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Klage wegen Stickstoffoxid Bremen schrammt knapp an Klage der Umwelthilfe vorbei

Die Deutsche Umwelthilfe klagt erneut für saubere Luft: Gegen 45 weitere Städte hat sie wegen überschrittener Stickstoffoxid-Grenzwerte Verfahren eingeleitet. Bremen gehört knapp nicht zu diesem Kreis.
24.08.2017, 19:45 Uhr
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Von Teresa Dapp und Florian Schwiegershausen

Gut drei Wochen nach dem Dieselgipfel steigt der Druck auf Politik und Autobranche, Fahrverbote zu verhindern. Denn die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat am Donnerstag für 45 weitere Städte formal ein Verfahren eingeleitet, um dadurch sicherzustellen, dass die Stickstoffoxid-Grenzwerte eingehalten werden. In Berlin nahm zugleich die erste von vier Expertengruppen ihre Arbeit auf. Sie sollen Vorschläge für einen sauberen Verkehr erarbeiten. Nachrüstungen jenseits von Software-Updates, die Umweltschützer für zwingend notwendig halten, lehnte Volkswagen unter Verweis auf neue Motoren ab.

Ins Visier geraten

Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch sagte, die zuständigen Behörden würden aufgefordert, binnen vier Wochen wirksame Mittel zur Luftreinhaltung verbindlich zu erklären – wie zum Beispiel Diesel-Fahrverbote. Dabei nimmt sich die Umwelthilfe alle Städte vor, bei denen im vergangenen Jahr der Stickstoffoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft um mindestens vier Mikrogramm überschritten wurde. Neu ins Visier des Vereins geraten sind in Niedersachsen die Städte Hannover (55 Mikrogramm), Oldenburg (50), Osnabrück (48) und Hildesheim (44). Bremen ist mit einem Jahresmittelwert von 41 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gerade noch an einer Klage vorbeigeschrammt.

Von „Glück gehabt“ könne nach Ansicht von Jens Tittmann, dem Sprecher von Bremens Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne), nicht die Rede sein: „Bei uns steht die Gesundheit der Bürger im Vordergrund und nicht, ob wir von der Umwelthilfe verklagt werden.“ Dabei hat Tittmann jedoch Verständnis für den Verein: „Was die machen, ist völlig legitim. Wenn die die Städte verklagen, ist das wohl der einzige Weg, um die Bundespolitik und die Automobilindustrie wachzurütteln. Und das hilft auch Bremen.“ Es hätte die Hansestadt aber ebenso treffen können – angesichts von zeitweise überhöhten Jahresmittelwerten vor 2016. „Das ist bei uns dann auch eine Frage der Wetterlage“, ergänzt Tittmann.

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Der Sprecher des ADAC Weser-Ems, Nils Linge, sagt angesichts der Klagewelle: „Fahrverbote sehen wir immer nur als letztes Mittel. Am Ende ist es sonst mal wieder der Verbraucher, der alles ausbaden soll. Für die Städte ist das eine schwierige Situation und für die Verbraucher nicht schön, wenn sie mit ihrem Auto nicht mehr in allen Teilen einer Stadt fahren können.“ Politik und Industrie sollten da endlich bessere Lösungen bieten. Was nach Meinung Linges auch nicht geht: „Plötzlich haben wir Politiker, die nur noch von 'dreckigen Dieselschleudern' reden. Dabei haben die Verbraucher doch bei dem Kauf ihres Autos in dem Glauben gehandelt, das sauberste zu kaufen, was es auf dem Markt gibt.“ So wisse keiner, wohin die Diskussion führt. „Auf alle Fälle jetzt keine Schnellschüsse und vorher prüfen, ob Fahrverbote denn wirklich was bringen“, sagt der ADAC-Sprecher.

70 Städte betroffen

In Düsseldorf, München und Stuttgart gibt es bereits erste Richtersprüche. Insgesamt klagt die DUH bisher in 16 Fällen und unterstützt eine weitere Klage des BUND gegen Hamburg. Umwelthilfe-Chef Resch ist sich sicher, dass Richter die Kommunen bereits 2018 zu Fahrverboten zwingen werden. Berechnungen des Bundesumweltamts zufolge reichen in fast 70 Städten die bisher beschlossenen Software-Updates bei mehr als fünf Millionen Dieseln nicht, um bei der Luftqualität die EU-Vorgaben einzuhalten. Auf dieser Liste der 70 Städte tauchte auch Bremen mit seinen 41 Mikrogramm auf, allerdings auf dem vorletzten Platz vor Krefeld.

„Alle unsere Bemühungen sind darauf gerichtet, dass wir Fahrverbote vermeiden“, sagt Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Donnerstag. Der SPD-Politiker leitet gemeinsam mit der Stadt Hamburg eine der vier beim Dieselgipfel Anfang August angekündigten Expertengruppen. Er hoffe, dass es auf dieser Basis möglich werde, Klagen der Deutschen Umwelthilfe vor Gericht abzuweisen. Dazu müsse aber auch die Gruppe, die sich mit den Nachrüstungen beschäftige, ihren Teil beitragen.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hält Nachbesserungen am Motor neben den Software-Updates für notwendig. Die Autobranche lehnt diese bisher ab.

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