Die Unternehmenslandschaft einer größeren Stadt wie Bremen ist naturgemäß von einer gewissen Vielfalt geprägt. Die Chance, den unterschiedlichsten Unternehmerpersönlichkeiten der Hansestadt zu begegnen, war dann auch einer der Gründe, warum der Bremer Autor Jürgen W. Konrad das Buch „Profile aus der Freien Hansestadt Bremen – Porträts und Geschichten“ geschrieben hat. Ende 2022 ist es erschienen, aktuell arbeitet Konrad an einem weiteren Band über Familienunternehmen aus der Region. „Die halte ich für das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die auch in Krisenzeiten ihre Unternehmen erhalten und weiterentwickeln wollen“, erklärt der Wirtschaftsjournalist und Historiker.
Herausgeber des Sammelbandes ist der Schweriner Verlag Elmar Zinke, der seit vielen Jahren die Edition Profile auflegt. In der deutschlandweit erscheinenden Buchreihe, die in optisch edlem Ledereinband und mit Fadenheftung daherkommt, stellen die Autoren eine illustre Mischung aus Persönlichkeiten vor – von Ärzten und Apothekern über Handwerker und Landwirte bis zu Politikern, Wissenschaftlern und Künstlern.
Grußwort von Angela Merkel
Die Grußworte stammen meist von bekannten Köpfen wie Angela Merkel oder Henning Scherf. Porträtiert werden regionale Größen wie ein Gastwirt aus dem westlichen Münsterland, der Bürgermeister von Ostprignitz-Ruppin oder ein Unternehmer aus Oldenburg. Auch die ehemaligen Teenie-Superstars von Tokio Hotel wurden schon gewürdigt. Im aktuellen Band finden sich Porträts über 43 unternehmerisch tätige Menschen aus Bremen und Bremerhaven. Gärtnermeister Holger Kolonko aus Mahndorf ist dabei, die gelernte Krankenschwester und heutige Präventionsexpertin Martina Klemm, der Systemgastronom Aykut Kopar und der Wasserstoffenthusiast Ronald Rose von der Bremer Mineralölhandel GmbH.
Der wohl bekannteste Vertreter dürfte der Einzelhändler und Sanierer Hans Eulenbruch sein. Der ehemalige Geschäftsführer des exklusiven Mode- und Textilhauses Harms am Wall geriet 2015 als Verdächtiger für den Brandanschlag auf sein Geschäft in die Schlagzeilen. Der Prozess gegen ihn endete 2017 mit einem Freispruch – auch wenn die Staatsanwaltschaft bis zum Schluss Zweifel an Eulenbruchs Unschuld hatte.
Jürgen Konrad jedenfalls beschreibt den Unternehmer als „Visionär mit analytischem Blick und ganz viel Herzblut“. Man erfährt aber auch interessante Details, zum Beispiel, dass Eulenbruch früher als Personenschützer für Politiker wie Hans-Dietrich Genscher und Willy Brandt gearbeitet hat.
Die Porträtierten haben die Texte in dem Werk autorisiert, kritische Töne findet man hier nicht. Schließlich lebt der Autor vom Verkauf der mit 130 Euro hochpreisigen Bücher – unter anderem an die Porträtierten selbst. Über die Auswahl allerdings, darüber wer in das Buch aufgenommen wird, entscheidet Jürgen Konrad selbst. „Der Verleger macht keine Vorgaben“, betont er.
Ihm geht es dabei um eine „bunte Mischung der bremischen Wirtschaft“; um Handwerker und Industriebetriebe, die zum Teil „Hidden Champions“ auf ihrem Spezialgebiet sind. Aber auch Soloselbstständige, ein Headhunter, ein Anlageprofi und ein Speaker finden sich in dem Buch mit silberner Prägung des Bremer Schlüssels.
Wobei für Konrad vor allem die Menschen und weniger die Unternehmen im Mittelpunkt stehen. Bei den ausgiebigen Interviewterminen, zu denen er fast ausschließlich mit dem Fahrrad fährt, fragt der Autor eher nach der Firmenphilosophie und prägenden Einflüssen, nach Lebenseinstellungen und persönlichen Interessen als nach nackten Zahlen und Bilanzen.
Werdegänge von besonderem Interesse
„Es ist zum Beispiel interessant zu sehen, wie jemand in die entsprechende Position kommt. Manche sind so reingerutscht, weil die Eltern das gemacht haben, andere wachsen da rein“, erzählt Konrad. Aykut Kopar zum Beispiel hat eine Karriere als Profifußballer verfolgt, bevor er sich der Gastronomie zuwandte. Oder die junge IT-Unternehmerin Julia Suhren, die die Nachfolge ihres Vaters als Firmenchefin mit Beginn der Corona-Pandemie antrat.
Jürgen Konrad will die Bremer Unternehmerinnen und Unternehmer nicht über einen Kamm scheren. Für ihn lebt die hiesige Wirtschaft von „Verlässlichkeit, Bodenständigkeit und Understatement“. Früher nannte man das wohl hanseatische Zurückhaltung.