Was geht? Geht noch was? Eher nicht, lautet die Antwort der Projektentwickler. Das, was bereits angefangen wurde, wird zu Ende gebracht – in Bremen zum Beispiel das Tabakquartier in Woltmershausen, die Überseeinsel im alten Hafen und das Gewerbeprojekt „Spurwerk“ auf dem Gelände des ehemaligen Neustadtgüterbahnhofs. Aber sonst? Pustekuchen. Die Immobilienwirtschaft ist in Deutschland ziemlich am Boden, wie sich seit Dienstag auf der Expo Real in München zeigt. Das Land Bremen ist dort mit einem Stand vertreten. Kurt Zech übrigens auch, einmal um die Ecke in derselben Halle, deutlich größer und auf eigene Rechnung.
Die Expo Real ist eine der größten Fachmessen für Immobilien und Investitionen in Europa. Das erste Mal nach zwei Jahren wird sie ohne Corona-Auflagen in alter Form veranstaltet. Bremen und Bremerhaven präsentieren sich unter Federführung der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) mit 26 Unternehmen, darunter Justus Grosse, Peper & Söhne, Robert C. Spies, die Sparkasse Bremen und die beiden Wohnungsgesellschaften Gewoba und Brebau. Die Stimmung an dem sehr belebten Stand: viel Realismus, wenig Optimismus.
„Dass so viele Besucher kommen, beweist die Bereitschaft, sich weiterhin mit den Themen Immobilien und Stadtentwicklung zu beschäftigen“, sagt WFB-Chef Andreas Heyer. Mehr aber auch nicht, fügt er an: „Es wird sondiert, die Leute wollen wissen, wie es weitergeht.“ Vorbei die Zeiten, als bei der Expo Real „imaginäre Geldscheine durch die Luft flatterten“, wie sich jemand am Bremen-Stand erinnerte. „Man kann den Markt nicht schönreden“, erklärt Dirk Kühling, Abteilungsleiter im Bremer Wirtschaftsressort. Neue Projekte, in Bremen und anderswo, schafften es momentan oft nur bis zur Planungsreife.
Sparkassen-Vorstand Thomas Fürst drückt es drastischer aus: „Der Immobilienmarkt ist zusammengebrochen.“ 60 Prozent der Vorhaben seien auf Stopp gestellt. Das betreffe große wie kleine Investitionen. Wegen der gestiegenen Zinsen und Baukosten könnten sich private Haushalte im mittleren Einkommensbereich kaum noch leisten, eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen.
Während es in den vergangenen Jahren zwei oder drei Wochen gedauert habe, eine Immobilie zu vermarkten, gingen dafür heute zwei oder drei Monate ins Land. Ein Ende der Krise sei vorerst nicht in Sicht, so Fürst. Im Gegenteil: „Das ist wie beim Tsunami – das Wasser ist weg und kommt mit Macht zurück.“ Den Höhepunkt der drohenden Welle sieht der Banker im kommenden Jahr.
Klima hat sich verschlechtert
Auf Grundlage einer Erhebung der Deutschen Hypo, die das Immobiliengeschäft der Nord/LB mit Sitz in Hannover betreibt, hat sich das Klima unter den 1200 befragten Immobilienexperten nach einem leichten Aufflackern im August im darauffolgenden Monat wieder deutlich verschlechtert. Das Unternehmen spricht in seinem Marktbericht für September von einem „herben Rückschlag“. Während sich der Bereich Logistik einigermaßen robust zeige, gebe es auf dem Hotelmarkt und dem Büromarkt „teils erheblich negative Stimmungstendenzen“. Die Einbrüche liegen demnach im zweistelligen Bereich.
Bremen will sich von dieser Entwicklung nicht Bange machen lassen und verweist auf Unternehmen im Land, die gut gerüstet seien: „Ja, es sind stürmische Zeiten“, räumt Senatsbaudirektorin Iris Reuther ein, „Grosse, Peper, Spies und die anderen stehen aber solide da und machen ihr Geschäft. Die rocken das.“
Auszeichnung für "Spurwerk"
Der Projektentwickler Peper & Söhne ist für sein „Spurwerk“ auf der Messe von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) mit einem Zertifikat ausgezeichnet worden. Auf dem rund 90.000 Quadratmeter großen Gelände sollen beispielsweise für die Heizung und Kühlung keine fossilen Brennstoffe verwendet werden, mindestens die Hälfte der Dächer bekommt Fotovoltaikanlagen. Außerdem sind großzügige Ladekapazitäten für E-Mobilität geplant. Besondere Nachhaltigkeit wurde von der DGNB auch dem Gründerzentrum Green Economy in Bremerhaven bescheinigt.
Ist das Glas halb leer oder doch halb voll? Für Oliver Platz, Präsident der Bremer Architektenkammer, besteht nach einem ersten Rundgang durch die Messehallen kein Grund zur Panikmache: „Klar, die Banken bremsen im Moment. Wer aber Geld hat und die Grundstücke dazu, der packt was an.“ Entscheidend sei die Qualität der Projekte, und da habe Bremen einen Standortvorteil: „Frankfurt zeigt auf der Messe immer noch seine Hochhäuser aus Glas, unsere Projekte, das Tabakquartier zum Beispiel, haben einen anderen Maßstab, der sich besser mit der Stadt verträgt.“