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Bremer Landesbank „Die Zahl 200 ist veraltet“

Es werden wohl mehr Stellen bei der Bremer Landesbank wegfallen, als bislang angenommen. So sagt es der Vorstandschef des Instituts dem WESER-KURIER. Was ansonsten aus dem bisherigen Vorstand wird.
04.08.2017, 19:52 Uhr
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„Die Zahl 200 ist veraltet“
Von Maren Beneke

Herr Veit, Sie sind noch nicht einmal ein Jahr im Amt. Seither mussten Sie mehrfach die Risikovorsorge der Bremer Landesbank (BLB) erhöhen. Das Institut hat nicht nur seine Eigenständigkeit verloren, sondern wird Ende des Monats voll mit der NordLB fusioniert. Hätten Sie zu Ihrem Start im vergangenen November gedacht, dass die Entwicklung so rasant voranschreiten wird?

Christian Veit: Probleme, die grundsätzlich mit dem zu großen Schiffsportfolio und der langen Krise zusammenhängen, habe ich erwartet. Und mir war auch klar, dass perspektivisch kein Weg an einer Fusion vorbeiführt. Denn wenn man sich die Geschäftsmodelle der Bremer Landesbank und der NordLB anschaut, kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass es neben der gezielten Spezialisierung in weiten Teilen Überschneidungen gibt. Es macht zum Beispiel keinen Sinn bei zwei mittelgroßen Banken, die weniger als 150 Kilometer voneinander entfernt sind, doppelt Kosten für die Regulatorik zu zahlen. Durch die Fusion sparen wir an dieser Stelle Geld, das wir dann wiederum in die Produkte und den Service für unsere Kunden investieren können.

Die Fusion wurde im April angekündigt und ist nun innerhalb weniger Monate schon vollzogen. Warum musste alles so schnell gehen?

Die Risiken im Schiffsportfolio waren zu hoch. Ich habe ganz am Anfang tatsächlich nicht erwartet, dass die Fusion noch in diesem Jahr vollzogen wird. Es hat aber auch nicht allzu lange gedauert, bis ich mir habe ausmalen können, dass es so kommen könnte. Deswegen habe ich den Mitarbeitern im Dezember schon gesagt, dass sie sich auf dieses Szenario einstellen müssen. Wir sind auf dem Kurs, die Fusion zum Ende dieses Monats zu ermöglichen.

Sprechen wir über die Ursache all der Probleme: das Schiffsgeschäft. Wie hat es sich im ersten Halbjahr entwickelt?

Wir haben das Portfolio weiter reduziert: Ende 2016 waren es 575 Schiffsfinanzierungen, insgesamt haben wir im vergangenen Jahr 73 Finanzierungen abgebaut. Im ersten Halbjahr 2017 waren es weitere 41 Finanzierungen, sodass wir nun noch etwas mehr als 500 Schiffsfinanzierungen im Bestand haben.

Auch bei der NordLB gibt es jede Menge faule Schiffskredite. Glauben Sie, dass es auf Dauer ohne Bad Bank geht?

Im Konzern gibt es keine Initiativen in Richtung Bad Bank. Es ist richtig, dass das Schiffsportfolio von NordLB und BLB ein wesentlicher Belastungsfaktor für die Eigenkapitalquote ist. Aber der Konzern ist stark aufgestellt und kann es aus eigener Kraft schaffen. Das war bei der Bremer Landesbank leider nicht der Fall.

Nachdem immer wieder spekuliert wurde, dass sich die Märkte erholen könnten: Wie sehen Sie den Markt aktuell?

In einzelnen Subsegmenten gab es positive Entwicklungen, aber eben längst nicht über alle Bereiche hinweg. Unterm Strich sehen wir kurzfristig keine nachhaltige Erholung und halten deswegen an der Strategie der konsequenten Reduzierung und Optimierung unseres Schiffsfinanzierungsportfolios fest.

Wie sind die ersten sechs Monate in den anderen Geschäftsbereichen gelaufen?

Mal abgesehen von den Schiffen laufen unsere Geschäftsbereiche sehr gut. Im Leasing-Bereich sind wir Marktführer und es gab 400 Millionen Euro Neugeschäft. Bei den Spezialfinanzierungen haben wir 700 Millionen Euro neu dazugewonnen. In den Segmenten Ernährungswirtschaft und Agrar waren es 100 Millionen Euro. Und im Firmenkundenkreditgeschäft kamen noch einmal 600 Millionen Euro neu dazu. Aktuell sind die Margen sehr unter Druck, weil alle Banken den Mittelstand umwerben und die Kapitalausstattung der weiteren Firmen gut ist.

Ist der Zusammenschluss mit der NordLB ein Bremsklotz für das Neugeschäft?

Unternehmenskunden wissen, was erfolgreiche Restrukturierungsprozesse in Unternehmen bedeuten und dass diese oft die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Anders ist das bei Privatkunden. Dort sind die Kunden durch die Nachrichtenlage verunsichert gewesen und wir haben hier einen erhöhten Beratungsbedarf gehabt.

Wie viele Kunden haben Sie verloren?

Unsere Kunden haben uns überwiegend die Treue gehalten. Aber das Wachstum im Private Banking war im Gegensatz zum Firmenkundengeschäft nicht so, wie es hätte sein können.

Vor gut vier Monaten hieß es, Bremen würde das Privat- und Firmenkundengeschäft Nordwest steuern und als Kompetenzzentrum innerhalb des NordLB-Konzerns die Bereiche Leasing, Erneuerbare Energien und Agrar verantworten. Bleibt es dabei?

Das hat sich im Wesentlichen so bestätigt. Wenn wir von Erneuerbaren Energien sprechen, dann von Onshore-Windenergie, hier bundesweit. Im Moment konkretisieren wir diese Aufgaben. Dass wir auch in Zukunft in der Region verankert sein werden, zeigt sich auch darin, dass es wieder einen Regionalbeirat geben wird mit Vertretern aus der Kundschaft, Wirtschaft, Politik und Verbänden, die das Management beraten.

Seit dem Verkauf an die NordLB steht fest: Bei der Bremer Landesbank werden Stellen abgebaut. Zuletzt war immer wieder von 200 Jobs die Rede. Wie viele werden es denn nun wirklich werden?

Erst einmal: Bremen und Oldenburg sind als Standorte gesetzt. Aber der Personalabbau muss sein und wird so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden. Die Zahl 200 ist eine Schätzung aus dem vergangenen Jahr. Sie ist heute nicht nur veraltet, sondern aus meiner Sicht wohl zu niedrig. Wie hoch der Stellenabbau in Bremen und Oldenburg sein wird, das steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. NordLB, BLB und die Personalvertreter beider Häuser verhandeln derzeit eine Zukunftssicherungsvereinbarung.

Mit der Fusion erlöschen unter anderem die Funktionen der vier BLB-Vorstände nach dem Kreditwesengesetz. Wer ist im September noch an Bord und in welcher Funktion?

In einer Restrukturierungsphase, wie die Bremer Landesbank sie gerade erlebt, ist das Erfordernis, sich zu verändern, in der Spitze am größten. Das betrifft sowohl den Vorstand als auch die darunter liegenden Führungsebenen, weil wir Doppelaufgaben streichen und Strukturen und Prozesse verschlanken. Das war uns allen klar. Und es unterstreicht sehr deutlich das Erfordernis, dass Führungskräfte bereit sein müssen, auch neue Aufgaben zu übernehmen. Klar ist aber auch: Nach der Fusion wird die Bremer Landesbank keinen Vorstand im Sinne des Kreditwesengesetzes mehr haben. Konkret bedeutet das: Andreas Hähndel wird den Bereich Schiffsportfolio-Optimierung zukünftig mit Dienstsitz in Hannover leiten; Björn Nullmeyer geht als Niederlassungsleiter der NordLB-Niederlassung nach Singapur und wird für die Region die Brücke nach Asien bauen; Guido Brune verlässt die Bank trotz eines guten Angebots aus eigenen Stücken, betreut aber auch in Zukunft einige Mandate für uns.

Das heißt, Sie bleiben allein auf weiter Flur.

Ich werde zukünftig Regionalvorstand BLB sein und bin damit Ansprechpartner in der Region. Meine zweite Aufgabe wird sein, das Geschäft der NordLB mit den mehr als 80 Sparkassen in Norddeutschland zu verantworten.

Fühlen Sie sich als Nennvorstand damit nun nicht runtergestuft?

Nein, überhaupt nicht. Es ist extrem wichtig, dass man an dem, was man tut, Freude hat. Ich persönlich brauche Gestaltungsspielraum, und den werde ich auch haben.

Was glauben Sie: Wie lange wird der Name BLB wirklich noch Bestand haben?

Daran wird sich bis auf Weiteres nichts ändern.

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Zur Person

Christian Veit hat, bevor er im November als Vorstandsvorsitzender zur Bremer Landesbank kam, knapp 20 Jahre für die NordLB gearbeitet – zuletzt als Vorstandschef bei der Luxembourg S.A. Covered Bond Bank. Der Familienvater und gebürtige Saarländer wird die BLB künftig als Regionalvorstand führen.
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