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Elektroautos Geringe Wartung, aber höhere Reparaturkosten

Laut einer Studie ist in der Vollkasko-Versicherung der durchschnittliche Schadenaufwand bei reinen Elektroautos um zehn Prozent höher als bei herkömmlichen Autos. Das liegt vor allem an Hersteller-Vorgaben.
02.11.2021, 06:21 Uhr
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Geringe Wartung, aber höhere Reparaturkosten
Von Peter Hanuschke

In Glasgow verhandeln 197 Nationen auf der UN-Klimakonferenz über weitere Schritte zum Pariser Klimaschutzabkommens von 2015. Auch ein „COP26 Transport Day“, der sich um Verkehrspolitik dreht, ist in der kommenden Woche geplant. Laut der Non-Profit-Organisation ICCT (International Council on Clean Transportation) sind Batterieautos erheblich klimaschonender als Benzin- und Dieselfahrzeuge. Die Emissionen in der Kompaktklasse lägen 66 bis 69 Prozent niedriger als für neue Verbrenner. Mit Ökostrom verbessere sich die Bilanz weiter.

Elektroautos benötigen wesentlich weniger Wartung als Benziner, müssen sie aber nach einem Unfall repariert werden, wird es teurer: Laut einer Studie des Allianz Zentrums für Technik (AZT) liegt in der Vollkasko-Versicherung der durchschnittliche Schadenaufwand bei reinen Elektroautos um zehn Prozent höher als bei herkömmlichen Autos, bei Plugin-Hybriden um 50 Prozent. Nach Kollisionen falllen die Reparaturkosten reiner Elektroautos etwa 30 Prozent höher aus, hat das AZT ermittelt.

„Reparaturen für E-Autos mögen vielleicht teurer sein, aber deshalb verdienen wir nicht mehr Geld“, sagt Karl-Heinz Bley, der Präsident des Kfz-Landesverbandes Niedersachsen-Bremen. Ohnehin werde es schwierig für Werkstätten, künftig mit Elektrofahrzeugen ausreichend Geld zu verdienen, weil E-Autos weniger Wartung benötigten. „Wir werden auf jeden Fall mehr Kosten haben.“

Auch wenn die absoluten Zahlen der E-Autos im Vergleich zum Pkw-Gesamtbestand sehr gering seien, „müssen wir uns als Branche auf Elektromobilität vorbereiten“, so Bley. „Wir sind in Bremen und Niedersachsen gut aufgestellt, was beispielsweise Fortbildungsangebote für Kfz-Mechaniker angeht. Doch wir können nur hoffen, dass die Politik den Markt für Verbrennungsmotoren noch ein bisschen länger offenlässt und uns dadurch den Übergang zur Elektromobilität finanziell möglich macht.“ Zudem hat Bley die Hoffnung, dass die Vorgaben der Hersteller für die Reparatur von E-Autos in den nächsten Jahren gesenkt werden. „Für den Austausch einer Batterie sind laut Vorgaben bei einigen Herstellern drei Hebebühnen notwendig.“ Das könne sich ein Kleinbetrieb gar nicht leisten. „Ich wünsche mir, dass defekte Batterien künftig repariert werden dürfen.“ Das sei auch viel ressourcenschonender.

Auch wenn die Anzahl der Pkw mit ausschließlich elektrischer Energiequelle in Deutschland noch weit von der Eine-Millionen-Marke entfernt ist, hat die Versicherungswirtschaft die Elektromobilität im Blick. Die Zahl der zugelassenen Elektroautos betrug am 1. Juli laut Statistikportal Statista 439.000. Der Pkw-Gesamtbestand liegt bei etwa 48 Millionen Fahrzeugen.

„Die Zulassungen von E-Autos werden weiter steigen, das Nutzungsverhalten wird sich sicherlich ändern, und das führt zu mehr gefahrenen Kilometern mit E-Autos“, sagte Christian Weishuber, Sprecher des Allianz Zentrums für Technik (AZT). „Diese Entwicklungen werden wir berücksichtigen müssen.“ Die Studie des AZT, die kürzlich vorgestellt wurde, diene aber vor allem auch dazu, „dass die Hersteller reagieren und mit dazu beitragen, dass Reparaturkosten in den nächsten Jahren geringer ausfallen“.

Wie der Pkw repariert werden müsse sei in den meisten Fällen durch Herstellervorgaben geregelt, so Weishuber. Sie müssten vereinfacht beziehungsweise müsse die Technik weiterentwickelt werden. Laut Studie kommt es beispielsweise schnell zum wirtschaftlichen Totalschaden, wenn die Vorgaben des Herstellers zwingend vorsehen, dass die Batterie nach Airbag-Auslösung entsorgt werden muss. Es müsse möglich werden, dass die Batterie künftig repariert werden könne, um einen teuren Komplett-Austausch zu vermeiden. Laut „Auto Bild“ macht der Akku eines Elektroautos etwa ein Drittel des Fahrzeugwerts aus.

Noch sei die Schadenfrequenz im Vergleich zu herkömmlichen Autos geringer, weil das E-Auto häufiger als Zweitwagen genutzt werde und weniger Laufleistung habe, so der Versicherungsexperte. Deshalb seien die Beiträge in der Vollkasko fast auf dem Niveau wie bei anderen Autos. Ziel sei es, dass das dies so bleibe – auch bei zunehmender E-Auto-Nutzung.

Zur Sache

Der Fahrradclub ADFC fordert in einem offenen Brief an die Regierungen auf der Weltklimakonferenz gemeinsam mit seinem europäischen Dachverband European Cyclists’ Federation (ECF) sowie mehr als 60 internationalen Organisationen eine erhebliche Steigerung des Radfahrens als zentrale Strategie zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels im Verkehrssektor. Das Fahrrad sei zehnmal wichtiger für das Erreichen der Klimaziele als das E-Auto, so ADFC und ECF. Die Radverkehrsverbände kritisieren, dass beim „COP26 Transport Day“ am 10. November ausschließlich auf die Elektrifizierung von Kraftfahrzeugen als Lösung für die Klimakrise fokussiert wird.

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