Getreidemühlen, Kaffeesilos, Backsteinschuppen, dazwischen Straßen aus Kopfsteinpflaster und Bahngleise, aus denen das Unkraut sprießt: Der Holz- und Fabrikenhafen im Bremer Stadtteil Walle wirkt hier und da ein wenig aus der Zeit gefallen. Wie eine Kulisse aus vergangenen Tagen, als der Welthandel noch in Säcken und Kisten und nicht in normierten Blechboxen abgewickelt wurde. Dabei stapeln sich auch in dem alten Hafenquartier längst bunte Container neben dunklen Backsteinmauern. Noch immer wird hier Kaffee gelagert, Holz gestapelt und Getreide gemahlen. Damit das so bleibt, will der Bremer Senat in den kommenden Jahren neue Straßen, Schienen und Schiffsliegeplätze bauen.
Entstanden ist der Holz- und Fabrikenhafen 1891 für den Umschlag von Holz und Getreide. Er ist damit eines der ältesten Hafenquartiere in Bremen. Das Mehl aus der Rolandmühle ist eines der bekanntesten Produkte aus dem Hafen. Auch der entkoffeinierte Kaffee Hag stammte von hier; das Werk schloss allerdings vor fünf Jahren seine Tore. Rohkaffee wird aber weiterhin im Hafen umgeschlagen.
Mit der Unternehmensgruppe Diersch & Schröder hat auch ein milliardenschweres Energie- und Chemieunternehmen seinen Hauptsitz in dem Quartier. Ein Hamburger Unternehmen kocht Fischmehl als Tierfutter; auf der anderen Seite des Hafenbeckens steht das Hobelwerk der Bremer Holzwerke. Rund 1900 Menschen arbeiten in dem Gewerbegebiet. "Der Holz- und Fabrikenhafen ist ein sehr lebendiges und vielfältiges Hafenquartier, das es unbedingt zu erhalten gilt", versichert Heiner Heseler, Geschäftsführer der Initiative Stadtbremische Häfen (ISH).
Dass der Senat das genauso sieht, daran hatten die Unternehmen in den vergangenen Jahren mitunter Zweifel. Vor allem die näherrückende Wohnbebauung der Überseestadt, die auf dem abgerissenen und zugeschütteten Areal des Überseehafens entsteht, weckte ihren Argwohn: Was, wenn die Industrie in direkter Nachbarschaft zu den teuren Apartments nicht mehr erwünscht ist? Weil die Mühle staubt und das Fischmehl stinkt? Weil Container auf die Kaje rumpeln und die Lichter im Hafen nie ausgehen? Mit der von ihnen gegründeten Initiative Stadtbremische Häfen wollen die Unternehmen darauf aufmerksam machen, was verloren ginge, wenn das Gewerbe von der Wasserkante verdrängt würde.
Senat bewilligt 700.000 für Modernisierungspläne
Im Wirtschaftsressort will man keine Zweifel an der Bedeutung des Hafenquartiers aufkommen lassen. "Die Weiterentwicklung des Holz- und Fabrikenhafens und die Unterstützung der ansässigen Unternehmen war und ist stets im Fokus meines Hauses“, versichert Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke). Gleichzeitig räumt ihr Ressort jedoch ein, dass es einen "großen Instandhaltungsstau" im Holz- und Fabrikenhafen gebe.
Die Infrastruktur sei veraltet, heißt es klipp und klar in einer Vorlage für den Senat. Die Schiffsliegeplätze: "nicht mehr zeitgemäß". Zufahrten und Liegewannen: "teilweise verlandet". Die Straßen: "sanierungsbedürftig". Moderne Schiffe und größere Ladungsmengen könnten im Hafen mitunter nicht mehr abgefertigt werden. Insgesamt werde den Unternehmen damit "eine nicht mehr den Ansprüchen genügende öffentliche Infrastruktur" geboten, stellt das Ressort fest. Und das, obwohl die Unternehmen ihrerseits in den vergangenen Jahren fleißig investiert haben: Silos, Lager und die wuchtige, mehr als 100 Jahre alte Getreideverkehrsanlage an der Hafeneinfahrt wurden modernisiert und ausgebaut.
Nun will die öffentliche Hand nachlegen. Der Senat und die Wirtschaftsdeputation haben ein Sanierungsprogramm auf den Weg gebracht, das dem Holz- und Fabrikenhafen neue Perspektiven bieten soll. Sie bewilligten zunächst knapp 700.000 Euro für die Planung der Maßnahmen. Drei Schwerpunkte soll es dabei geben:
Schiffsliegeplätze
Die in den 1950er Jahren gebauten Binnenschiffsliegeplätze im Norden des Hafenbeckens sind für die modernen, 110 Meter langen Großmotorgüterschiffe (GMS) zu klein. Deshalb soll ein neuer Anleger gebaut werden, mit Ponton und Anschlüssen für Trinkwasser, Abwasser und Strom. Die Zufahrten und Liegewannen im Rest des Hafens sollen ausgebaggert werden, um die Wassertiefe wieder herzustellen.
Straßen
An der landseitigen Einfahrt in den Hafen aus Richtung Süden ist die Cuxhavener Straße noch mit Naturstein gepflastert, der nach Einschätzung der Experten "abgängig" ist – sprich: nicht mehr zu gebrauchen. Weiter nördlich ist der Belag der Pillauer Straße ebenfalls hinüber. Auf insgesamt 400 Metern Länge sollen die beiden Straßen erneuert werden.
Schienen
Hier soll zunächst untersucht werden, welche Gleise noch benötigt werden und welche nicht. Auf dieser Grundlage soll dann ein "Masterplan" für den Rück- und Ausbau der Hafenbahn erstellt werden.
Was die Baumaßnahmen am Ende kosten werden, weiß im Moment keiner – das soll im Rahmen der Planungsaufträge ermittelt werden. Die Hafenunternehmen jedenfalls sind fürs Erste zufrieden:"Da wird jetzt vieles gemacht, was im Interesse der Hafenwirtschaft ist", sagt ISH-Chef Heseler. "Private und öffentliche Investitionen gehen Hand in Hand."