dachdeckermeister spricht von einer „Kettenreaktion“. Mehrere Wochen lagere Dämmmaterial auf der Baustelle, bevor es angebracht werden könnte. „Wir müssen das Material schon bezahlen, bekommen unser Geld aber erst, wenn es verbaut ist.“
Weniger Material, längere Wartezeiten – das könnte auch den Wohnungsbau treffen. „Bauen wird teurer werden“, warnt Zentralverbands-Präsident Wollseifer. Eine genaue Größenordnung könne er nicht nennen. „Aber wir haben bei den verschiedenen Materialien in den vergangenen drei bis fünf Monaten Materialteuerungen von 20 bis 30 Prozent gehabt – bis hin zur Verdreifachung des Materialpreises bei einzelnen Gütern.“ Im privaten Wohnungsbau drohe die aktuelle Entwicklung eine Bremse für die Konjunkturerholung zu werden. „Durch die Preiserhöhungen verteuern sich Bauten so stark, dass es auf die Kredite von Bauherrinnen und Bauherren ausstrahlt und es zunehmend Finanzierungsengpässe gibt.“
Das Bremer Immobilienunternehmen Justus Grosse etwa spürt schon die Effekte. „Diese außergewöhnliche Situation am Markt ist auch für uns neu. So haben beispielsweise Betonfertigteile aktuell eine Vorlaufzeit von acht bis zwölf Wochen, was in den Bauablauf mit einzuplanen ist“, sagt Geschäftsführer Paul Schulze-Smidt. Bislang habe man die Knappheit abfedern können, sodass die Effekte moderat ausfielen und es nicht zu größeren Verzögerungen auf den Baustellen komme.
Dachdecker Detring merkt von einer Zurückhaltung privater Bauherren noch nichts. „Wir werden mit Aufträgen überrollt.“ Zumal sich eine Preissteigerung nur weniger stark auswirken würde, als man gemeinhin vermutlich annehme. Der Gesamtpreis besteht laut Lutz Detring zu zwei Dritteln aus Lohnkosten und zu einem Drittel aus Materialkosten. „Deshalb muss man nicht in Panik verfallen.“