Alle reden von der Digitalisierung, doch was bedeutet das konkret für Unternehmen, und was haben sie davon? Zuerst bedeutet es Geldsummen, die man so bisher noch nicht in die Technik gesteckt hat. So ist es auch beim Bremer Logistikunternehmen Brelog gewesen, doch nun trägt es offenbar erste Früchte – auch wenn es darum geht, neue Beschäftigte zu finden.
Die Geschäftsführenden Gesellschafter Thorsten Dornia und Arne Luecken können bei der Entwicklung ihres Unternehmens in den vergangenen Jahren auf eine positive Bilanz blicken. Das Unternehmen hat nun etwas mehr als 40 Beschäftigte, im kommenden Jahr wollen sie vom Tiefer in der Bremer Altstadt auf die andere Seite der Weser ins Tabakquartier umziehen, um dort mehr Platz zu haben.
Borkenkäfer-Holz von Deutschland nach China
Das Unternehmen hat verschiedene Spezialfelder: Über ihren Transport von Borkenkäfer-Holz aus deutschen Wäldern nach China berichtete sogar die Deutsche Welle, nachdem der WESER-KURIER darüber geschrieben hatte. Doch trotz des eigenen Wachstums gilt es, mit den Großen der Branche mitzuhalten. Und so begann Brelog vor eineinhalb Jahren, massiv in die Digitalisierung zu investieren. „Wir haben dabei unser Budget verdoppelt“, sagt Thorsten Dornia, der auch Vorstandsmitglied im Verein Bremer Spediteure ist.
Dabei haben sie in Programme und in Web-Lösungen investiert, die es jedem Mitarbeiter möglich machen, von jedem Ort mit Internetanschluss aus arbeiten zu können. Für diesen Schritt gebe es zwei wichtige Gründe. Auf der einen Seite verlangen die Kunden danach: „Sie wollen heutzutage jederzeit per „track and trace“ informiert sein, wo sich ihre Ware befindet“, sagt Arne Luecken. Dornia sieht inzwischen einen anderen Vorteil, der sich bereits auszahlt: „Wir haben jetzt zwei neue Mitarbeiter, die aus der Nähe von Hamburg arbeiten und eigentlich gar nicht bei uns hier im Büro.“
Vollbeschäftigung in der Bremer Logistik
Das spiegelt die allgemeine Situation der Branche wider. Nicht nur in Bremen herrscht hier seit mehr als einem Jahr Vollbeschäftigung: Die Suche nach Mitarbeitern ist schwierig. Nur wer digital gut aufgestellt ist, sei für künftige Beschäftigte interessant, ist sich Dornia sicher: „Erst recht die Jüngeren erwarten für die Arbeit ein Notebook oder iPad.“ Er nennt ein konkretes Beispiel für die digitalen Vorteile: „Wer die Frachtrate für einen Container braucht, kann das einzeln bei jeder Reederei über deren Web-Plattformen abfragen. Dafür braucht man etwa 30 Minuten. Wir greifen nun auf eine Plattform zu für all diese Plattformen. Die fragt wie eine Art Metasuchmaschine die Raten ab und listet die sofort auf.“
Mit den Investitionen in neue digitale Lösungen ist Brelog auch weg von stationären Lösungen nur für das Büro. Bei der Finanzierung konnte die Firma auch auf Fördermittel des Bremer Mittelstandsprogramms „Restart“ zugreifen. „Anfang Januar hatten wir den Kontakt zur Bremer Aufbau-Bank, nach nur vier Tagen wurde uns der Förderantrag bewilligt“, berichtet der Brelog-Geschäftsführer und lobt ausdrücklich das schnelle Miteinander. Bis Mai konnten Bremer Unternehmen Anträge für diesen Fördertopf stellen, der speziell dafür gedacht war, Betriebe digitaler zu machen.
Logistik bei der Digitalisierung führend
Die Logistikbranche ist bei der Digitalisierung führend. Das zeigt der Digitalisierungsindex, den die Deutsche Telekom zusammen mit dem Analystenhaus Techconsult seit sechs Jahren erhebt. Der Indexwert sank zwar verglichen zum Vorjahr um einen Punkt, mit 65 von 100 möglichen Punkten liegt er aber deutlich über dem branchenübergreifenden Durchschnitt von 59 Punkten. Thomas Spreitzer, Telekom-Vertriebschef für die Geschäftskunden, sagt: „87 Prozent der Unternehmen in der Logistikbranche wollen auch künftig in ihre Digitalisierung investieren. Die Anforderung, immer schneller reagieren zu müssen bei gleichzeitig steigender Komplexität - sei es durch Covid-19-Lockdowns, Containerstaus oder verändertes Kaufverhalten - machen die Digitalisierung notwendiger denn je."
Bei Brelog ist zu beobachten, dass den jüngeren Kollegen, die digital aufgewachsen sind, die Technikoffensive leichter fällt als den älteren. Die Brelog-Geschäftsführer stellen fest: „Da helfen die Jüngeren den Älteren im Alltag.“ Und die Logistiker merken: Trotz der digitalen Möglichkeiten sind die Mitarbeiter weiterhin gern im Büro.
"Derzeitige Lieferketten analog kaum zu bewerkstelligen"
Thorsten Dornia ist aus heutiger Sicht froh über die Investitionen in die Digitalisierung. Bei den immer noch durcheinandergeratenen Lieferketten profitiere das Unternehmen: „Analog von Hand ließe sich das doch kaum bewerkstelligen.“ Und auch aus einem weiteren Blickwinkel sollten die Logistikunternehmen in ihre Digitalisierung investieren: „Ich war vergangene Woche bei der Eröffnung von Bremens neuer Berufsschule für den Groß- und Außenhandel dabei. Dort werden die jungen Leute ab jetzt mit neuester Technik ausgebildet. Diesen Technikschritt müssen nun auch die Betriebe machen, um mithalten zu können.“
Dornia gefällt die Idee, dass an der neuen Berufsschule vielleicht auch ältere Beschäftigte Fortbildungen machen können, um sich mit digitalen Lösungen vertrauter zu machen: „Ich würde mich freuen, wenn sie dafür irgendwann nicht mehr nach Hamburg fahren müssen.“