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Fernwärme in Bremen Bremer zahlen mehr für Fernwärme

Gegen den Bundestrend steigen Preise für Fernwärme in Bremen deutlich. Die meisten Verbraucher sind gegen diese Preiserhöhung aber machtlos.
09.08.2017, 21:53 Uhr
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Von Serena Bilanceri

Bundesweit sind die Preise für Fernwärme im Vergleich zum vergangenen Jahr gesunken – jedoch nicht für alle. In Bremen müssen Kunden nun teilweise 27 Prozent mehr bezahlen als noch vor acht Monaten. Im Dezember 2016 betrug der Basis-Verbrauchspreis vom Energie-Konzern SWB, dem Fernwärme-Hauptversorger in Bremen, 6,70 Cent pro Kilowattstunde, am 1. August waren es dann 8,50 Cent. In dieser Zeitspanne ist der Preis stufenweise gestiegen.

Bundesweit geht der Trend in eine andere Richtung: Laut Daten des Statistischen Bundesamtes ist der Verbraucherpreis im Laufe des Jahres 2016 bis Anfang 2017 deutlich gesunken. In den ersten Monaten 2017 blieb er weitgehend stabil, im April 2017 gab es eine sehr leichte Erhöhung – danach ist der Preis laut Index des Bundesamtes bis Ende Juni unverändert geblieben.

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Das Statistische Bundesamt liefert Indizes, das heißt Werte, die die Schwankungen des Energiepreises darstellen sollten – also keine Durchschnittspreise. Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK meldet für 2016 einen Durchschnittspreis für Fernwärme von rund 6,90 Cent pro Kilowattstunde bei einem Wärmebedarf von 160 Kilowatt. Daten für das Jahr 2017 liegen noch nicht vor.

Wieso steigen aber die Preise in Bremen? Die SWB erklärt, dass die Preise anhand verschiedener Faktoren alle drei Monate berechnet und angepasst werden. „Bei der Formel, die wir verwenden, orientieren wir uns an Heizölpreisen, Drittlandkohlepreisen sowie Lohnkosten“, erklärt Angela Dittmer, Sprecherin des Unternehmens.

Ein sehr kompliziertes Thema

„Dazu kommt noch eine rückwärtige Betrachtung der Entwicklung vor einem halben Jahr.“ Ein Vergleich mit aktuellen Preisentwicklungsindizes sei nicht möglich, sagt die Pressesprecherin. Wieso allerdings andere Anbieter bundesweit ihre Preise offenbar gesenkt haben, während sie in Bremen um 27 Prozent stiegen, konnte die SWB nicht erklären.

Das Unternehmen Protherm, das Bremen-Nord zum Teil versorgt, meldet seit Ende 2016 „relativ stabile Preise“ – genaue Zahlen konnte das Unternehmen wegen der unterschiedlichen Verträge jedoch nicht nennen. Seine Preise würden sich an Gas- und Ölpreisen orientieren, die eher stabil geblieben seien.

„Fernwärme ist ein sehr kompliziertes Thema, denn bisher ist der Markt nur unzureichend reguliert“, sagt Mechthild Himmelreich, Energiereferentin der Verbraucherzentrale in Bremen. „Fernwärme-Verbraucher nennen wir ‚die gefangenen Kunden‘.“

Kaum Verhandlungsmöglichkeiten

Monopolsituationen und wenig Spielräume bei der Entscheidung, Fernwärme zu nutzen oder die Wärmequelle zu ändern, würden dazu führen, dass die Verbraucher oft wenig Macht bei der Entscheidung oder einen unzureichenden Überblick hätten.

„Manche Mieter sind dann unglücklich und beschweren sich wegen der hohen Nachzahlungen“, sagt Himmelreich. „Viele machen sich im Vorfeld keine Gedanken darüber.“ Als Mieter habe man jedoch kaum Verhandlungsmöglichkeiten – die Entscheidung, ob die Wohnung ans Fernwärmenetz angeschlossen wird, trifft in der Regel der Wohnungseigentümer. Die Verbrauchskosten tragen jedoch die Mieter.

Auch Hauskäufer müssten sich oft schon beim Kaufvertrag für die Wärmequelle verpflichten. Wegen der großen Investitionen, die für den Ausbau des Versorgungsnetzes notwendig sind, hätten die Verträge oft eine sehr lange Laufzeit. Dabei hat Fernwärme auch Vorteile: Sie gilt als umweltschonende, öko-freundliche Wärmequelle.

Hoher CO2-Ausstoß ohne Fernwärme

Rund 15.000 Lieferverträge hat die SWB in dem Bundesland. Jeder Vertrag kann dabei mehrere Wohnungen miteinschließen, sodass eine genaue Einschätzung der tatsächlichen Nutzer schwierig ist. Durch spezielle Röhren wird die Wärme, die in Müllverbrennungsanlagen oder Kraftwerken als Nebenprodukt der eigentlichen Produktion entsteht, zu Wohnungen und Gebäuden transportiert.

Gäbe es Fernwärme nicht, würden größere Mengen fossiler Quellen für die Wärmeproduktion verbrannt und so ein höherer CO2-Ausstoß verursacht. Auch kann Fernwärme aus erneuerbaren Quellen wie Biogas gewonnen werden. In Bremen benutzt rund die Hälfte der Fernwärme-Produktion Müll, Erdgas und Biogas, heißt es von der SWB. Die andere Hälfte wird in Kraft-Wärme-Kopplung aus Steinkohle im Heizkraftwerk Hastedt gewonnen.

Anbieter- oder Technikwechsel nahezu unmöglich

Der Ausbau des Netzes wird daher auch auf politischer Ebene begrüßt, jedoch weisen Berichte der verschiedenen Verbraucherzentralen bundesweit auf Probleme beim Verbraucherschutz hin. Ein Vergleich der unterschiedlichen Preise ist demnach sehr schwer zu gestalten. Auch die Vertragslaufzeiten würden sich teilweise weit über die zehn empfohlenen Jahre hinaus ziehen. In Gebieten, in denen Anschlusszwang herrsche, sei ein Anbieter- oder Technikwechsel nahezu unmöglich.

Energiereferentin Mechthild Himmelreich empfiehlt den Käufern von Wohneigentum, die Verträge prüfen zu lassen und sich juristischen Rat zu holen. Als Mieter sei es ratsam, dass man sich im Voraus gut informiert und einen Energieausweis sowie den Namen der Energiefirma anfordert. „Damit man sich hinterher nicht ärgert“, sagt Himmelreich.

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