Zinsen unter einem Prozent, das gab es noch nie im Euroland. Nicht zum ersten Mal sehen sich Europas Währungshüter zu extremen Maßnahmen gezwungen. Den kriselnden Südländern kommt das entgegen, doch es gibt auch Bedenken. Fragen und Antworten zum Thema.
Wem nutzen niedrige Zinsen?
Spanien und Italien dürfte die Zinssenkung Luft verschaffen. Die Wirtschaft in beiden Ländern liegt am Boden, beide Staaten müssen trotz aller Hilfen für frisches Geld am Kapitalmarkt hohe Zinsen zahlen. Etlichen spanischen Banken droht ohne Rettungsmilliarden das Aus. Die Hoffnung der Währungshüter ist, dass das billige Geld auch bei Unternehmen und Verbrauchern ankommt: Sinkende Zinsen verbilligen tendenziell Kredite. Unternehmen können dann mehr investieren, Verbraucher mehr kaufen. Beides kann die Konjunktur ankurbeln.
Bekomme ich bald weniger Zinsen auf dem Sparbuch?
Zinssenkungen werden in der Regel schnell an die Kunden weitergereicht – erfahrungsgemäß vor allem bei Angeboten wie Tages- und Festgeld. Anleger müssen also mit sinkenden Sparzinsen rechnen. Allerdings ist der Wettbewerb um Privatkunden sehr groß, gerade in Zeiten strengerer Kapitalvorschriften können es sich Banken nicht leisten, ihre stabile Privatkundschaft zu vergraulen. Gleichzeitig dürften Kredite noch billiger werden.
Wem schaden niedrige Zinsen?
Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon warnt, Steuermilliarden und billiges EZB-Geld drohten den Bankenwettbewerb in Europa zu verzerren. Es müsse viel stärker kontrolliert werden, ob Institute mit den Hilfsgeldern nicht Lockvogelangebote finanzieren – und damit zum Beispiel den deutschen Instituten auf ihrem Heimatmarkt die Kunden abjagen.
Welche Mittel gegen die Krise hat die EZB noch im Köcher?
Die Notenbank könnte wieder Anleihen klammer Staaten kaufen. Damit könnte sie vor allem Spanien und Italien helfen. Zu den Befürwortern dieses Schrittes gehört IWF-Chefin Christine Lagarde. Aus ihrer Sicht sind Anleihenkäufe gezielt einsetzbar, während Zinssenkungen auch Staaten wie Deutschland beträfen, die keine Lockerung der Geldpolitik bräuchten.
Was spricht für den Einsatz dieses Mittels, was dagegen?
Viele sehen im massiven Kauf von Anleihen durch die EZB den einzigen Weg, die hohen Zinsen zu drücken, die Länder wie Spanien oder Italien derzeit am Markt bezahlen müssen. Fraglich ist aber, wie dauerhaft die Renditen damit gesenkt werden können. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sieht die Gefahr, dass mit einem solchen Eingriff der EZB der Reformdruck in den Krisenländern sinken könnte. Ohnehin sind Anleihenkäufe durch die Notenbank wegen der Nähe zur unerlaubten Staatsfinanzierung durch die Notenpresse umstritten. Das Programm ruht seit Monaten – und wird so schnell nicht reaktiviert.
Wird die EZB das Bankensystem nochmals mit billigem Geld fluten?
Theoretisch könnte die EZB jederzeit beschließen, den Banken ein weiteres Mal billiges Geld über einen langen Zeitraum zu leihen, um so das Austrocknen des Bankensystems zu verhindern. Im Dezember und Februar hatten sich Europas Banken insgesamt mehr als eine Billion Euro mit drei Jahren Laufzeit geborgt. Die Maßnahmen wirken noch gar nicht vollständig am Markt, schon jetzt ist überschüssige Liquidität vorhanden. Hinzu kommt, dass die Geschäftsbanken mit den Milliarden zuletzt Staatsanleihen kauften – und die EZB somit die gegenseitige Abhängigkeit von Banken und Staaten befeuerte.