Der Mitarbeitermangel und die massiv gestiegenen Kosten für die Sicherheit von Volksfesten und Weihnachtsmärkten sind zwei der Hauptthemen, die die deutschen Schausteller derzeit umtreiben. Die Branche hoffe, dass das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auch für Nicht-Facharbeiter geöffnet werde, sagte der Präsident des Deutschen Schaustellerbunds (DSB), Albert Ritter in München. „Uns fehlen auch der Fassroller und der Geschirrspüler. Auch nicht so hoch qualifizierte Mitarbeiter suchen wir händeringend.“
In der bayerischen Landeshauptstadt findet bis zum Sonntag mit dem jährlichen Delegiertentag das nach Veranstalterangaben weltweit größte Schaustellertreffen statt. Mit dabei ist auch Rudolf Robrahn als Vorstandsvorsitzender vom Schaustellerverband des Landes Bremen. Das Problem mit den Mitarbeitern ist ihm bekannt: „Im vergangenen Jahr musste für die Osterwiese sogar kurzfristig ein Schaustellerbetrieb absagen, weil er nicht genug Mitarbeiter finden konnte.“ Den Schankbetrieben auf Volksfesten oder Weihnachtsmärkten ist es laut Robrahn noch möglich, den Mitarbeiterbedarf mit Kräften vor Ort zu decken. Aber gerade Fahrgeschäfte benötigen ein Rumpfteam mit festen Arbeitskräften. „Und die müssen die Bereitschaft haben, alle paar Wochen den Ort zu wechseln“, ergänzt der Bremer Schausteller. Diese Bereitschaft nehme eben ab.
Deutsche Kräfte seien unter den Mitarbeitern immer seltener zu finden, viele kommen aus Polen oder Rumänien. Angesichts der immer besseren Wirtschaftslage in Polen, nehme aber auch da die Zahl der reisewilligen Mitarbeiter ab. Für manche seien auch andere Länder wie Schweden attraktiver. „Allerdings kommt bei uns Schaustellern in Deutschland zum Lohn immer Kost und Logis hinzu. Und wenn wir unterwegs sind, sind wir auch wie eine Familie. Da ist es egal, wo die Mitarbeiter herkommen“, sagt Robrahn. Ein Mindestmaß an Deutschkenntnissen sei aber notwendig – gerade im Servicebereich, wo nach Essens- oder Getränkewünschen gefragt werde.
Auf der anderen Seite hat Robrahn auch bei manchem Mitarbeiter die Erfahrung gemacht, dass der mitreisende Kollege zum ersten Mal so etwas wie einen Familienanschluss erfahren habe. Laut Robrahn gibt es so manche Mitarbeiter, die 2400 Euro und mehr verdienen: „Der Mindestlohn und die Arbeitszeiten werden eingehalten. Es werden natürlich auch Überstunden gemacht, die die Mitarbeiter zu einem anderen Zeitpunkt abfeiern können.“ Für den Bremer Weihnachtsmarkt konnte Robrahn übrigens auf seine Tochter bauen: „Die studiert und hatte von der Uni Freundinnen für unsere Stände mitgebracht, die sich so Geld dazu verdient haben.“
„Von einem Volksfest geht kein Terror aus"
Robrahn und die anderen hunderten Teilnehmer werden bis Sonntag in München auch über die Sicherheitskosten diskutieren, die seit den Anschlägen etwa in Nizza oder auf dem Berliner Breitscheidplatz rasant gestiegen seien. „Die Grundforderung der Schausteller ist: Die Produktion von Sicherheit ist eine hoheitliche“, sagte DSB-Präsident Ritter. Zwar würden die Schausteller wie vorgeschrieben die Kosten übernehmen, die vom Volksfest ausgingen. „Aber von einem Volksfest geht kein Terror aus. Der Terror kommt von außen, und für die Gefahrenabwehr von außen ist der Staat zuständig.“ Ritter räumte aber ein, dass viele Kommunen diese Kosten von sich aus übernähmen. Wie Ritter sieht es auch Robrahn: „Für die Sicherheit vor Terror muss die Polizei zuständig sein. Diese Kosten muss entsprechend der Staat tragen.“
Im Deutschen Schaustellerbund sind nach eigenen Angaben 5300 Unternehmen organisiert. Sie betreiben 12.300 Geschäfte und beschicken im Jahr rund 9750 Volksfeste und 3000 Weihnachtsmärkte.