Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Migrationspolitik der Bundesregierung gegen Kritik verteidigt. Auf einem Bundeskongress der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Bremen sagte Scholz am Montag: "Wenn wir wollen, dass wir das individuelle Asylrecht schützen, dann muss auch klar sein, dass diejenigen, die keine Schutzgründe vortragen können, keine Perspektive haben." Deshalb sei es wichtig, die irreguläre Migration zu reduzieren.
Junge Gewerkschafter waren während der Rede des Bundeskanzlers im Congress-Centrum aufgestanden und hatten auf Plakaten gegen die Pläne zur Verschärfung von Abschiebungen aus Deutschland protestiert. Scholz ging am Ende seiner halbstündigen Rede auf die Kritiker ein. "Wir stellen das individuelle Grundrecht auf Asyl nicht infrage", versicherte er. Auch eine reguläre Einwanderung von Arbeitskräften sei zur Aufrechterhaltung von Wirtschaft und Sozialstaat unerlässlich. "Aber wir müssen das Management der irregulären Migration besser in den Griff bekommen", betonte Scholz. "Das ist die Grundlage dafür, dass wir das aufrecht erhalten können, was wir wichtig finden: einen individuellen Schutz von denjenigen, die vor Verfolgung und Krieg fliehen müssen, und die Möglichkeit einer geordneten Zuwanderung von Arbeitskräften nach Deutschland."
"Gemeinsam Zukunft machen"
Auf ihrem Gewerkschaftstag wollen 120 Delegierte der NGG aus allen Teilen Deutschlands in dieser Woche über die Auswirkungen der steigenden Preise auf die Beschäftigten im Niedriglohnsektor beraten. Das Treffen steht unter dem Motto „Gemeinsam Zukunft machen“. Für die Stadt Bremen begrüßte Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) die Delegierten; Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hat sich für Mittwoch angekündigt. Fecker erinnerte an die Bedeutung der Ernährungsbranche für Bremen: „Die Nahrungs- und Genussmittelindustrie ist die zweitstärkste Branche im Land Bremen“, so Fecker. Namen wie Melitta, Vitakraft, Nordsee, Frosta, Mondelez und Beck’s seien in ganz Deutschland und auch international ein Begriff. Fecker würdigte außerdem die Verdienste der NGG bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 2015.
Mehr als 110 Anträge liegen den Delegierten vor, über die sie bis Freitag beraten und abstimmen wollen. Im Fokus stehen dabei nach Angaben der NGG die Auswirkungen von Krise und Inflation: Rasant steigende Preise und explodierende Mieten träfen vor allem die Beschäftigten im Niedriglohnbereich, zu denen die Gastronomie und Teile der Lebensmittelindustrie zählen.
Jeder Zweite bricht die Ausbildung ab
Nach einer Studie, die die NGG im Oktober vorstellte, hat ein Viertel der Mitarbeiter, die 2020 in der Gastronomie fest beschäftigt waren, die Branche mittlerweile verlassen. Vor allem Überstunden, ständiger Zeitdruck und die kurzfristige Einteilung der Schichten zehrten an den Kräften – das Ganze bei schlechter Bezahlung, so die NGG. Man brauche ein „Umdenken und Umlenken“, sagte der Vorsitzende Guido Zeitler. „Es ist ein fatales Signal, dass im Lebensmittelhandwerk oft mehr als 40 Prozent der Jugendlichen ihre Ausbildung abbrechen, in den Gastro-Küchen sogar jeder Zweite."
Den Arbeitgebern müsse endlich klar werden, dass es heute deutlich mehr brauche als früher, um junge Menschen zu gewinnen. Die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen müssten besser werden, um mit anderen Branchen mithalten zu können. „Hier geht es nicht nur, aber auch und gerade, ums Geld", so Zeitler. "Die Löhne müssen rauf, die Arbeitszeiten runter. Tarifverträge müssen für alle gelten.“
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