Seit 93 Jahren gibt es das Bettenfachgeschäft Betten-Vogt an der Sebaldsbrücker Heerstraße 120. Verändert hat sich seit der Geschäftsgründung 1929 nicht nur der Nachname des Geschäftsführers. Nach und nach wurden die nebenstehenden Gebäude gekauft und die Ladenfläche damit erweitert. Mittlerweile bietet Betten-Vogt nicht nur Matratzen, Bettwäsche und -bezüge an: Auch die Inneneinrichtung des Schlafzimmers – etwa Kleiderschränke – können die Kunden im Fachgeschäft bestellen.
Gegründet wurde das Unternehmen 1929 von Georg Vogt und seiner Frau Antonia. 1955 übernahm dann sein Neffe Claus Roer Senior das Geschäft. 2004 gab dieser wiederum das Geschäft in die Hände seines Sohns, Claus Roer Junior. „Mein Vater kam während des Krieges bei seinem Onkel unter. Als der Krieg vorbei war, wollte er dort nicht mehr weg“, erzählt Claus Roer Junior. „Da mein Großonkel keine Kinder hatte, übernahm mein Vater dann das Geschäft.“
Unternehmenswerte: Transparenz, Qualität und Regionalität
Bei all dem ist dem Geschäftsführer besonders wichtig: Transparenz und Qualität. „Nach der ersten Beratung schicken wir die Kunden meistens mit einem unverbindlichen Angebot nach Hause“, so Roer. „Die Kunden sollen dann überprüfen, ob sie bei uns für die Ware, die sie sich ausgesucht haben, auch den besten Preis bekommen.“ Neben der Qualität und der Transparenz spielt auch die Regionalität der zum Verkauf stehenden Ware eine wichtige Rolle bei Betten-Vogt. So stammen etwa die Daunen in den Kissen und Decken von Gänsen aus Diepholz. „Wenn Sie wissen, wo die Daune in Ihrer Decke herkommt, dann schlafen Sie besser. Das ist Psychologie“, sagt Roer.
Sorgen um die Zukunft des Geschäfts macht er sich nicht, trotz der Konkurrenz von großen Ketten und dem Online-Handel. Ganz im Gegenteil: Der Geschäftsführer schätzt die Zukunftschancen des Unternehmens als „rosig“ ein. „Die Menschen, die sich eine billige Matratze kaufen, kommen irgendwann auch in unser Geschäft, weil sie mit der Qualität nicht zufrieden sind“, meint Roer. „Eine Matratze, die für jeden geeignet ist, wie es in der Werbung versprochen wird, gibt es nicht“, sagt der Geschäftsführer. „Welche Matratze zu welchem Kunden passt, hängt schließlich von vielen Faktoren ab – wie dem Körperbau, dem Gewicht und dem Alter des Kunden.“
Kunden zeigen Solidarität in der Pandemie
Betten-Vogt hat zwar nicht unbedingt eine Stammkundschaft, dafür hält die hier zum Verkauf stehende Ware zu lange. Aber es gibt Kunden, die schon seit Generationen in Sebaldsbrück ihre Matratzen kaufen, so Roer. „Wir wollen unsere Kunden für die Ware faszinieren, denn eine Matratze ist faszinierend. Es gibt keinen anderen Konsumartikel, der so langlebig und so wichtig ist wie eine Matratze“, findet der Geschäftsführer. Dass dieses Konzept aufgeht, haben Roers Kunden in der Corona-Pandemie bewiesen. „Als unser Geschäft während der Pandemie schließen musste, haben wir Anrufe unserer Kunden bekommen, die neue Decken und Kissen bestellt haben, obwohl ihre Alten noch gut waren“, erzählt Roer. Die Solidarität der Kunden hat den Geschäftsmann sehr gerührt.
Seine Kinder hat Claus Roer, wie sein Vater vor ihm, versucht, vom Familienunternehmen fernzuhalten. „Das ist ein Job, den man seinen Kindern nicht antut“, sagt Roer – zu arbeitsintensiv, zu unflexibel. Ihn selbst hat das nicht davon abgehalten, seinen Job in einem großen Konzern an den Nagel zu hängen und ins Familiengeschäft einzusteigen. „Ich hatte damals ein Schlüsselerlebnis: Ein Kollege, der sich sein Leben lang von der Arbeit am Band bis zum Abteilungsmanager hochgearbeitet hatte, wurde aus heiterem Himmel entlassen“, erinnert sich Roer. „Grund für die Kündigung war, dass er zu alt und zu teuer war. Der Mann hat daraufhin einen Nervenzusammenbruch im Büro bekommen. Da wusste ich: So wird es mir hier auch einmal gehen.“ Roer reichte seine Kündigung ein und stand schon am nächsten Tag bei seinem Vater im Geschäft. Ob er diese Entscheidung je bereut hat? „Nein, noch keinen Tag“, sagt Roer grinsend.
Die vierte Generation wird eingelernt
Ähnlich wie Claus Roer ging es auch seinem Sohn Jacob: Nach seinem Studium und ersten Arbeitserfahrungen in einem Ingenieurbüro beschloss er, ins Familienunternehmen einzusteigen. „Ich wollte noch mal was anderes machen – mit Menschen, Waren und Zahlen“, erklärt Jacob Roer. Deshalb kündigte er seinen Job und fing 2021 – zunächst nur für das Projekt „Digitalisierung“ – an, bei Betten-Vogt zu arbeiten. „Es ist schon eine tolle Vorstellung, das Unternehmen einmal in vierter Generation zu führen, bis dahin muss ich aber noch einiges lernen“, sagt er. Dass sein Sohn einmal das Geschäft übernehmen könnte, freut Claus Roer – trotz der Arbeitslast, die auf seinen Sohn damit zukommt.