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Wirtschaftskontakte Bremer Delegationsreisen: Klappern gehört zum Handwerk

Von Bremen aus starten immer wieder Wirtschafts-Delegationsreisen. Um sich im Wettbewerb internationaler Standorte einen Namen zu machen, ist das ein sinnvolles Mittel, meint Peter Hanuschke.
20.08.2022, 05:00 Uhr
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Bremer Delegationsreisen: Klappern gehört zum Handwerk
Von Peter Hanuschke

Ob Bremen als Wirtschaftsstandort in Vietnam auf der Bekanntheitsskala ganz weit oben steht, ist eher unwahrscheinlich. Selbst im eigenen Land wird Bremen eher selten als einer der größten deutschen Industriestandorte wahrgenommen. Die Bekanntheit der Bundesligamannschaft des SV Werder ist sicherlich höher als der Ruf des Bundeslandes hinsichtlich seiner Wirtschaftskraft. Warum sollte das im 9370 Kilometer entfernten Vietnam anders sein?

Andersherum wird hier auch nicht jedem beispielsweise die Stadt Thuan An geläufig sein – eine Stadt, die in Vietnam nördlich von Ho-Chi-Minh-Stadt liegt und von der Einwohnerzahl ähnlich groß ist wie Bremen. Das ist eben das Problem, wenn die Stadt nicht zu den Großmetropolen zählt und in der Wahrnehmung eine untergeordnete Rolle einnimmt.

Dennoch hat Bremen sicherlich keinen unbedeutenden Namen in der klassischen globalen Wirtschaftswelt. Dafür haben Kaufleute gesorgt, die seit Jahrhunderten Handel weit über die Bremer Grenzen hinaus treiben, und Industriebetriebe, die sich seit Jahrzehnten im internationalen Geschäft behaupten und in manchen Segmenten tonangebend sind. Allerdings entwickelt sich die globale Wirtschaft weiter – es entstehen neue Absatz- und Beschaffungsmärkte sowie neue Lieferverbindungen, gerade auch im Bereich von Zuliefererprodukten. Wer sich als Wirtschaftsstandort behaupten will, muss etwas tun und sich engagieren.

Um sich global als Wirtschaftsstandort einen Namen zu machen, bleibt Bremen nichts anderes übrig, als nach der alten Redewendung Klappern gehört zum Handwerk zu agieren – und das wird auch gemacht. Aktuell fährt Bremens Wirtschaftssenatorin zusammen mit Vertretern der Wirtschaftsförderung nach Vietnam, vor ein paar Wochen ging es nach Norwegen mit der Handelskammer, die in der Vergangenheit auch bereits verschiedene Delegationsreisen organisiert hat. In Norwegen ging es um Projekte im Bereich Wasserstoff.

Welche Wirkung Werbung hat, lässt sich heutzutage in vielen Fällen relativ gut messen. Das trifft auf Delegationsreisen eher nicht zu. Manchmal kommen die Effekte erst Monate oder Jahre später zum Tragen. Das kann manchmal dazu führen, dass der Sinn solcher Reisen infrage gestellt und sie als Steuerverschwendung angesehen werden. Wer zu den Kritikern gehört, liegt mit seinen Vermutungen meist falsch: Zum einen zahlen die Unternehmen die Reise in der Regel selbst – manchmal gibt es eventuell Fördertöpfe –, zum anderen würden Unternehmen dies nicht machen, wenn sie nicht mittel- und langfristig etwas davon hätten. Und wer hinter diesen Reisen auch noch ein Vergnügen vermutet, dem sei gesagt, dass das Tagesprogramm so vollgepackt ist und Urlaubsgefühle nicht aufkommen können. Wenn es gut läuft, ist vielleicht ein Blick auf Strände und andere touristische Ziele beim Landeanflug möglich. 

Für Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) liegt der Grund für solche Delegationsreisen auf der Hand: "Wir leben in einer globalisierten Welt und die Herausforderungen der heutigen Zeit sind nur in internationalen Partnerschaften zu bewältigen", sagt sie. Daher sei es grundsätzlich wichtig, in strategisch relevanten Standorten auch im Rahmen von Reisen persönlich Präsenz zu zeigen.

Noch etwas ist dabei von entscheidender Bedeutung: Wie Wirtschaft in einem anderen Land funktioniert, welche Umgangsformen berücksichtigt werden müssen oder wie dort gearbeitet wird, lässt sich nicht digital erschließen – das muss vor Ort erlebt und entsprechend berücksichtigt werden.

Wenn diese Delegationsreisen dazu führen, Bremens Bekanntheitsgrad zu erhöhen, Kontakt zu knüpfen, vom Austausch zu profitieren und daraus über kurz oder lang auch wirtschaftlichen Profit zu ziehen, ist dies ein guter Weg. Und wenn sich Bremen dadurch auf einem vorderen Mittelplatz im Ranking der erfolgreichsten Wirtschaftsstandorte künftig etabliert, ist das Land einen Schritt weiter als der SV Werder in der Bundesliga. Bekanntheit ist das eine, Erfolg das andere.

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