Viele Menschen arbeiten in Zeiten der Corona-Pandemie im Homeoffice. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat vor Kurzem bekannt gegeben, dass er das Recht auf Homeoffice in einem Gesetz verankern will (wir berichteten). Das trifft in Bremen auf Zuspruch, aber auch Ablehnung. „Es zeigt wenig Verständnis des Arbeitsministers für die aktuellen Sorgen von Beschäftigten wie Unternehmen, gerade jetzt einen schon vor Corona wenig sinnvollen Vorschlag zu erneuern“, sagt Cornelius Neumann-Redlin, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände im Lande Bremen.
Auch Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, sieht Heils Plan kritisch: „Ich bin kein Gegner des Homeoffice – im Gegenteil. Doch man sollte darauf verzichten, einen Rechtsanspruch einzuführen.“ Es sei problematisch, dass es damit schon wieder neue Vorschriften für Unternehmen gebe – gerade in dieser Zeit. Ein Rechtsanspruch auf Homeoffice suggeriere auch zu Unrecht die einfache Lösung einer komplexen Materie, findet Neumann-Redlin. Trotz der vielen Erfahrungen, die momentan gesammelt werden, lasse sich nicht jeder Job von zu Hause erledigen.
„Der Vorwurf, der oft kommt, dass nur für privilegierte Personen das Homeoffice möglich sei, halten wir für aus der Luft gegriffen“, sagt Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer. 40 Prozent der Arbeitnehmer könnten zumindest zum Teil ihre Arbeit ins Homeoffice verlagern, diesem Anteil solle man dies nicht vorenthalten. Claudia Hausschild, Sprecherin des Bierbrauers AB Inbev, berichtet von den Erfahrungen, die ihre Verwaltung gerade macht. 75 Prozent der Mitarbeiter aus der Bremer Hauptverwaltung arbeiteten momentan aus dem Homeoffice.
Neben vielen positiven Erfahrungen sieht Hausschild aber auch: „Zur Umsetzung von Homeoffice reicht es nicht, lediglich einen Laptop zur Verfügung zu stellen und das häusliche WLAN zu nutzen.“ Es müssten eine Reihe von gesetzlichen Vorgaben erfüllt und sichergestellt werden – von der Datenschutzverordnung bis zum Arbeitsschutz. Deshalb solle es den einzelnen Unternehmen selbst überlassen werden, wie sie die jetzt gemachten Erfahrungen in die zukünftige Arbeitsorganisation einfließen lassen.
Hausschild sagt aber auch, dass das Thema Homeoffice dem einzelnen Mitarbeiter generell ermöglicht, flexibler zu arbeiten und es eine wichtige Komponente für die Vereinbarung von Beruf und Familie sei. Gerade dieser Punkt der Vereinbarkeit ist für Heyduck jedoch noch ein großes Fragezeichen. Auch vor Corona sei es schon Thema gewesen, dass Arbeiten im Homeoffice nicht die Lösung für Vereinbarkeit von Privatleben und Arbeit sein könne.
Vor allem für Frauen dürfe es nicht darauf hinauslaufen, dass die Kinderbetreuung parallel zur Arbeit stattfindet. Diesen Punkt sieht auch Annette Düring, Vorsitzende des DGB Bremen-Elbe-Weser, kritisch: „Wenn die Arbeitszeit durch das Homeoffice stark ausgeweitet wird oder insbesondere Frauen durch die Verbindung von Homeoffice und unbezahlten Fürsorgearbeiten in erhebliche Arbeitsverdichtungen kommen, dann sorgt ein solches Gesetz nicht nur für Vorteile.“
Aktuell arbeiten bis zu 25 Prozent der Beschäftigten von zu Hause, so Düring. Daran sehe man, dass dies in Krisenzeiten möglich ist. Auf der anderen Seite bestehe aber auch Nachhol- und Ausbaubedarf, um den Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu Hause einhalten zu können.
Heyduck sieht die positiven Erfahrungen, die in der aktuellen Zeit mit dem Homeoffice gemacht werden, als gute Grundlage, die Diskussion neu zu starten. Das sehen aber nicht alle so: „Wir sind in einer so dynamischen Situation, die man ja vielleicht erst mal zu Ende bringt, bevor man mittendrin etwas zementiert“, sagt Andreas Hoetzel, Leiter der Unternehmenskommunikation der BLG Logistic Group.