In der Bremer Verbraucherzentrale rumort es. In einer anonymen Mail, die an Medien und Politiker verschickt wurde, heißt es unter anderem: "Das schreckliche Betriebsklima durch den angsteinflößenden Führungsstil der Vorständin belastet und verhindert die Arbeit immer mehr." Die Verbraucherzentrale wird von Annabel Oelmann geleitet. An die Mail angehängt ist eine Liste, die aufzeigen soll, wie viele Beschäftigte die Verbraucherzentrale in den vergangenen Jahren angeblich verlassen hätten oder länger erkrankt seien.
Für 2022 sind dort zwölf Personen aufgelistet, allerdings lässt sich aus der Aufzählung nicht erkennen, aus welchen Gründen diese ihre Beschäftigung bei der Verbraucherzentrale beendet haben – etwa, ob sie zum Beispiel selbst gekündigt haben. Insgesamt sind bei der Verbraucherzentrale mehr als 30 Personen beschäftigt. Der Betriebsrat wollte sich nicht zu den personellen Veränderungen und dem Krankenstand äußern und verweist auf datenschutzrechtliche Gründe.
Die Verbraucherzentrale wird zum Teil mit Steuergeldern finanziert. Ein Verwaltungsrat kontrolliert sie. Deren kommissarische Vorsitzende und CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sina Dertwinkel verteidigt Oelmann. Sie hält es für problematisch, wenn Protokolle von Mitarbeitergesprächen per Mail verschickt würden und sieht darin einen Verstoß gegen den Datenschutz: "Wer auch immer dies getan hat, nimmt mindestens billigend in Kauf, das Betriebsklima innerhalb der Verbraucherzentrale Bremen zu schädigen." Über die einzelnen Vorfälle sei der Verwaltungsrat stets seitens des Vorstands und des Betriebsrats unterrichtet gewesen.
Versammlung im Februar
Des Weiteren verweist Dertwinkel auf ein Schreiben der Vorständin an die Mitglieder, in dem diese die Kritik an ihr und das Kündigungsmanagement thematisierte: "Wie dort nachzulesen ist, haben die Behauptungen eines einzelnen, derweil gekündigten Mitarbeiters sowie die von drei Gewerkschaftsfunktionären, einer SPD-Politikerin und einer Senatorin der Linkspartei eröffneten Nebenkriegsschauplätzen das Betriebsklima in der Verbraucherzentrale stark belastet“, schreibt Oelmann.
Im November war Oelmann unter anderem von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) kritisiert worden, weil sie dem früheren "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt für dessen "Youtube"-Kanal ein Interview gegeben hatte. Bei einem der Gewerkschaftsfunktionären handelt es sich um den Bremer DGB-Chef Ernesto Harder. Der begrüßt, dass es am 16. Februar eine Mitgliederversammlung geben wird und sagt: "Das Schreiben von Frau Oelmann erzeugt weiteren Gesprächsbedarf."
Beim gekündigten Mitarbeiter handelt es sich um eine Person aus der Verbraucherrechtsabteilung, der gegen seine fristlose Kündigung vor dem Arbeitsgericht klagt. Beim ersten Termin im Dezember kam es zu keiner Einigung. Der Mitarbeiter hatte erklärt, auf die Missstände in der Verbraucherzentrale aufmerksam machen zu wollen. Und er habe Verständnis, dass andere Beschäftigte sich nicht äußern möchten – sie seien auch in Sorge um die Verlängerung ihrer befristeten Verträge.
In der anonymen Mail wird zudem der Vorwurf erhoben, dass Vorständin Oelmann die Verbraucherzentrale für sich nutze, indem sie bisher gut 1700 Euro für einen Krisen-PR-Berater ausgegeben habe. Dass sich Oelmann Hilfe bei Dritten und Experten einhole, sei laut Verwaltungsrat-Vorsitzender Dertwinkel im Interesse der Verbraucherzentrale und "war selbstverständlich mit mir als kommissarische Vorsitzende des Verwaltungsrats so besprochen".
Oelmann widerspricht
Zur anonymen Kritik am Führungsstil erklärte Oelmann gegenüber dem WESER-KURIER, dass sie dazu nichts sagen könne, "da dieser Vorwurf seit meinem Amtsantritt im April 2016 bisher nie persönlich gegen mich erhoben wurde". Gleiches gelte für die angebliche Liste von Beschäftigten, die erkrankt seien oder die Verbraucherzentrale verlassen hätten. "Die Liste liegt mir weder vor noch ist sie mir bekannt", sagte Oelmann. Sie habe sich aber bereits intern an alle Beschäftigten gewandt.
Grundsätzlich ermutige sie alle Beschäftigten, sich aktiv in der Arbeitnehmervertretung zu engagieren. Von einem "Hilferuf der Beschäftigten" sei ihr nichts bekannt. "Ich habe sehr früh das Gespräch mit allen Mitarbeitern gesucht – ohne negative Befunde. Auch der Verwaltungsrat hat vor einem Jahr eine Meldekette installiert, über die – meines Wissens – bis jetzt nie etwas zurückgetragen wurde."