Auf Deutschlands Seeschiffwerften droht wegen der Corona-Krise der Verlust Tausender Jobs und möglicherweise sogar die Zerschlagung der ganzen Branche. Das befürchtet die IG Metall Küste. Bezirksleiter Daniel Friedrich sagte am Freitag: „Nach den Ankündigungen der Unternehmen sehen wir mehr als ein Drittel der 18.000 Arbeitsplätze auf den deutschen Werften als akut gefährdet an.“ Friedrich sieht dies als realistische Annahme. Grundlage dafür ist die diesjährige Schiffbauumfrage unter den Betriebsräten der betroffenen Unternehmen. Werde nicht gegengesteuert, sehe er die Gefahr, dass es die Branche Schiffbau in ein paar Jahren gar nicht mehr gebe, „sondern dass wir nur noch punktuell über Schiffbau im Norden reden können“.
Friedrich forderte die Politik in Bund und Ländern sowie die Unternehmen zum schnellen und entschlossenen Handeln auf. Es gehe jetzt darum, die Strukturen zu sichern und dafür schnell Geld aus den Hilfsprogrammen der Bundesregierung bereitzustellen – sie müsse zudem die angekündigten Aufträge für die Marine zügig vergeben. „Briefe und Papiere, etwa zur Schlüsseltechnologie Marineschiffbau, sind genug geschrieben.“ Von den Arbeitgebern verlangte er, nicht nur über angeblich zu hohe Kosten zu reden, sondern über die Qualität im Schiffbau: „Wir müssen besser und nicht billiger sein, um uns auf dem Weltmarkt durchzusetzen.“
In der Umfrage geht rund die Hälfte der Befragten in allen 39 deutschen Seeschiffwerften davon aus, dass in ihren Unternehmen in den nächsten Monaten weitere Arbeitsplätze abgebaut werden. Neue Aufträge gebe es so gut wie keine. Insbesondere im Passagier- und Spezialschiffbau seien die Prognosen düster. Der Markt bei Kreuzfahrtschiffen ist laut Studienleiter Thorsten Ludwig von der Agentur für Struktur- und Personalentwicklung total eingebrochen. Entsprechend prognostizierten die Betriebsräte von knapp einem Drittel aller Werften eine sich verschlechternde Auftragslage. „Zentral ist dabei, in diesen 30 Prozent Werften arbeiten über 50 Prozent aller Beschäftigten im deutschen Schiffbau“, sagte Ludwig - und fügte an: So skeptisch seien die Betriebsräte in den vergangenen 15, 20 Jahren noch nie gewesen.
Rund 7500 Beschäftigte seien derzeit in Kurzarbeit. Das sei der höchste jemals gemessene Wert. Gleichzeitig seien die Leiharbeit und die Zahl der Werksverträge gestiegen. „Es ist für manche offensichtlich günstiger, Stammbeschäftigte in Kurzarbeit zu setzen und Leiharbeit einzusetzen“, sagte Ludwig. Nur in den Reparaturwerften seien alle an Bord, fügt er an: „Alle Reeder, die ihre Schiffe nicht auslasten und fahren lassen können, machen jetzt 'waschen, legen, föhnen'“. Allerdings werde da nur das Nötigste gemacht.