Frauen sind in Führungspositionen in Deutschland unterrepräsentiert. Im Land Bremen gibt es jedoch einige junge Unternehmerinnen, die mit viel Selbstbewusstsein und harter Arbeit in der oftmals männlich geprägten Geschäftswelt fußfassen konnten. Dies sind ihre Erfolgsgeschichten.
Inci Dur
Betreiberin eines Braut- und Abendmodengeschäfts und Hochzeitsplanerin
Weil sie die Träume anderer Menschen verwirklicht, hat sich Inci Dur ihren eigenen Traum erfüllt. Die 40-Jährige arbeitet unter dem Namen "ID Hochzeiten und Events" mit einem hybriden Geschäftsmodell: Sie ist eine Hochzeitsplanerin, die ebenfalls ein Braut- und Abendmodengeschäft betreibt.
Während die gelernte Einzelhandelskauffrau mit einem kleineren Geschäft für Hochzeitsbekleidung in Delmenhorst ansässig gewesen ist, habe sie für einen Freund die Planung für den mutmaßlich wichtigsten Tag seines Lebens übernommen. "Ich wusste ja, wen man kennen muss", erklärt sie. Denn sie sei in der Branche bereits gut vernetzt gewesen. Die Feier scheint Eindruck geschunden zu haben, denn es seien mehr und mehr Anfragen für eine Hochzeitsplanung aus dem Bekanntenkreis gefolgt.
So sei das Anmelden eines Gewerbes, wenn auch riskant, nur folgerichtig gewesen, erklärt Dur. "Risiko gibt es immer. Aber wenn man einen Traum hat, der halbwegs realistisch ist, muss man ihn verwirklichen." Die Unternehmerin habe mehr Angst davor gehabt, es zu bereuen, wenn sie es nicht getan hätte.
Doch für die Hochzeitsplanerin ist in ihrer Branche nicht alles Tüll, nicht alles so glamourös, wie man es sich vorstellen mag. Wenn eine aufwendige Hochzeit anstehe, gehe ihr Arbeitstag auch schon mal von 8 Uhr morgens bis um 2 Uhr nachts. Und der beinhalte auch das, was öfter mal als Männerarbeit bezeichnet werde, erklärt Dur. Tische, Stühle und auch schwere Dekorationen zu schleppen sei selbstverständlich anstrengend, aber "Frauen können das auch", erklärt die 40-Jährige grinsend.
Sie fühle sich allerdings in manchen Situationen als Frau nicht ernst genommen, gibt Dur zu. "Zum Beispiel beim Großhandel. Die denken sich dann, dass sie mich über den Tisch ziehen können, weil ich eine Frau bin." Deshalb müsse sie bei solchen Terminen sehr vorsichtig sein und äußerst gut verhandeln. Außerdem nehme sie sich gelegentlich sogar einen Freund mit. Sie habe das Gefühl, dann ernster genommen zu werden.
Trotz solcher Eindrücke sei die Unternehmerin dennoch froh und zufrieden, den Schritt in die Selbstständigkeit gegangen zu sein. Ihre Angebot beschränke sich ja schließlich nicht nur auf Kleider oder die Planung von Hochzeiten. Im Endeffekt seien es Emotionen, die sie verkauft. Ob es die zukünftige Braut ist, die in ihrem neuen Kleid strahlt, oder die Gäste auf der Hochzeit ausgelassen feiern – "dann ist es egal, wie viel Zeit und Arbeit ich da reingesteckt habe. Dann bin ich einfach zufrieden."
Svenja Genuttis-Wiebalck
Geschäftsführerin eines Betriebes für Sanitär- und Heizungstechnik
Mitten im Bremerhavener Fischereihafen steht die Firma H. Genuttis, die das berufliche Zuhause von insgesamt 30 Angestellten ist. Gemeinsam mit ihrem Bruder hat Svenja Genuttis-Wiebalck den Betrieb ihres Vaters übernommen – obwohl das eigentlich nie ihr Plan gewesen sei. Zwar passte der Studiengang der Diplomingenieurin, der im Schwerpunkt die Technische Gebäudeausrüstung behandelte, wie Muffe auf Rohr, doch habe das mehr an ihrem Interesse für regenerative Energien gelegen als an dem Plan, die Tradition ihrer Familie fortzuführen.
Der Vater der beiden Geschwister, Helmuth, habe das gewusst. Doch als das Rentenalter näher rückte und die Zukunft des Betriebs geplant werden musste, sei es gekommen, wie es kommen musste: "Ich muss euch ja fragen." Daraufhin haben sich Genuttis-Wiebalck und ihr Bruder entschieden, die Firma, die "ja auf guten Beinen stand", schließlich doch zu übernehmen.

Für Svenja Genuttis-Wiebalck gehören ein rauer Ton und flapsige Sprüche zum Handwerk einfach dazu.
Björn Genuttis hat den handwerklichen Beruf erlernt und in der Folge auch die Weiterbildung zum Techniker absolviert. "Er betreut das Tagesgeschäft. Ich bin zuständig für Steuern, Personal, Lohn und was sonst noch anfällt", erklärt die Geschäftsführerin. Mit ihrem Studium habe das gar nicht mehr viel zu tun, doch die Ausbildung zur Betriebswirtin, die sie nach ihrem Studium abgeschlossen habe, helfe ihr dabei. "Und der Rest ist Learning by Doing."
Stets unterstützt würden die Geschwister von ihren Eltern. Denn auch ihre Mutter sei stets Teil der Firma gewesen. "Es war damals, wie es traditionell bei Familienbetrieben immer war: Die Ehefrau macht die Buchführung", lacht Genuttis-Wiebalck. Doch für die 36-jährige Unternehmerin ist die Buchführung nur ein kleiner Teil ihrer Arbeit. Das große Thema sei zurzeit das Vorantreiben der Digitalisierung.
Abläufe im Arbeitsalltag ändern sich, und das wird oftmals nicht unbedingt von Applaus begleitet. Doch Genuttis-Wiebalck kennt ihre fast ausschließlich männlichen Angestellten – viele schon seit ihrer Kindheit. "Ich habe in diesem männerdominierten Beruf eigentlich niemals negative Erfahrungen damit gemacht, dass ich eine Frau bin." Doch gibt sie zu, dass sie schließlich auch in einem Umfeld aus männlichen Handwerkern aufgewachsen sei. "Wir begegnen uns hier auf Augenhöhe. Wenn ich Dinge ändere, achte ich auch darauf, die Perspektive der Monteure einzunehmen."
Wichtig sei auch, dass sie als Diplomingenieurin zwar selbstbewusst auftrete, aber auch "die Kirche im Dorf lassen kann". Der Umgangston in dieser Branche sei nun mal etwas rauer, auch flapsige Sprüche gebe es. Das gehöre einfach dazu. Doch wisse die gesamte Belegschaft, was sie aneinander habe. "Ich würde mir nicht anmaßen, das Handwerkliche zu beurteilen", erklärt Genuttis-Wiebalck. Im Gegenzug verstehen die "Jungs" aber auch, dass sie auf anderen Gebieten die größere Expertise habe.
Sollte es den Geschwistern irgendwo an Expertise fehlen, kommen die Eltern ins Spiel. Dazu ist Helmuth Genuttis noch in beratender Tätigkeit offiziell angestellt. Angesichts der langen Arbeitstage, der Wochenenden, die nicht wirklich frei sind sowie des ständigen Denkens an die Arbeit, habe der Vater seinen Kindern ursprünglich von der Übernahme des Betriebes abgeraten. Doch es sei die richtige Entscheidung gewesen, da ist sich Genuttis-Wiebalck sicher. Das gute Gefühl, das Lebenswerk des Vaters fortzuführen und die Freiheit, das Unternehmen nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, seien den Aufwand wert. Und die Tage blieben vielleicht nicht immer so lang, hofft die Unternehmerin mit einem Augenzwinkern: "Wir arbeiten noch an einer guten Lösung, dass es mal anders wird."
Adrienne Zakrzewski
Logistics Consultant
Nicht studiert zu haben kann eine Tugend sein. Davon ist Adrienne Zakrzewski überzeugt, und sie liefert einige Argumente, warum sie damit recht haben kann. Denn die 33-Jährige hat sich am Anfang dieses Jahres unter dem Namen "AZ Logisticsdesign" selbstständig gemacht: als Consultant in der Logistikbranche. Aktuell betreut und leitet sie Projekte in Deutschland, der Schweiz und Mexiko. Dabei testet sie Software auf Beständigkeit und plant und optimiert logistische Prozesse für Firmen.
Nach ihrer Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau rutschte Zarkrzewski zufällig, wie sie sagt, in die Logistikbranche, in der sie rund elf Jahre tätig war. Dabei habe sie alle Prozesse durchlaufen und sich hochgearbeitet. Das zeichne sie aus, erklärt die Logistikexpertin. "Ich bin lieber unten auf der Fläche als im Management, weil man die breite Masse der Mitarbeiter abholen muss." Denn wenn sie beispielsweise neue Prozesse für eine Lagerhalle implementieren solle, wisse sie, welche Auswirkungen das auf Lageristen, Kommissionierer, Lieferanten und sämtliche anderen Angestellten habe – aus eigener Erfahrung.

Seit der Gründung ihrer eigenen GmbH fühlt sich Adrienne Zakrzewski viel freier in ihrem Handeln.
Zwischen der Ware in Lagerhallen gibt es hauptsächlich eines: Männer. Und auch die Consultant-Branche sei in der Logistik eher männerdominiert. Oftmals werde ihre Kompetenz infrage gestellt. Auch das Gefühl, aufgrund ihres Geschlechts anders behandelt zu werden, kenne sie gut. Aber sie versuche, ihre Perspektive darauf selbst zu justieren: "Ich versuche, nicht zu sagen: 'Das ist, weil ich eine Frau bin.' Sondern dass es daran liegt, dass ich Menschen aus ihrer Komfortzone dränge." Denn Optimierung von Prozessen – und dafür werde sie schließlich angeheuert – bedeute erst einmal genau das. Und den Spruch "Das haben wir immer so gemacht.", kenne sie zu Genüge.
Frauen machten sich in der Geschäftswelt oft kleiner, als sie sind, denkt Zakrzweski. Männer hingegen zeichneten sich dadurch aus, dass sie oft größer denken als Frauen. Darum betont sie, dass Unternehmerinnen sich nicht verschließen oder abschotten sollten. "Es gibt männliche Unternehmer mit jahrzehntelanger Berufserfahrung. Von denen kann man viel lernen."
Auf dem Weg vom Dasein als Angestellte zur Gründung ihrer eigenen GmbH habe sie viel Unterstützung und Zuspruch aus der Familie und von ihrem Partner bekommen. Den Rückhalt aus dem privaten Umfeld bezeichnet sie als sehr wichtig bei dem Schritt in die Selbstständigkeit. Seitdem fühle sie sich viel freier in ihrem Handeln. Früher sei sie oftmals in ihren Entscheidungen gehemmt gewesen, weil sie gedacht habe: "Hoffentlich führt das nicht zu einem Schaden für die Firma meines Chefs." Nun trage sie das Risiko alleine und ihr war stets bewusst: "Am Ende kann man immer scheitern." Danach sehe es angesichts der Projekte, die sie aktuell betreut, allerdings nicht aus.