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Bremer Experte bewertet Tiktok Eine Plattform zum Mitmachen

Auf Tiktok wird unter Hashtags immer wieder zu Challenges aufgerufen. Nicht alle von ihnen sind harmlos. Einige Funktionen und die technische Gestaltung der Plattform senken die Schwelle zum Mitmachen.
16.03.2023, 05:00 Uhr
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Eine Plattform zum Mitmachen
Von Elias Fischer
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Menschen auf der ganzen Welt tanzen in kurzen Videos eine Choreografie des Sängers The Weekend nach oder machen Liegestütze. In beiden Fällen ist der Auslöser ein Hashtag auf der Plattform Tiktok. Über Hashtags rufen sich User und Userinnen zum Nachmachen auf, dieses dann aufzunehmen und zu posten. Das können harmlose Herausforderungen sein, aber auch strittige – wie die Aufforderung, einen Filmabbruch in einem Kino zu erzwingen. So geschehen unter anderem Anfang März in Bremen.

Wie funktioniert Tiktok und was lädt zum Nachahmen ein?

Tiktok ist ein videobasiertes soziales Medium, das seinen Ursprung in China hat. 2018 ging es aus der Fusion der Anbieter Muscial.ly und Douyin, wie die Plattform in der Volksrepublik bis heute heißt, hervor. Die Inhalte auf Tiktok sind kurz: meist einige Sekunden, selten wenige Minuten lang. Die weiteste Verbreitung findet die Plattform in Deutschland bei Menschen unter 30 Jahren. Nutzer und Nutzerinnen können auf Tiktok interagieren, in dem sie wie auf anderen sozialen Medien – beispielsweise Instagram, Twitter oder Youtube – Beiträge teilen, kommentieren oder mit einem Like goutieren.

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Damit die circa 19 Millionen deutschen und weltweit insgesamt 1,7 Milliarden Tiktok-Nutzer und -Nutzerinnen schnell und einfach kreative Beiträge erstellen könne, stellt die Plattform etliche Funktionen bereit: Vorlagen für Memes, einen Greenscreen oder auch Voiceover. "Ich kann mir einfach einen Sound schnappen und den über mein eigenes Material legen", erklärt Karsten Wolf, Professor für Medienpädagogik an der Universität Bremen. Damit sei nicht nur die Schwelle, generell eigene Posts zu verbreiten, relativ niedrig. Es senke auch die Schwelle, Trends zu folgen oder Challenges anzunehmen.

Welche Inhalte werden angezeigt?

Die Interaktionen der User und Userinnen auf der Plattform haben einen großen Einfluss darauf, welche Kurzvideos ihnen in ihrem Feed anzeigt werden. "Der Algorithmus von Tiktok lernt sehr schnell, was die User interessiert", sagt Karsten Wolf. Er ziele darauf ab, die Menschen so lange wie möglich auf der Plattform zu halten. Dass das funktioniert, zeigen die jüngsten Befragungen zu Verweildauern der User und Userinnen in den unterschiedlichen sozialen Medien. Zwar schwanken die Angaben je nach Umfrage-Institut zwischen 50 und 90 Minuten pro Tag. Zu einem Ergebnis kommen sie jedoch fast alle: Am längsten verweilen die Nutzenden auf Tiktok.

Wie relevant sind Challenges für die Nutzer?

Von Nachrichten über Modetipps und Tutorials hin zu Unterhaltung kann man in dem sozialen Medium so ziemlich alles sehen. Aus der mehrmethodischen Studie "Tiktok – Nutzung und Potenziale der Kurzvideo-Plattform" im Auftrag des SWR geht hervor, dass Comedy mit 91 Prozent der am häufigsten genannte Grund unter den befragten 12- bis 40-Jährigen in Deutschland ist, das soziale Medium zu nutzen. Ungefähr auf einer Ebene mit Nachrichten (60 Prozent) und Tiervideos (64 Prozent) liegen die Challenges (60 Prozent).

Wie streng sind die Regeln?

Fragwürdig sei beispielsweise die Herausforderung gewesen, in der Kinder und Jugendliche dazu aufgerufen worden waren, Szenen aus der Serie "Squid Games" nachzuahmen. Die jungen Menschen hätten sich dabei zum Teil verletzt, sagt Karsten Wolf. Dass sich solche Videos so schnell verbreiten, liegt laut dem Medienpädagogen unter anderem an der fehlenden Reglementierung auf Tiktok. Man prüfe die Inhalte nicht auf die Weise, wie es die klassischen Massenmedien gemacht hätten. "Da sind auch die Plattformanbieter gefordert, die Videos genauer anzuschauen."

Welche Chancen gibt es?

Es gibt laut Wolf auch durchaus positive Beispiele für Challenges und Trends. So habe sich beispielsweise unter dem Hashtag "BookTok" eine Gemeinschaft geformt, in der Buchtipps ausgetauscht werden. "Der feuchte Traum eines jeden Bildungsbürgers", sagt Wolf. Der Schlüssel dazu, riskantes Videomaterial künftig besser einzuordnen, liegt laut dem Professor in der Bildung. Es sei erforderlich, dass sich in der Schule systematisch mit sozialen Medien auseinandergesetzt werde. Aber auch Erwachsene seien aufzuklären. "Allerdings sollte nicht nur über Tiktok als Gefahr informiert werden", sagt Wolf. Die Plattform könne einen Bildungsraum bieten: "User können sich einerseits tiefgehend mit einem bestimmten Interessengebiet wie der Künstliche Intelligenz beschäftigen." Andererseits könne man dort sehen, was auf der Welt alles möglich sei.

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