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Ergebnisse des ersten Monitoringberichts Bremer Jugendberufsagentur verliert Schulabgänger oft aus dem Blick

Die Jugendberufsagentur in Bremen soll Schulabgänger auf ihrem Weg ins Studium oder in die Ausbildung unterstützen – verliert die jungen Menschen aber oft aus dem Blick.
13.11.2018, 06:00 Uhr
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Bremer Jugendberufsagentur verliert Schulabgänger oft aus dem Blick
Von Lisa Schröder

Ob Studium oder Ausbildung – die Jugendberufsagentur in Bremen soll jungen Menschen auf dem Weg ins Berufsleben helfen. Bereits seit 2015 berät und unterstützt sie Jugendliche zwischen 15 bis 24 Jahren und vermittelt dabei auch Ausbildungsplätze. Der Senat, Jobcenter und die Arbeitsagentur ziehen hier an einem Strang. Das Ziel der Akteure ist klar: Es soll kein Jugendlicher verloren gehen. Doch es gibt ein Problem. Denn tatsächlich ist es für die Jugendberufsagentur (JBA) schwer, den Verbleib der jungen Menschen umfassend zu verfolgen. Das zeigen die Ergebnisse des ersten Monitoringberichts.

Besonders deutlich wird die Diskrepanz im Fall von Schülern, die im Jahr 2015 in der Stadt Bremen nach der neunten oder zehnten Klasse zunächst in Berufsorientierungskurse oder eine Berufsfachschule wechselten. Zwei Jahre nach dieser Übergangszeit war schon bei mehr als der Hälfte von ihnen der Verbleib offen. Genau für 55,5 Prozent gibt das Papier im Jahr 2017/2018 nur noch den Bestand „unbekannt“ an. Für die Schüler der Stadt Bremerhaven im selben Szenario ist dieser Wert mit 53,4 Prozent nur marginal geringer.

Knackpunkt ist nicht die Erfassung, sondern der Datenschutz. „Es kann bei gültiger Gesetzeslage keine Aussage über Bildungsbiografien getroffen werden“, sagt deshalb Annette Kemp, Sprecherin des Bremer Bildungsressorts. Zwar liegen zum Beispiel der Agentur für Arbeit genaue Erkenntnisse über den Verbleib eines Jugendlichen vor. In die Bremer Statistik könnten diese Angaben aber wegen der Datenschutzgesetze nicht einfach einfließen. Das gilt auch für Daten von anderen Bundesländern.

Cordßen: "Es ist ein langer Weg"

Informationen liegen nur vor, wenn Schüler eine entsprechende Einwilligungserklärung unterschreiben. Die Rücklaufquote dieser Dokumente in den Klassen ist jedoch teils sehr gering. In der Stadt Bremen lag sie an den Gymnasien im Abschlussjahr 2017 am niedrigsten – bei unter 15 Prozent. Wobei die Quote im Vergleich zu 2015 und 2016 bereits gestiegen ist. In den Schulen soll es gewisse Vorbehalte gegeben haben. Da gelte es noch, Überzeugungsarbeit bei den Lehrern zu leisten, dass das Instrument sinnvoll ist, heißt es aus Behördenkreisen.

Doch für Tim Cordßen, Sprecher des Wirtschaftsressorts, sind die Einwilligungserklärungen ohnehin eine Übergangslösung. Denn es sei notwendig, einen weiteren Austausch zwischen den Behörden und Partnern rechtlich zu ermöglichen – natürlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Dann lasse sich auch tatsächlich garantieren, dass niemand verloren gehe. „Wir sind uns bewusst, dass wir ein dickes Brett bohren. Es ist ein langer Weg. Da sind wir aber festen Willens in beiden Ressorts.“ Es sei wichtig, direkt nach der Schulzeit zu reagieren und nicht erst, wenn sich bereits eine Arbeitslosigkeit mit 25 Jahren verfestigt habe. „Dann ist beim Thema Ausbildung schon sehr viel verloren worden. Das macht auch was mit einem.“

Tatsächlich hat die Agentur für Arbeit bereits in diesem Sommer ein sogenanntes Kerndatensystem umsetzen wollen, um Informationen teilen zu können. Doch wegen datenschutzrechtlicher Bedenken ist die Lösung laut Annette Kemp auf Eis gelegt worden. Die Ressorts sind allerdings mit der Agentur in Nürnberg weiter im direkten Austausch.

Opposition fordert neue rechtliche Instrumente

„Unsere Erwartung ist, dass es zeitnah eine entsprechende Lösung gibt“, sagt Sprecher Cordßen. Die Priorität für das Thema sei „ganz weit oben“ angesetzt. Die Jugendberufsagentur habe wichtige Angebote für die Unterstützung geschaffen. Nun gehe es darum, genau zu wissen, wer diese Angebote braucht. „Das ist die Grundlage. Sonst stochern wir im Nebel.“ Tim Cordßen, sieht dagegen bereits jetzt deutliche Fortschritte – vor allem mit Blick auf den Ausgangspunkt. Denn in der Zeit vor der Initiative JBA sei es gar nicht möglich gewesen, etwas über den Verbleib zu erfahren – ob nun jemand in Heidelberg studierte oder in Buxtehude auf der Parkbank lag. „Das konnte keiner sagen.“

Die Opposition plädiert dafür, dass der Senat für neue rechtliche Instrumente sorgt. „Der Datenschutz ist hier ein Kernproblem“, sagt dazu Rebekka Grupe, Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion der CDU in Bremen. Die notwendigen Einwilligungserklärungen der Jugendlichen seien bürokratisch und aufwendig, der Rücklauf daher auch zu gering. Wenn bei der Hälfte der Jugendlichen, die das Übergangssystem durchliefen, unklar sei, was aus ihnen geworden ist, gebe es dringenden Handlungsbedarf. Im Grundsatz sei die Jugendberufsagentur sinnvoll, um „junge Menschen mit oftmals schwierigen Voraussetzungen bei der Ausbildung zu unterstützen“, sagt Grupe. Es sei auch richtig, dass es in dabei Hausbesuche gebe, um mit den Jugendlichen in Kontakt zu bleiben.

Das Bildungsressort will in Zukunft auch mit den Hochschulen in Bremen einen Austausch ermöglichen. Selbst deren Studenten gelten für die Behörde laut Kemp als „unbekannt“, obwohl sie gut versorgt seien.

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