Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bundesgerichtshof Erfolgreiche Klage gegen Poolbau des Nachbarn

Eine Bremerin hat gegen den Bau eines Schwimmbads beim Nachbarn geklagt – mit Erfolg. Wieso der Bundesgerichtshof ihr in diesem Fall recht gegeben hat.
18.03.2023, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Erfolgreiche Klage gegen Poolbau des Nachbarn
Von Florian Schwiegershausen

Längst sollte in Bremen in einem Garten ein kleines Schwimmbad stehen, in dem das Wasser plätschert. Doch noch immer klafft in dem Garten ein Loch, die Wanne für das Schwimmbad wartet seit mehr als zwei Jahren auf den Einbau. Denn die Nachbarin klagte dagegen. Der Nachbarschaftsstreit ist bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) gegangen. Der gab der Anwohnerin am Freitag recht.

Dabei handelt es sich allerdings um einen speziellen Fall. Die Nachbarn wohnen in einem Doppelhaus, das Grundstück ist als Gemeinschaftseigentum eingetragen. Das bedeutet: Rein juristisch gilt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Wenn die eine Partei etwas baulich verändern möchte, braucht sie dafür die Billigung der anderen Partei.

Im konkreten Fall starteten die Anwohner 2020 mit den Aushubarbeiten für das Mini-Schwimmbad im Garten – es war der Sommer des ersten Pandemiejahres. Die Nachbarin, der dieser Poolbau nicht gefiel, erwirkte eine Unterlassungsklage. Die ging erst vor das Bremer Amtsgericht, dann vor das Bremer Landgericht. Es kam zur Revision, weshalb der Fall vor dem BGH in Karlsruhe landete. Vertreten wurde die Klägerin durch den Bremer Anwalt Jürgen Nazerek, der auch bei der mündlichen Verhandlung des BGH im Februar in Karlsruhe anwesend war.

BGH: Kein Poolbau ohne Beschluss

Bei der Entscheidung spielt auch das Wohnungseigentumsgesetz mit hinein, das seit Dezember 2020 in einer neuen Fassung gilt. Der BGH schrieb im Juristendeutsch, dass jede nicht durch Vereinbarung gestattete bauliche Veränderung einer Gestattung durch Beschluss bedürfe: "Hierdurch werde sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums informiert würden. Zugleich sorge der legitimierende Beschluss für Rechtssicherheit, nicht zuletzt gegenüber Rechtsnachfolgern." (Aktenzeichen: V ZR 140/22).

Tanja Wäcken, die als Anwältin die "Pool-Seite" vertritt, argumentiert jedoch: "Über Jahre haben beide Parteien im Doppelhaus so gelebt, als würde ihnen die jeweilige Seite mit dem Garten gehören. Auch wurde nie eine Eigentümerversammlung abgehalten, wie es bei Gemeinschaftseigentum normal der Fall ist." Als dann die Gegenseite mit der Unterlassungsklage kam und auf das WEG verwies, sei dies das erste Mal gewesen.

Die Lücke der Zwei-Parteien-Gemeinschaften

Inwiefern der Gesetzgeber bei der Neuordnung des WEG auch kleinste Eigentümergemeinschaften wie in diesem Fall im Auge hatte, war ein Punkt, mit dem sich die BGH-Richter auseinander setzten. Jürgen Nazarek erinnert sich an die mündliche Verhandlung im Februar in Karlsruhe und sagt: "Die Richter haben diskutiert, was man mit einer Gesetzeslücke macht, wenn es um diese zweigliedrigen, ganz kleinen Gemeinschaften geht wie in unserem Fall. Da stellten die Richter fest, dass man damit umgehen muss, der BGH sei aber nicht dafür da, jegliche Lücke zu schließen, wie es die Gegenseite gern gehabt hätte." Wenn es bei nur zwei Eigentümerparteien bei der Versammlung zu einer Pattsituation komme, müsse man dann eben nachträglich den Rechtsweg gehen.

Sascha Richter, Jurist bei Haus & Grund Bremen, sagt: "Solche Fälle mit Streitigkeiten bei Doppelhäusern auf Gemeinschaftsgrundstücken liegen mir öfter vor, als man denkt. Da geht es in einigen Fällen darum, dass einer einen Zaun ziehen will zwischen den Nutzungsflächen, der andere möchte das aber nicht." Dass es solche derart verflochtene Doppelhäuser in Bremen gibt, dafür kennt Anwalt Nazarek einen Grund: "Der Bauherr konnte in den 1970er-Jahren durch den Eintrag als Gemeinschaftsgrundstück mehr Fläche bebauen und so die Vorschriften zu seinen Gunsten nutzen." Nazarek verweist wiederum darauf, welche baulichen Veränderungen das neue WEG einfacher zulässt: "Das wären zum Beispiel Dinge, die ein Wohnhaus behindertengerechter machen – oder auch der Bau einer Ladebox für E-Autos."

"Miteinander reden"

Sein Fazit nach diesem Fall: "Besser miteinander reden und versuchen, die Dinge so zu regeln." Die Hoffnung ist im Bremer Fall noch nicht verloren, denn zumindest wohnen die beiden Streitparteien weiter nebeneinander. Tanja Wäcken, die durchaus Verständnis für die Einwände der Gegenseite zeigt, würde sich eine friedliche Einigung wünschen und gibt zu bedenken: "Bei den vielen Reihenhäusern in Bremen sollten die Besitzer genau schauen, ob ihre Fläche und die Fläche des Nachbarn nicht auch als Gemeinschaftsgrundstück eingetragen sind." Eine Nachfrage beim Grundstückskataster könne da helfen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)