Die Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven ist stark und hat sich positiv entwickelt. Der Rest der Bundesrepublik schneidet jedoch laut Standortindex in vielen Bereichen besser ab.
Eigentlich alles gut in Bremen. Die Zahl der Jobs ist gestiegen, und auch die Exportwirtschaft sowie die Umsätze der Dienstleistungsbranche haben sich positiv entwickelt. „Die Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven ist stark“, sagte Harald Emigholz, Präses der Handelskammer Bremen, am Dienstag mit Blick auf die Entwicklung der Hansestadt im vergangenen Jahr. Und eigentlich könnten an der Weser alle ganz zufrieden sein.
Getrübt wird die Stimmung aber durch den Rest der Bundesrepublik. Denn der ist im Schnitt in vielen Bereichen besser als das kleinste Bundesland. Das zeigt unter anderem der Standortindex, den die Handelskammer Bremen entwickelt hat.
Wirtschaftliche Entwicklung des Landes
Anhand von 22 gesamtwirtschaftlichen und branchenspezifischen Indikatoren ist an ihm die wirtschaftliche Entwicklung des Landes abzulesen. In diesem Jahr ist er nach der aktuellen Berechnung von 90,2 auf 95,5 Punkte gestiegen. Das ist die gute Nachricht.
Die Schlechte: 100 Punkte entsprechen dem Bundesdurchschnitt. Besonders groß ist der Rückstand auf den Rest Deutschlands bei den Bruttoinvestitionen, den ausländischen Direktinvestitionen und den Gewerbeanmeldungen. Überdurchschnittlich gut ist Bremen dem Index zufolge beim Umsatz im Baugewerbe und bei den Insolvenzen.
Die Zahl der Pleiten habe in den vergangenen Monaten stark abgenommen. Auch die Umsätze der Industrie seien stärker gewachsen als im Rest Deutschlands. „Das Jahr ist ein sehr positives“, sagte Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer.
Prognosen für 2017
Für 2017 erwartet er ebenfalls eine steigende Wirtschaftsleistung, aber mit Einschränkungen. Das liege vor allem an den politischen Entwicklungen weltweit, die auch für die norddeutsche Wirtschaft ungewisse Zeiten brächten. Das Brexit-Votum, die politischen Unruhen in der Türkei und die Wahl Donald Trumps verunsicherten Bremer Unternehmen in ihren Erwartungen für das kommende Jahr.
Zumindest beim Ausgang der US-Präsidentschaftswahl bleibt Emigholz aber gelassen. „Für die Beziehungen zwischen US- und Bremer Unternehmen erwarte ich keine großen Veränderungen. Die Kontakte sind über Jahre gewachsen, die bricht man nicht so einfach abrupt ab“, sagt der Handelskammer-Präses.
Fonger geht davon aus, dass der von Trump angekündigte protektionistische Kurs vor allem Billiglohnländer wie China oder Mexiko treffen wird. Hoch entwickelte Maschinen und Dienstleistungen, wie sie etwa aus Deutschland kämen, würden nach wie vor benötigt.
Bundesverkehrswegeplan 2030
Zusätzliche positive Impulse verspricht sich die Handelskammer vom Bundesverkehrswegeplan 2030, der dieses Jahr beschlossen wurde. Er sieht vor, die Infrastruktur bundesweit mit knapp 270 Milliarden Euro auszubauen; für diverse Vorhaben im Land Bremen sind etwa 500 Millionen Euro eingeplant.
Dazu gehören etwa der Ausbau der Autobahn 27 zwischen dem Bremer Kreuz und der Überseestadt, die Weser-Querung der A281 sowie das Projekt „Alpha-E + Bremen“, das die bremischen Häfen besser an den Schienenverkehr anbinden soll.
„Der Wegeplan ist eine wichtige Weichenstellung für Bremen. Er ist eine große Chance und gleichzeitig ein massives Investitionsprogramm“, sagte Emigholz. Gleichzeitig warnte er davor, große Bauprojekte zu langsam anzugehen. Die Planungsphase dürfe nicht zu lange dauern.
Bauprojekte müssen zügig angegangen werden
„Unternehmen treffen eine Entscheidung für einen Standort auch aufgrund der Infrastruktur.“ Wenn über manche Projekte aber 20 Jahre gesprochen werde, ohne dass etwas passiere, könne das abschreckend wirken.
Damit bekräftigte Emigholz Befürchtungen, die auch die Industrie- und Handelskammer Nord einen Tag zuvor geäußert hat. Der Zusammenschluss der Kammer aus Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat die Sorge, dass fehlende Planungskapazitäten den Ausbau der Infrastruktur in Norddeutschland bremsen.
„Der Norden schneidet beim neuen Bundesverkehrswegeplan grundsätzlich gut ab“, sagte Fritz Horst Melsheimer, Vorsitzender der IHK Nord und Präses der Handelskammer Hamburg. Vielen Projekten fehle jedoch die Baureife. Die bereits vereinbarte Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft könne helfen. Voraussetzung sei allerdings, dass auf klare Zuständigkeiten und schlanke Verfahren geachtet werde.
„Perspektive Land Bremen 2030“
Im kommenden Jahr will die Handelskammer Bremen mit einer eigenen Initiative versuchen, die Potenziale und Herausforderungen des Landes Bremen anzugehen. Unter dem Titel „Perspektive Land Bremen 2030“ will die Kammer Handlungsempfehlungen aufstellen, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen.
Zu den größten Hürden zählten bislang die Entwicklung der Innenstadt, der Ausbau der Infrastruktur, die Verbesserung der öffentlichen Finanzen und Investitionen in Bildung und Forschung. Auch die Kosten in der öffentlichen Verwaltung seien ein Problem. Anstatt neue Leute einzustellen sei es auch ratsam, alte Prozesse durch moderne zu ersetzen. „Um das durchzusetzen“, sagte Emigholz, „braucht man aber Mut und Kraft.“