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Künstliche Intelligenz Deutschland soll Vorreiter bei künstlicher Intelligenz werden

Ein Zusammenschluss von Unternehmen fordert, Deutschland zu einem Vorreiter in Sachen künstlicher Intelligenz machen. Ein Bremer Wissenschaftler erklärt, warum Misserfolge dabei wichtig sind.
25.06.2018, 18:58 Uhr
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Von Sebastian Krüger

Der Bundesverband künstliche Intelligenz will die Branche in Deutschland stärken, damit sie sich besser gegen internationale Konkurrenz behaupten kann. Am Montag hat der Verband dazu einen Neun-Punkte-Plan veröffentlicht – mit dem Ziel einer höheren Wettbewerbsfähigkeit.

„Die Gesellschaft reagiert mit Hype, Hysterie oder Gemeinplätzen", sagt der Vorsitzende des Verbands, Jörg Bienert. Bislang lägen Deutschland und Europa bei der strategischen Förderung der Technologie hinter anderen Wirtschaftsräumen zurück. "Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, dass auch Deutschland die entstehende Dynamik bestmöglich zu nutzen kann.“

Datenkunde ab der dritten Klasse

So fordert der Verband etwa, dass Datenkunde ab der dritten Klassenstufe zum Pflichtfach wird. Auch in den meisten Studienfächern solle Datenkunde verankert werden. Ein Forschungszentrum zur künstlichen Intelligenz (KI) mit 1000 Wissenschaftlern und moderner Ausstattung müsse eingerichtet werden, um die deutsche Forschung international zu stärken. Außerdem müsse die Zusammenarbeit zwischen KI-Start-ups und der Industrie stärker gefördert werden. Um die gesellschaftlichen Auswirkungen der Technologien einzuschätzen, sei ein deutscher Ethikrat für künstliche Intelligenzen nötig.

Im März hatten sich 24 Firmen aus der KI-Branche zum Bundesverband zusammengeschlossen. Mittlerweile ist die Mitgliederzahl auf mehr als 50 angewachsen. Bald könnte es eins mehr sein: Marc Fiedler, Gründer und Geschäftsführer des Start-ups Blackout Technologies. 2016 gegründet, erhielt es im Mai den Bremer Gründerpreis. Fiedler hält den Zusammenschluss für sinnvoll: „Ich habe eine Einladung erhalten und möchte gern Mitglied werden.“ KI-Unternehmen seien nicht gut vernetzt.

Bisher komme künstliche Intelligenz vor allem in der Wirtschaft zum Einsatz. Er wünsche sich, dass dies auch auf öffentlicher Ebene geschehe. Dazu sei jedoch ein Umdenken nötig: „Die Politik ist da sehr vorsichtig. Sie zögert, weil künstliche Intelligenzen sehr neu und unbekannt sind.“ Es gebe im deutschen KI-Bereich bisher wenig Spezialisten und Präzedenzfälle. Auch die Öffentlichkeit müsse noch über künstliche Intelligenz aufgeklärt werden. „Es ist wie mit allen Technologien: Man kann sie für Gutes einsetzen oder für Schlechtes.“ Technologien spiegelten immer die Absichten ihrer Entwickler wider.

KI-Strategie der Bundesregierung

Die Wünsche der KI-Branche scheinen in der Politik angekommen zu sein: Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich am vergangenen Sonnabend in ihrem wöchentlichen Podcast zum Thema. Dort hob sie die Bedeutung künstlicher Intelligenzen für die deutsche Wirtschaft hervor. Die Bundesregierung entwickle momentan eine Strategie zum Thema künstliche Intelligenz, die das Kabinett im Herbst verabschieden soll. Ziel sei es, gute Forscher in Deutschland zu halten. Bei allem Potenzial zur Innovation dürfe eines nicht aus dem Blickwinkel geraten: Die technologische Entwicklung solle zu keiner Konkurrenz führen zwischen Mensch und Maschine. "Die Maschinen haben dem Menschen zu dienen."

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Die USA dominieren derzeit den internationalen Markt. China hat angekündigt, bis 2025 rund 50 Milliarden Euro in die KI-Forschung zu investieren. Allein ein milliardenschwerer Technologiepark in Peking soll bis zu 400 Unternehmen aus aller Welt anlocken. Im Süden Deutschlands entsteht ebenfalls ein großer Forschungsverband, wenn auch ein paar Nummern kleiner: Im Cyber Valley arbeiten das Land Baden-Württemberg, die Universitäten Stuttgart und Tübingen sowie das Max-Planck-Institut zusammen, um einen europäischen Schwerpunkt zur KI-Forschung aufzubauen. Neben Vernetzung und Kooperation steht die Ausbildung von Fachpersonal im Vordergrund. In einer Graduiertenschule sollen in den kommenden Jahren 100 Doktoranden im KI-Bereich ausgebildet werden. Nach eigenen Angaben ist die Schule weltweit einzigartig.

Deutschland stehe im internationalen Vergleich hinter den USA, sagt Frank Kirchner, Standortsprecher des deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen. "Die Frage ist nur: Wie lange bleibt das so?" Talente wanderten in Scharen zu Google, Facebook und Apple ab, moniert er. "Die bieten Gehälter, von denen wir hier im öffentlichen Dienst nicht einmal träumen können." Die KI-Forschung in Deutschland müsse attraktiver werden, aber finanziell auch mal scheitern dürfen. Nur dann sei Innovation möglich. "Wir brauchen mehr Mut zum Risiko. Sonst ist das keine Forschung, sondern Entwicklung."

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