Mehrere Bremer Vonovia-Mieter hatten gegen ihre Mieterhöhung geklagt, nachdem ihr Haus energetisch modernisiert worden war. Einen Teil der Kosten hatte der Wohnungskonzern auf die Miete aufgeschlagen. Den Mietern wurde erklärt, welche Arbeiten am Haus reine Instandhaltung waren und welche als energetische Modernisierung zählten – doch mit der Aufschlüsselung waren sie nicht einverstanden. Das Bremer Landgericht hatte zugunsten der Mieter geurteilt. Doch diese Urteile hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun mit seiner Entscheidung in drei Fällen kassiert (Aktenzeichen VIII ZR 337/21, VIII ZR 339/21 und VIII ZR 361/21).
Damit gehen die Fälle zurück ans Bremer Landgericht, das darüber nun erneut verhandeln muss. Der Achte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich mit den formellen Anforderungen befasst, mit denen ein Wohnungsbesitzer eine Mieterhöhung infolge einer energetischen Modernisierung anzukündigen hat. Bis Ende 2018 konnte der Vermieter bis zu elf Prozent der Kosten auf die Mieter umlegen. Seit 2019 sind es noch bis zu acht Prozent. Allerdings sollte der Wohnungsbesitzer genau trennen zwischen Instandhaltungskosten und Modernisierungskosten. Je höher der Anteil der energetischen Modernisierung ist, desto größer kann die Erhöhung ausfallen.
Aufschlüsselung nach Gewerken nicht notwendig
Nun hat der zuständige BGH-Zivilsenat entschieden, dass es zur Erfüllung der formellen Anforderungen ausreichend ist, wenn ein Vermieter die für eine bestimmte Modernisierung angefallenen Kosten als Gesamtsumme ausweist. Er kann laut den Richtern den seiner Meinung nach in den Gesamtkosten enthaltenen Instandsetzungsteil durch die Angabe einer Quote kenntlich machen. Eine Aufschlüsselung der Gesamtkosten nach einzelnen Gewerken oder anderen Bauleistungen sei hingegen grundsätzlich nicht erforderlich – auch dann nicht, wenn umfangreiche und entsprechend kostenträchtige bauliche Veränderungen oder Maßnahmen außerhalb der betroffenen Wohnung oder an mehreren Gebäuden ausgeführt wurden.
Die Aufschlüsselung nach Gewerken stellt den Knackpunkt dar. Denn die Zivilrichter des Bremer Landgerichts hatten mehrheitlich zugunsten der Vonovia-Mieter geurteilt, weil sie die Aufschlüsselung der Kosten nach einzelnen Gewerken nicht ausreichend dargelegt sahen. Laut BGH dürfen die Hürden für die Erklärung zur Mieterhöhung in formeller Hinsicht aber nicht zu hoch angesetzt werden. "Denn eine Überspannung der Anforderungen könnte dazu führen, dass der Vermieter eine inhaltlich berechtigte Mieterhöhung nicht durchsetzen könnte und ihm der Anreiz zur Durchführung von – vom Gesetzgeber ausdrücklich erwünschten – Modernisierungsmaßnahmen genommen würden", begründen die Richter in Karlsruhe. Der Mieter könne ja auch ohne all diese Informationen die Kosten für Modernisierung und Instandhaltung infrage stellen.
Vonovia zufrieden mit Urteil
Die Vonovia begrüßt das Urteil. Der Leiter der Rechtsabteilung beim Wohnungskonzern, Fabian Heß, sagte: „Wir freuen uns, dass der Bundesgerichtshof Klarheit zu den Modernisierungsabrechnungen geschaffen hat. Es steht nun fest: Die Informationen in unseren Abrechnungen genügen, damit Mieterinnen und Mieter die Abrechnung nachvollziehen können. Die bisherige Linie der Rechtsprechung wurde so fortgeschrieben und bestätigt: Die Hürden für Vermieter bei der Abrechnung von Modernisierungen dürfen nicht zu hoch sein.“ In der Tat gab es in den vergangenen Jahren unterschiedliche Rechtsauffassungen verschiedener Landgerichte, die mal zugunsten der Vonovia ausgingen und mal zugunsten der Mieter. An den Landgerichten, vor denen Vonovia verlor, strebte der Wohnungskonzern eine Revision an, um am Ende mit dem Urteil des BGH eine bundesweit einheitliche Rechtsauffassung schaffen zu können.
Der Bremer Mietrechtsanwalt Valentin Weiß ist nach der Entscheidung des BGH im ersten Moment fassungslos über diese Entscheidung. Bei zwei der drei verhandelten Fälle vor dem BGH handelt es sich um Mandanten aus seinem Anwaltsbüro. Er befürchtet, dass die Vonovia nach diesem Urteil nun machen könne, was sie wolle: "Mit all ihren Tochterfirmen, die die Vonovia hat, rechnet sie ihre Baunebenkosten intern ab, was sie auch darf, auch sehr hohe fiktive Kosten. Das führt am Ende dazu, dass der Mieter, der sich dagegen nicht auf die Hinterbeine stellt, schutzlos ist." Ein großer Wohnungsvermieter sollte kein börsennotiertes Unternehmen sein, sagte der Jurist. "Man kann sich einerseits nicht um Mieter kümmern und andererseits Aktionäre zufriedenstellen." Die Vonovia sieht es so, dass sie für ihre Mieter da sei.
Beim BGH sind noch weitere ähnliche Fälle anhängig. Alle Fälle werden nun ans Landgericht zurückgehen und neu verhandelt werden. "Es wird sich zeitlich nun noch etwas hinziehen", sagte Weiß.