Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Was macht eigentlich? Dieter Ammer Der Mann, der Beck's verkaufte

Die Branche staunte nicht schlecht, als 2001 der Beck's-Chef Dieter Ammer die Brauerei für 3,5 Milliarden Mark verkaufte. Wie er sich heute bei Start-ups und mit seiner Familienstiftung engagiert.
18.01.2022, 17:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Der Mann, der Beck's verkaufte
Von Florian Schwiegershausen

Der Verkauf der Beck’s-Brauerei im Jahr 2001 an das damals belgische Unternehmen Interbrew ist verbunden mit dem Namen Dieter Ammer. Er war damals der Vorstandsvorsitzende beim Bremer Traditionsunternehmen und brachte den Handel über die Bühne. 

Damals war Ammer 51 Jahre alt. Jetzt, mit 71 Jahren, ist er immer noch aktiv und denkt nicht an Ruhestand. Ammer lebt zusammen mit seiner Frau in Hamburg und betreibt das Unternehmen Ammer Partners. Seine Frau kümmert sich um die Ammer-Stiftung, die verschieden Projekte fördert. Sie sei es auch, die sagt, dass sich Ammer langsam etwas zurückziehen sollte. „Doch es macht mir einfach Spaß“, sagt er.

Ein Start-up mit Waschmittel in Pfandflaschen

Ammer Partners, gegründet 2006, ist an mehreren Unternehmen beteiligt – darunter auch einige Start-ups. „Da haben wir Sea Me. Sie sind die einzigen, die Kosmetika und Waschmittel im Pfandsystem verkaufen. Wenn die Flaschen leer sind, können sie die in jeden Pfandautomaten stecken, damit sie zurück zum Unternehmen kommen.“ Bei solchen Unternehmensgründungen steht er mit Rat und Tat zur Seite. Bei anderen Unternehmen beteiligte er sich, um sie weiter zu entwickeln und später zu verkaufen. Als Beispiel nennt er eine Bauüberwachungsfirma.

Ein anderes Unternehmen, an dem Ammer beteiligt ist, ist Meevo in Hamburg. Das Sanitätshaus geht viele Themen digital an. „Die Einlegesohlen für Schuhe werden digital vermessen und können anschließend bestellt werden“, erläutert der 71-Jährige. Bandagen und andere Artikel sollen hinzukommen.

Bilder und Fotos aus Bremen an der Binnenalster

Bei Gratenau & Hesselbacher, einem Papier- und Holzdienstleister in Laufweite zur Binnenalster, hat er sein Büro. Das Unternehmen ist  1871 in Bremen gegründet worden. „Das ist das gleiche Jahr, in dem auch Beck’s gegründet wurde“, stellt er fest. Die Bilder an der Wand des Konferenzraums erinnern an die Weser. Da hängt die Seite aus den Bremer Nachrichten von 1871, in der die Unternehmensgründung bekannt gegeben wurde. Außerdem gibt es dort ein Bild vom Firmensitz an der Schlachte.

Spätestens durch den Verkauf von Beck’s geriet Ammer in den Fokus der nationalen und weltweiten Medien. Das Handelsblatt bezeichnete ihn als „Sturkopf“. Er selbst würde sich ehr als „kantig“ bezeichnen. Im Wirtschaftsleben könne eben nicht immer alles geschmeidig zugehen.

Mit der Kritik am Verkauf von Beck’s könne er umgehen und sieht ihn aus heutiger Sicht als richtigen Weg. „Damals war zum Beispiel Italien ein wichtiger Markt. Doch Heineken kaufte alle unsere Distributeure. Die teilten uns dann mit, dass sie in Zukunft unser Bier nicht mehr vertreiben können.“ Beck & Co hätte damals also gehörig Geld in die Hand nehmen müssen, um seine Märkte zu sichern und auszubauen. Das Geld dafür hätte von den Besitzern kommen müssen oder von einem Börsengang. „Man hätte zum Beispiel 25 Prozent des Unternehmens an die Börse bringen müssen.“ Das hätte aber die Zustimmung aller Besitzer benötigt, und die gab es nicht. Also blieb der Verkauf. Alle in der Branche staunten über die 3,5 Milliarden Mark (umgerechnet knapp 1,8 Milliarden Euro), die Interbrew damals zahlte. 

Was ihn bei Tchibo erwartete

Danach ging Ammer nach Hamburg und wurde Chef von Tchibo. Hier ging es darum, dass die Tchibo-Besitzerfamilie Herz die Mehrheit des Hamburger Kosmetikherstellers Beiersdorf mit seiner Weltmarke Nivea übernehmen wollte – der Versicherungskonzern Allianz wollte seine 40 Prozent verkaufen. Das US-Unternehmen Procter & Gamble hatte ein Angebot angegeben. Doch die Familie Herz und die Politiker an der Elbe waren eher an einer Hamburger Lösung interessiert. Die Übernahme gelang und so blieb Nivea hamburgisch.

Conergy und die Strafanzeige

Ammers nächste Station führte ihn als Vorstandsvorsitzenden zum Solarunternehmen Conergy. Im Rückblick bezeichnet er diese Tätigkeit als die wohl schwierigste Zeit seines Berufslebens. Bei dem Unternehmen war Ammer zuvor im Aufsichtsrat. Als es 2005 in Schieflage geriet, wurde der Vorstand entlassen. Ammer wechselte 2007 vom Aufsichtsrat in den Vorstand. 

2013 ging das Unternehmen wie weitere große Player der damaligen deutschen Solarindustrie in die Insolvenz, Ammer wurde wegen Bilanzfälschung angezeigt – bezogen auf eine Zeit, in der er Aufsichtsrat war. Das Verfahren zog sich über sieben Jahre hin. „Das geht zum einen an die Substanz, zum anderen sortieren sich in so einer Zeit auch die Freunde ein wenig“, berichtet er im Rückblick. „Am Ende war es die Staatsanwaltschaft selbst, die das Verfahren einstellte.“ 

Schließlich fokussierte sich der 71-Jährige auf Ammer Partners mit Beteiligungen an Start-ups. „Von den Start-ups haben nicht alle geklappt, wie das so ist, wenn man sich mit jungen Unternehmen beschäftigt. Doch die Mehrheit hat geklappt, und einige auch richtig gut.“ 

Leidenschaft für das Wasser

Und dann bleibt Ammers Leidenschaft für das Segeln. Das Boot, mit dem es auch durch die Karibik ging, hat er verkauft: „Nun habe ich ein kleineres Boot mit Motor, weil es mich auch weiterhin auf das Wasser zieht.“ Damit geht es nun auf kleinere, nicht mehr so weite Touren. Und beim Thema Segeln geht es doch irgendwie wieder zurück auf das Thema „Beck’s“. Denn wenn Beck’s für sein Bier mit einem Schiff mit grünen Segeln wirbt, jetzt ist es die "Alexander von Humboldt II", sagt Ammer: „Semper idem“. Den Ausspruch, der von Cicero stammt, könnte man umgangssprachlich mit „Schuster, bleib‘ bei deinen Leisten“ übersetzen. Egal, auf welchem Feld, ist Ammer der Ansicht, dass man bei Markenprodukten nicht viel ändern sollte. 

Zur Sache

Die Projekte von Ammers Familienstiftung

Die Familienstiftung, die von Dieter Ammers Frau, mit der er seit 43 Jahren verheiratet ist, und ihren drei Kindern geführt wird, unterstützt vor allem Projekte in Afrika. „Es geht dabei um Hilfe zur Selbsthilfe. Da ist zum Beispiel in Addis Abeba ein Projekt, das von der Bucerius Law School gegründet wurde. Da werden Waisenmädchen in einem Zwei-Jahres-Programm zu internationalen Sekretärinnen ausgebildet.“ 

In einem weiteren Projekt werden Waisenmädchen für die Hotellerie und den Tourismus ausgebildet. Hier engagiert sich die Familie länger, sonst gibt die Stiftung gern den Anschub für ein Projekt, will aber nicht dauerhaft dabei sein. Bei den unterstützten Projekten in Deutschland geht es meist um die Integration von jungen Menschen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)