„Fahr nicht so dicht auf“, „Brems nicht so abrupt“ oder „Gib nicht so viel Gas“ – mitunter kann ein nörgelnder Beifahrer die Nerven eines Autofahrers ganz schön strapazieren. Zwei Bremer haben eine App entwickelt, die Autofahrern helfen soll, sicher und umweltschonend zu fahren und nebenbei auch noch Sprit zu sparen. Die Gründer Okan Gürsel und Sven Gunkel setzen mit Drivo auf eine spielerische Anwendung statt auf den erhobenen Zeigefinger: „Wir wollen den Leuten damit nicht den Spaß am Autofahren nehmen“, betont Gürsel, der sich um die Gestaltung kümmert.
Vielmehr gehe es den autobegeisterten Jungunternehmern darum, dem Fahrer eine direkte Rückmeldung zu seinem Fahrverhalten zu geben und damit sein Bewusstsein zu schärfen. „Der Selbstoptimierungsgedanke steht bei der App im Fokus“, sagt Gürsel. Per Smartphone-Sensorik ermittelt Drivo während der Autofahrt das Fahrverhalten seiner Nutzer: Wie stark tritt der Fahrer aufs Gas? Wie heftig bremst er? Wie schnell geht er in die Kurven?
Zu jedem Fahrmanöver erhält der Fahrer in Echtzeit ein Feedback. Der Clou dabei: Die Nutzer der App können gegen Freunde und andere Fahrer antreten, um hinterher ihre Punkte zu vergleichen. „Am Ende kann man so sehen, wer sich smarter durch den Straßenverkehr bewegt“, sagt Gürsel. „Dadurch soll das Fahren ökologischer, sicherer und effizienter werden.“
Auch die beiden Gründer analysieren als Vielfahrer regelmäßig ihren eigenen Fahrstil. Gunkel verrät, dass er aktuell auf der Skala bis 100 einen Score von 39 habe – „nicht perfekt, aber im guten Bereich“, urteilt er. Die Idee für die App kam Gunkel während seines Logistikstudiums in einer Telematik-Vorlesung, in der es um die Verknüpfung von Informatik und Telekommunikation ging.
„Das fand ich sehr faszinierend“, erinnert er sich. Der damalige Student fotografierte die Folie mit seinem Smartphone und schickte sie an seinen Schulfreund Gürsel, der an der Hochschule für Künste Digitale Medien studiert hat und sich schnell für das Thema begeistern konnte. „Unsere Idee war schließlich, Telematik für alle zu machen“, sagt Gunkel.
Gar nicht so einfach
Im Herbst 2015 fingen die beiden Gründer an, einen Businessplan zu erarbeiten und ihre Ideen in ihren jeweiligen Abschlussarbeiten aufzugreifen. Die Ergebnisse stellten sie Carsten Meyer-Heder, dem Inhaber der Unternehmensgruppe Team Neusta, vor. Gürsel und Gunkel sollten zunächst einen Prototyp entwickeln. „Jetzt mussten wir beweisen, dass es funktioniert“, sagt Gürsel. Und das sei gar nicht so einfach gewesen, wie die Unternehmer berichten.
Die technische Herausforderung habe vor allem darin bestanden, dass Drivo allein auf der Sensorik des Smartphones beruhe und ohne zusätzliche Hardware auskomme. „Das ist technologisch extrem anspruchsvoll“, erklärt Gunkel. „Die Aussage der Experten war eigentlich: Das ist nicht möglich.“ Doch die 29-jährigen Bremer hatte der Unternehmer-Ehrgeiz gepackt.
Ein halbes Jahr dauerte es schließlich, bis sie gemeinsam mit einem Mathematiker den entsprechenden Algorithmus für die spätere App entwickelt hatten. Nun investierte auch Neusta eine sechsstellige Summe in die Entwicklung der Anwendung. Seit Frühjahr letzten Jahres ist Drivo am Markt.
Neben Privatnutzern nimmt das Duo aus Bremen auch Unternehmen mit eigenem Fuhrpark ins Visier: Über die App Drivo Telematics sollen Betriebe so ihr Flottenmanagement elektronisch steuern können. Nutzer von Firmenwagen können darüber beispielsweise ihre persönlichen Fahrtenbücher anlegen und in verschiedene Dateiformate exportieren, um sie anschließend der Steuererklärung beizulegen.
Zudem werde die Laufleistung und Auslastung der Firmenwagen analysiert, ebenso wie die Fahrweise des Fahrers. „Bei entsprechender Nutzung verringert sich der CO2-Ausstoß um bis zu 50 Prozent und der Spritverbrauch um bis zu 30 Prozent“, ist Drivo-Geschäftsführer Gunkel überzeugt.
Preisnachlass für besonders schonendes Fahren
Auch für Autovermietungen könnte die App aus Bremen nützlich sein, erläutert der 29-Jährige. Denn Sharing-Autos verführen viele Nutzer offenbar dazu, besonders auf das Gaspedal zu treten. Für Free Floating-Anbieter wie Car2go oder DriveNow ein Riesenproblem, denn wird schnell gefahren, ist auch der Verschleiß der Miet-Fahrzeuge höher.
Die Idee der Gründer: Autovermietungen könnten den Fahrern, die das Fahrzeug besonders schonend behandeln, einen Preisnachlass gewähren. Und die Jungunternehmer haben schon die nächste Erfindung im Kopf, die für all diejenigen interessant sein könnte, die mit der Anschaffung eines E-Mobilitäts-Fahrzeugs liebäugeln.
Mit der neuen Anwendung der Drivo-Geschäftsführer sollen Nutzer möglichst realitätsnah testen können, ob ein Elektrofahrzeug für sie geeignet ist. Analysiert werden dabei das jeweilige Fahrverhalten des Nutzers, die Anzahl der Ladestationen vor Ort und mögliche Zeiträume für das Aufladen des Akkus. Noch in diesem Jahr soll die Anwendung auf den Markt kommen.