Seit 50 Jahren sind Sie hier in Bremen am gleichen Standort. Anscheinend haben sie vieles richtig gemacht im Gegensatz zu anderen Juwelieren.
Kim Eva Wempe: Wir sind seit der Gründung 1878 ein Familienunternehmen geblieben. Die größte Herausforderung ist ist immer die Übergabe an die nächste Generation. Als mein Vater vor 50 Jahren den Standort hier in Bremen eröffnete, damals der zweite außerhalb Hamburgs, sagte mein Großvater: Jetzt wird er übermütig. Der Punkt ist, dass eine Zeit lang zwei Generationen im Unternehmen gut miteinander auskommen müssen. Ich selbst bin als vierte Generation seit 1984 dabei und habe 2003 zum 125-jährigen Jubiläum das Geschäft vom Vater übernommen. Meine beiden Kinder studieren. Ich würde mich freuen, wenn ich das Unternehmen – wirtschaftlich gut aufgestellt – an sie übergeben kann: Voraussetzung ist natürlich, dass sie es wollen.
Konnte Ihr Vater dann loslassen?
Viele lassen los, übergeben die Anteile aber nicht. Dies hat mein Vater aber ganz anders gehandhabt und mir einen Großteil der Anteile überschrieben. Die Übergabe ist sehr strukturiert abgelaufen. Alle Expansionen finanzieren wir aus eigenen Mitteln und auch sonst läuft es ganz nach dem hanseatischen Prinzip: Es zählt das gesprochene Wort, und das erwirtschaftete Geld fließt in die Firma und nicht woanders hin.
Welche Bedeutung hat denn der Bremer Standort für Ihr Geschäft?
Nach über 50 Jahren sind wir eng mit dieser Stadt verwurzelt und haben ein profitables Geschäft aufgebaut. Wir bleiben auch hier. 95 Prozent unserer Kunden sind Stammkunden. Dies ist eine ganz andere Situation als am Standort in München, der viel internationales Publikum hat. Das Geschäft dort ist volatiler, da wir mehr vom Tourismus abhängig sind. Somit braucht jeder Standort seine individuelle Betreuung. Alle unsere Geschäftsführer werden intern ausgebildet und transportieren somit die persönlichen Werte des Unternehmens. Vielleicht haben wir daraufhin im Gegensatz zu anderen so lange durchgehalten. Viele unserer Mitbewerber gehören inzwischen irgendwelchen Finanzkonzernen wie zum Beispiel in Großbritannien.
Es gibt Pläne, die Bremer Innenstadt neu zu gestalten. Wie bewerten Sie dies?
Städte leben von einer lebendigen Innenstadt. Da Bremen einen wunderschönen historischen Stadtkern hat, warum soll ich dann in ein künstliches Stadtcenter auf die grünen Wiese gehen? Seit längerer Zeit wünschen wir uns, dass die Innenstadt zu neuem Leben erweckt wird. So haben wir zum Beispiel schön früh vom Engagement der Familie Jacobs erfahren. Für unsere Niederlassung ist es aber die falsche Lage. Wir begrüßen auch das Engagement von Herrn Zech. Wichtig ist es aber im Zuge der Baumaßnahmen zum Beispiel zu überlegen, wo die Besucher zentrumsnah parken sollen, wenn das Parkhaus abgerissen wird.
Wollten Sie jemals innerhalb Bremens umziehen?
Wie eben schon erwähnt, hatten wir einmal überlegt, 100 Meter weiter in Richtung Innenstadt zu ziehen. Aber zum einen war es für uns nicht der richtige Standort, und zum anderen ist der Umzug eines Juweliergeschäfts mit hohen Kosten verbunden, wie zum Beispiel das Sicherheitssystem oder das Sicherheitsglas. Wir bleiben auf jeden Fall der Sögestraße treu. In Bremen hatten wir in den 1980er Jahren die Idee, eine „Wempe Youngline“ ins Leben zu rufen. Aus diesem Grund haben wir damals Juwelier Grüttert gekauft und wollten unter diesem Namen an eine junge Zielgruppe Uhren und Schmuck verkaufen. Die Pläne haben wir dann aber wieder verworfen, weil der Aufbau der Marke Wempe unsere ganze Aufmerksamkeit forderte.
Was verkaufen Sie in Bremen besonders gut?
Der Bremer kauft klassisch und traditionell. Er bevorzugt dezentes Weißgold. Sehr beliebt sind blaue Farbedelsteine wie der Aquamarin oder blaue Edelsteine wie der Saphir. Es scheint so, dass Bremen näher am Wasser liegt als Hamburg. Trauringe verkaufen sich in Bremen ebenfalls gut. Der Standort liegt mittlerweile auf Platz 5 im Ranking aller 28 Wempe-Niederlassungen.
Wie sehr ist das Geschäft denn vom Goldpreis abhängig?
Der Goldpreis ist nicht entscheidend. Momentan sind eher filigrane Schmuckstücke im Trend im Gegensatz zu massiven schweren Ringen. Wenn der Ring filigraner gefertigt ist, brauchen sie dafür natürlich weniger Gold, aber der Arbeitsaufwand für die handwerkliche Fertigung ist umso höher.
Wie sehr merken Sie die konjunkturelle Lage?
Das merken wir. Im letzen Jahr hatten wir auf das gesamte Unternehmen bezogen ein Umsatzminus von zwölf Prozent. Der Grund hierfür war, dass weniger Chinesen nach Deutschland reisten. Wir haben dies aber rechtzeitig in unsere Planungen einbezogen, indem wir konservativ budgetiert haben. Es hat uns aber sehr gefreut, dass wir unseren Umsatz mit lokalen Kunden steigern konnten.
Trotz 95 Prozent Stammkunden: Wie sehr müssen Sie ein Auge auf den Internethandel haben?
Selbstverständlich behalten wir den Internet-Handel im Auge. Wir entwickeln gerade unsere eigene Strategie, die im zweiten Halbjahr 2018 greifen wird.
Mit Schmuck verkaufen Sie ja auch Emotionen. Welche Geschichten fallen Ihnen da ein?
Es gibt unendlich viele emotionale Geschichten. Zum Beispiel haben wir mit einem Kunden gemeinsam eine Schaufensterdekoration geplant, in der sich der Verlobungsring und der Heiratsantrag versteckten. Wie zufällig kam er dann mit seiner Freundin bei einem Stadtbummel an unserem Schaufenster vorbei... Einen Tipp, den ich auch gerne weitergebe: Kleine Päckchen sind verräterisch. Daher rate ich den Männern das Geschenk nach dem Matrjoschka-Prinzip zu verpacken und ein ganz großes Paket zu überreichen.
Jeder Juwelier hat doch bestimmt ein Stück in der Auslage, von dem er sich schwer trennen kann. Wie ist das bei Ihnen?
Im Jahr 2002 schrieb die Diamond Trade Company einen Wettbewerb unter dem Motto „Die Reise des Diamanten durch die Zeit“ aus. Unsere Designerin Catherine Plouchard hat für das Collier „Chronos und Cosmos by Kim“ über 1000 Diamanten verwendet, und kein Diamant gleicht in Farbe und Schliff dem anderen, fast 500 Brillanten zieren den Anhänger Cosmos. Unsere Kreation hat den ersten Preis in seiner Kategorie gewonnen. Selbstverständlich wollte ich es behalten. Da sagte mein Vater: „Du bist Händlerin, und das kommt von Handeln und nicht von Behalten.“ Ich habe es dann schweren Herzens verkauft. Doch in der Zwischenzeit konnte ich es zurückkaufen, und es befindet sich nun im Museum im Hamburger Stammhaus.