Größere Flugzeuge müssen seit Jahrzehnten mit einem Flugschreiber, umgangssprachlich: mit einer Blackbox, ausgestattet sein. Auch Autos müssen künftig eine Blackbox haben – zumindest gilt das für neue Pkw und Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen, die vom 7. Juli an zugelassen werden. Die Blackbox soll Daten vor, während und nach einem Unfall aufzeichnen. Ziel dieser EU-Verordnung ist es, über die Auswertung der anonymisierten Daten Unfallrisiken zu minimieren beziehungsweise zu vermeiden.
Wie funktioniert die Blackbox?
Das Gerät, das offiziell als Event Data Recorder (EDR) bezeichnet wird, wird meistens im Airbag-Steuergerät verbaut und kann auf verschiedene Fahrdaten zurückgreifen. Die Aufzeichnung erfolge permanent, aber die Daten würden nur bei einem Unfall und auch nur über eine kurze Zeitspanne von fünf Sekunden vor und 300 Millisekunden nach dem Crash gespeichert, so Nils Linge, Sprecher vom Automobilclub ADAC Weser-Ems. Die Speicherung werde aktiviert, wenn der EDR eine Geschwindigkeitsänderung in Quer- oder Längsrichtung von mehr als acht Stundenkilometer innerhalb von 150 Millisekunden registriere, beim Auslösen von Gurtstraffern oder Airbags sowie beim Auslösen einer sogenannten aktiven Motorhaube.
Gibt es datenschutzrechtliche Vorbehalte?
„Bislang konnten datenschutzrechtliche Bedenken weder bestätigt noch ausgeräumt werden, da das System von unserer Seite noch nicht geprüft worden ist“, sagt Steffen Bothe, Bremens kommissarischer Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit in Bremen, auf Nachfrage. „Auch für die Blackbox im Auto gelten die Datenschutzgesetze, deshalb darf das Gerät beispielsweise keine personenbezogenen Daten speichern.“ Hinzu komme, dass die Daten ausschließlich dem Fahrzeughalter „gehören“. Die Daten werden ausschließlich lokal im Fahrzeug gespeichert, so Linge. "Auf der anderen Seite muss den Betroffenen klar sein, dass bei jeder HU-Prüfung oder jedem Werkstatt-Aufenthalt ein Auslesen der EDR-Daten theoretisch möglich ist."
Wer darf die Unfalldaten nutzen?
Zur Unfallforschung werden die gespeicherten Daten nationalen Behörden zur Auswertung zur Verfügung gestellt, schreibt die "Wirtschaftswoche". Dabei dürfen die letzten vier Ziffern der Fahrzeug-Identifizierungsnummer sowie Angaben zum Eigentümer oder Halter nicht weitergegeben werden.
Werden die Daten zur Unfallklärung eingesetzt?
Das könne passieren, sagt Linge. Das Auslesen der Daten geschehe dann in der Regel auf Anordnung eines Richters oder der Staatsanwaltschaft. Dabei werde ein Sachverständiger mit der Klärung des Unfallhergangs beauftragt. "EDR-Daten stellen eine von vielen möglichen Quellen bei der Unfallrekonstruktion dar." Das Spurenbild am Unfallort, die Lage des Fahrzeugs oder der Fahrzeuge und deren Deformationen seien aber meist die Hauptquellen für ein Unfallgutachten.
Muss der Fahrer bei dieser Nutzung zustimmen?
Es könne sein, dass das Interesse an der Strafverfolgung höher gewichtet werde als das Interesse am individuellen Datenschutz, heißt es beim ADAC. "Dann kann der Fahrer oder der Halter das Auslesen der EDR-Daten nicht verhindern", so Linge. Dies könne etwa der Fall sein, wenn geklärt werden müsse, wie ein Unfall mit Schwerverletzten und Todesopfern zustande gekommen sei.
Welche Autos haben schon eine Blackbox?
Laut ADAC Weser-Ems gibt es einige Hersteller, die schon vor der gesetzlichen Verpflichtung eine Blackbox in ihre Modelle gebaut haben. Dazu gehörten unter anderem VW, BMW und Toyota, so die Versicherung DA Direkt. Die Box befinde sich in einigen Neufahrzeugen bereits seit Jahren, berichtet der "Stern". Für die Unfallforschung gebe es bereits ähnliche Daten, wie sie der EDR liefere, von anderen in modernen Autos verbauten Geräten, heißt es seitens der Prüfgesellschaft Dekra. Es habe bislang eben keine standardisierten technisch-gesetzlichen Rahmen fürs Auslesen gegeben. Dekra nutze solche Daten schon seit mehreren Jahren bei der Analyse strittiger Unfälle. Voraussetzung: Der Halter müsse zugestimmt haben. Man sei häufig auch darauf angewiesen gewesen, dass der Hersteller kooperiere und die Daten herausgebe.
Ist die Blackbox schwarz?
Wie im Flugzeug – dort ist die Blackbox für Maschinen mit einem Gewicht ab 5,7 Tonnen oder zwölf Sitzplätzen seit 1967 Pflicht – ist das Gerät auch im Auto orange oder rot. Im Flugzeug besteht die Blackbox aus zwei Geräten, dem Flugdatenschreiber und Stimmenrekorder.
Woher kommt die umgangssprachliche Bezeichnung?
Eine eindeutige Erklärung gibt es nicht. Eine Theorie besagt, dass Piloten der USA im Zweiten Weltkrieg ein Gerät als "Schwarze Magie" bezeichneten, das ihnen die eigene Position im Luftraum anzeigen konnte und sich daraus der Begriff Blackbox abgeleitet hat.