Hapag-Lloyd und Maersk wollen kooperieren. In einer gemeinsamen Erklärung kündigten die deutsche und die dänische Reederei am Mittwoch an, ab Februar nächsten Jahres im Containerliniengeschäft zusammenarbeiten zu wollen. Ziel sei es, ein "flexibles und miteinander verbundenes Servicenetzwerk mit einer branchenführenden Zuverlässigkeit" zu schaffen.
Die neue Allianz mit dem Namen "Gemini Cooperation" will 26 gemeinsame Liniendienste plus Zubringer betreiben. Der Flottenpool soll rund 290 Schiffe mit einer Kapazität von 3,4 Millionen Standardcontainern (TEU) umfassen; davon wird Maersk 60 Prozent und Hapag-Lloyd 40 Prozent zur Verfügung stellen. Beide Reedereien betreiben neben ihren Flotten eigene Terminals oder sind daran beteiligt – unter anderem in Bremerhaven, Hamburg und im Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven.
Durch die Ankündigung wird sich die Containerschiffahrtsbranche neu sortieren müssen. Hapag-Lloyd, die Nummer 5 der Branche, ist derzeit Mitglied der Reederei-Kooperation "The Alliance", zu der außerdem die Reedereien One (Japan), HMM (Südkorea) und Yang Ming (Taiwan) gehören. Diese Allianz will Hapag-Lloyd für die neue "Gemini Cooperation" im Januar 2025 verlassen. Maersk, derzeit die zweitgrößte Containerreederei, und ihr Noch-Partner MSC hatten bereits vor einem Jahr angekündigt, ihr "2M"-Konsortium zum Jahresbeginn 2025 zu beenden. Branchenprimus MSC will sein Liniennetz künftig allein betreiben.
Ziel: 90 Prozent Pünktlichkeit
Im Rahmen der Vereinbarung haben sich Maersk und Hapag-Lloyd das Ziel gesetzt, eine Fahrplan-Zuverlässigkeit von über 90 Prozent zu erreichen. Als Schlüssel gelten effiziente Abläufe beim Umschlag und damit die eigenen oder als Joint Venture betriebenen Terminals beider Reedereien: Bei Maersk sind es 59 Terminals in 31 Ländern auf allen Kontinenten. Hapag-Lloyd hat Beteiligungen an 20 Terminals in Europa, Lateinamerika, USA, Indien und Nordafrika.
Auf Kundenseite würden pünktliche Linienverkehre gewünscht, sagte Johan Sigsgaard, Chefproduktentwickler bei Maersk. Das sei mit einem guten Netzwerk umsetzbar, mögliche Partner müssten zudem eine ähnliche Denkweise haben. Das sei alles bei Hapag-Lloyd gegeben. Im Durchschnitt liege die Pünktlichkeit im Containerlinienverkehr bei 70 Prozent – die "Gemini Cooperation" wolle mit über 90 Prozent im Markt agieren. Für die Kooperation sprächen zudem die großen Ambitionen beider Reedereien hinsichtlich der Dekarbonisierung der Flotte, also die Umstellung der Schiffe auf klimaneutrale Antriebe. Keine andere Reederei könne bei diesen Zielen bislang mithalten. Maersk will bis zum Jahr 2040 Netto-Null-Emissionen erreichen und Hapag-Lloyd bis 2045.
Ob und wie sich die Kooperation auf die deutschen Seehäfen auswirkt, "das ist derzeit offen", sagte Rainer Horn, Sprecher für Maersk-Deutschland, auf Nachfrage des WESER-KURIER. Im Laufe des Jahres wollen Maersk und Hapag-Lloyd den Übergang von ihren derzeitigen Allianzen zur "Gemini Cooperation" sorgfältig planen. "Was jetzt schon klar ist, ist, dass die eigenen Terminals viel stärker als in den bisherigen Allianzen genutzt werden", so Horn.
Hamburg als Verlierer?
Einige Marktbeobachter sehen deshalb bereits Hamburg als Verlierer des Deals. Dort ist Hapag-Lloyd zwar am Terminal Altenwerder beteiligt, der jedoch für die größten Containerschiffe nur eingeschränkt erreichbar ist. Zudem hat der geplante Einstieg des Konkurrenten MSC beim Hamburger Hafenbetreiber HHLA bei Hapag-Lloyd für Verärgerung gesorgt. Davon könnte nun der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven profitieren, an dem Hapag-Lloyd als Minderheitsgesellschafter neben dem Bremer Umschlagsunternehmen Eurogate beteiligt ist.
Maersk betreibt in Bremerhaven zusammen mit Eurogate den North Sea Terminal (NTB). "Findet die Kooperation wie angekündigt statt und es gibt gemeinsame Dienste der beiden Partner mit einer Mischung der jeweiligen Schiffe innerhalb der Dienste, ist es sicher auch wahrscheinlich, dass wieder Hapag-Lloyd-Schiffe im Rahmen solcher Services Bremerhaven anlaufen", vermutet Burkhard Lemper, Geschäftsführer des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) und Professor an der Hochschule Bremen.
Eurogate will sich auf Nachfrage noch nicht zu möglichen Verschiebungen von Ladungsmengen zwischen den deutschen Häfen äußern. Beide Reedereien seien seit Jahrzehnten "gute Partner und Kunden bei uns an mehreren Eurogate-Standorten in und um Europa", so Unternehmenssprecher Steffen Leuthold.
Häfenressort begrüßt die Zusammenarbeit
Im Bremer Wirtschafts- und Häfenressort wird die Zusammenarbeit zwischen Maersk und Hapag-Lloyd begrüßt. Die Ankündigung bringe die notwendige Klarheit, nachdem die für den Standort Bremerhaven über die letzten Jahre prägende Allianz von Maersk und MSC aufgekündigt worden war, heißt es. Die Zusammenarbeit von Maersk und Hapag Lloyd stärke die bestehenden Bindungen Bremens mit der dänischen Reederei und auch mit Hapag Lloyd. "Wir setzen darauf, dass diese neue Allianz neue Impulse für die Hafenentwicklung an den Standorten Bremerhaven und Wilhelmshaven bieten wird", so Häfenstaatsrat Kai Stührenberg.
Zurzeit sind die führenden Containerschiffsreedereien zu drei großen Konsortien zusammengeschlossen. Innerhalb der Allianzen werden gemeinsame Fahrpläne aufgestellt und Schiffe gemeinsam genutzt. Für die Vermarktung der Container bleibt jede Reederei selbst zuständig, Preisabsprachen sind unzulässig. Die EU-Kommission sieht die Konsortien zunehmend kritisch – ab April müssen Reedereien dafür strengere Auflagen erfüllen.