Die Überlebenschancen von Zooplankton in der Arktis könnten in nächster Zeit schlechter werden. Das belegt eine Studie des Bremerhavener Alfred-Wegener-Institutes, die am Montag vorgestellt worden ist. Demnach hätte der Vorgang fatale Folgen auf das ganze Ökosystem – bis hin zu Robben, Walen und Eisbären.
"Unsere Modellsimulationen zeigen aber auch, dass sich die Vertikalwanderung des Zooplanktons bei Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels wesentlich weniger verschiebt als bei einem ungebremsten Fortschreiten der Treibhausgasemissionen", teilten die Forscher mit. Deswegen sei für das arktische Ökosystem jedes Zehntel Grad weniger menschengemachte Erwärmung von entscheidender Bedeutung, hieß es weiter.

Flohkrebse wie dieser sind ein wichtiger Bestandteil des Zooplanktons.
Sonnenlicht kann tiefer in den Ozean vordringen
Wegen der zunehmenden Meereisschmelze kann das Sonnenlicht immer tiefer in den Ozean vordringen. Weil sich das Zooplankton an den Lichtverhältnissen orientiert, verändert sich dadurch auch sein Verhalten.
In Folge des Klimawandels schrumpft die durchschnittliche Fläche des arktischen Meereises um rund 13 Prozent pro Dekade. 2030 könnte der Nordpol im Sommer somit eisfrei sein, die Bedingungen für das Leben im Nordpolarmeer ändern sich dadurch drastisch. In der Folge kann das Wachstum von Mikroalgen stark ansteigen. Wie sich die veränderten Lichtbedingungen auf höhere Ebenen der Nahrungskette, wie beispielsweise das sich unter anderem von Mikroalgen ernährende Zooplankton – auswirken, war bislang noch nicht gut verstanden. Das internationale Forschungsteam vom vom Alfred-Wegener-Institut hat nun einen wichtigen Baustein für ein besseres Verständnis geliefert.
"Nachts kommt das Zooplankton nah an die Wasseroberfläche, um zu fressen. Tagsüber wandert es wieder in die Tiefe, um sich vor Fressfeinden zu schützen", erklärt Hauke Flores vom Bremerhavener Institut. In den Polargebieten sei diese Wanderung allerdings saisonal, "das heißt, dass das Zooplankton einem jahreszeitlichen Zyklus folgt". In der monatelangen Helligkeit des Polartags im Sommer bleibe das Zooplankton dauerhaft in größeren Tiefen, in der monatelangen Dunkelheit der Polarnacht im Winter komme ein Teil des Zooplanktons dauerhaft in das oberflächennahe Wasser, so Flores weiter.
Die Wanderung des Zooplanktons wird wesentlich vom Sonnenlicht bestimmt. Dabei bewegen sich die winzigen Tiere gern unterhalb einer bestimmten Lichtintensität, die meist weit im dunklen Dämmerlichtbereich liegt. Wenn sich im Laufe des Tages oder der Jahreszeiten die Sonnenlichtintensität ändert, folgt das Zooplankton dem entsprechenden Bereich, was letztlich zum Auf- und Absteigen in der Wassersäule führt. „Speziell im Bereich der oberen 20 Meter Wassersäule direkt unter dem Meereis fehlten bislang Daten zum Zooplankton“, erläutert Flores. Genau in diesem Bereich setzte das Team nun an.
Um die Messungen durchzuführen, konstruierte das Team ein autonomes Messobservatorium, das sie am Ende der Mosaic-Expedition des Forschungseisbrechers "Polarstern" im September 2020 unter dem Eis verankerten. Das Gerät konnte – fernab jeder Lichtverschmutzung durch menschliche Aktivitäten – kontinuierlich die Lichtintensität unter dem Eis und die Bewegungen des Zooplanktons messen.

Die Boje wurde zum Ende der Mosaic-Expedition im September 2020 installiert.