Bremens Betriebe suchen in einigen Branchen nicht nur händeringend Azubis, sondern noch viel mehr suchen sie inzwischen händeringend Fachkräfte. Das ist das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der Handelskammer Bremen. Daran haben 333 Betriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistungen im Herbst teilgenommen. Laut Kammer hemme der Fachkräftemangel zunehmend das Wachstum der bremischen Wirtschaft.
Mehr als die Hälfte der Betriebe im produzierenden Gewerbe, im Einzelhandel und auch im Dienstleistungsbereich sehen laut der Umfrage den Fachkräftemangel als größtes Geschäftsrisiko. Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, Matthias Fonger, sagte: „Der Personalbedarf ist groß, aber fast vierzig Prozent der Unternehmen können offene Stellen nicht besetzen, weil sie keine passenden Arbeitskräfte finden. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen ist es schwierig, hoch qualifiziertes Personal zu finden.“
Freie Stellen immer länger unbesetzt
Allein ein Blick in den aktuellen Stellenmarkt der Bremer Arbeitsagentur zeigt es: Dort werden mehrere Informatiker und Software-Experten gesucht sowie Dreher, Schweißer, Mechaniker, Elektriker und Elektroniker sowie Altenpfleger. Das spiegelt auch die Statistik der Arbeitsagentur wider. So waren im Oktober im Gebiet der Stadt Bremen von den 5544 gemeldeten Stellen bereits 2695 drei Monate und länger vakant. Sie konnten also nicht besetzt werden, weil es bisher keinen geeigneten Bewerber gab. Die genannte Zahl hat seit August jeden Monat um mehr als 100 Stellen zugenommen.

Beim Ausblick auf die kommenden zwölf Monate haben 54 Prozent der Unternehmen in der Umfrage angegeben, dass sie voraussichtlich nicht das Potenzial ihres Wachstums ausschöpfen können. 38 Prozent befürchten sogar, dass sie Aufträge ablehnen oder auch ihr Angebot einschränken werden. Sechs Prozent könnten sich vorstellen, dass sie die Geschäftstätigkeit ins Ausland verlagern würden – auch wenn es nur in Teilen wäre.
Die Umfrage zeigt, dass die Suche nach Fachkräften vor allem ein demografisches Problem zu sein scheint. So suchen 56 Prozent der Betriebe einen Ersatz für einen Mitarbeiter, der altersbedingt ausscheidet. Mindestens ein Drittel und mehr der Umfrageteilnehmer nannten als Gründe auch die Expansion des Geschäfts, Ersatz, weil ein Mitarbeiter den Job gewechselt hat, aber auch die Anforderungen, die im Beruf steigen.
Stärkung der beruflichen Ausbildung
Die Gruppe der Fachkräfte umfasst übrigens sowohl Personen mit einer akademischen Berufsausbildung als auch mit einer anerkannten mindestens zweijährigen Berufsausbildung. Doch immer mehr Abiturienten nehmen ein Hochschulstudium auf, als eine Ausbildung zu machen. Daher fordert Hauptgeschäftsführer Fonger: „Die berufliche Ausbildung, aber auch das Duale Studium müssen wieder stärker als attraktive Einstiege in die Karriere wahrgenommen werden.“ Gleichzeitig fordert Fonger, die Schulbildung im Lande Bremen zu verbessern und die berufliche Ausbildung zu stärken. Dazu gehöre mehr Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen sowie eine bessere Ausstattung der Berufsschulen.
Ähnlich sahen 57 Prozent der befragten Unternehmen es, die Qualifikation der Schulabgänger zu verbessern, wenn es um die Rahmenbedingungen geht. 41 Prozent sagten aber auch, ein Mittel könne ebenso sein, die Region für Arbeitnehmer zum Leben und Arbeiten attraktiver zu machen. Hier spielt anscheinend die Hoffnung mit rein, dass Fachkräfte aus anderen Regionen für den Job nach Bremen ziehen. Das ist auch schon jetzt der Fall, wie Andreas Cors vom Statistischen Landesamt bereits vor einer Woche erklärte. Denn für 2018 prognostizierte er für Bremen, dass die Arbeitslosigkeit in Bremen auf hohem Niveau bleibe. Denn der Bestand an Langzeitarbeitslosen bleibe, während die neu entstandenen Jobs von zugezogenen Personen besetzt würden.
Allerdings nannten auch 25 Prozent der befragten Unternehmen, Bremen solle die Kinderbetreuung, das Angebot an Ganztagsschulen sowie Pflegeangebote verbessern. Schließlich gehe es nicht nur darum, dass die Kinder tagsüber gut aufgehoben sind, sondern auch Angehörige, um die sich die Menschen neben ihrem Beruf kümmern. Hier geht es um die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Hausgemachte Wachstumsbremse
Bundesweit sieht das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) die fehlenden Fachkräfte ebenso als hausgemachte Wachstumsbremse im kommenden Jahr. Bei der IW-Konjunkturumfrage bestätigten 47 Prozent der Firmen, dass fehlende Fachkräfte die Produktionsmöglichkeiten begrenzen. Unter den Betrieben, die bei sich bereits eine Überauslastung feststellen, sprechen sogar zwei Drittel von einem Fachkräftemangel. So könnte die Konjunkturdynamik noch stärker sein, doch der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften bremst die Unternehmen.
Übrigens sagten bei der Handelskammer-Umfrage 67 Prozent der Unternehmen, dass fehlende Fachkräfte Mehrbelastung für die Belegschaft bedeute. Die Mitarbeiter können sich wohl auf mehr Überstunden einstellen.