Halit Düzgün brennt für seine Arbeit – im wahrsten Sinne. Denn der 36-Jährige ist Schweißer, und dies auch anderen Menschen beizubringen, scheint seine Berufung zu sein. „Ich soll sogar schon mal im Schlaf erklärt haben, wie man schweißt“, sagt Düzgün. Seit drei Jahren arbeitet er in Bremen im Berufsfortbildungswerk Bfw in der Stresemannstraße 39 als Ausbilder im Bereich Schweißen. Beim Bfw handelt es sich um ein Unternehmen für Bildung des Deutschen Gewerkschaftsbunds.
Hier können sich die Menschen in verschiedenen Berufen im Metall-, Logistik-, Büro- und IT-Bereich fortbilden. Gerade der Bedarf an Schweißkräften sei groß. „Im vergangenen Jahr haben hier bei uns etwa 250 Menschen ihren Schweißschein gemacht“, sagt Düzgün. Um die Menge und Vielfalt an Schulungen anbieten zu können, hat das Bfw neben dem Leiter Peter Brandt mittlerweile drei Ausbilder: Halit Düzgün, Veton Abazi und Marcin Weltrowski. Aufgrund der Mehrsprachigkeit hier – Deutsch, Englisch, Polnisch, Albanisch, Türkisch und Arabisch – konnten sie in den vergangenen Jahren auch vielen geflüchteten Menschen helfen, die noch sprachliche Herausforderungen hatten.
Firmen fragen nach Fachkräften
Für eine ganze Reihe von ihnen brachte die Befähigung zum Schweißen eine Beschäftigung. Leiter Peter Brandt sagt: „Es rufen bei uns immer wieder Firmen an, ob wir ihnen nicht eine Fachkraft für Schweißtechnik vermitteln können – darunter auch namhafte Unternehmen.“ Je nach Schweißzertifikat können sie hinterher beim Metallbaubetrieb arbeiten oder auch bei Windanlagenbauern. Dort werden Elemente ebenso verschweißt. „Dort sagt man so, dass 180 Lagen nötig sind“, erklärt Düzgün. Das bedeutet also, dass man 180 Mal um das Metall herumschweißen muss, um zwei Stücke miteinander zu verbinden.
Das Bfw organisiert auch Schweißkurse für Firmenmitarbeiter – etwa von Airbus. Erst vor Kurzem waren 13 Azubis für vier Wochen in der „Fachwerkstatt Schweißen“. Da die Weiterbildungen auch für Firmenbeschäftigte zu den üblichen Zeiten stattfinden, gibt es hier zwei Schichten: von morgens sieben Uhr bis abends 20 Uhr.
Zum Teil kommen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland für die Kurse nach Bremen. Ebenso schickt die Agentur für Arbeit Menschen mit einem Bildungsgutschein zum Bfw. Ein Schweißschein kann Menschen, die auch schon länger ohne Arbeit sind, wieder eine berufliche Zukunft ermöglichen. Ausbilder Düzgün erläutert: „Wenn jemand fertig ist mit seiner Schweißausbildung, ist der gleich schon vergriffen.“ Der Bedarf in der Wirtschaft sei eben hoch. „Es ist nun mal das Fertigungsverfahren, und ohne Schweißen kommt man heutzutage gar nicht mehr zurecht.“ Selbst die Pharmaindustrie suche Schweißkräfte.
Anbieter haben sich zurückgezogen
Die Nachfrage sei hier auch groß, weil andere Anbieter in der Region sich zurückgezogen hätten. So wurde beispielsweise an der Hochschule Bremen die Schweißkursstätte des Deutschen Verbands für Schweißen und verwandte Verfahren geschlossen sowie die Schweißkursstätte in Delmenhorst. Angesichts der Nachfrage baut das Bfw die Schweißerei aus. Neben zusätzlichen Plätzen in der Werkstatt kommen Schweißsimulatoren hinzu. Außerdem wurden die Geräte erneuert und sind auf dem neuesten Stand der Technik.
Und nach dem Schweißen ist vor dem Schweißen. Zur Weiterbildung schicken viele Firmen ihre Mitarbeiter wieder in die „Fachwerkstatt Schweißen“ beim Bfw in Bremen. Dort werden sie dann in weiteren Schweißverfahren und Werkstoffgruppen geschult. Standortleiter Brandt sagt, dass angesichts des Fachkräftemangels bei den Firmen der Bedarf nicht ende. Ausbilder Düzgün berichtet: „Viele gehen danach auch bundesweit auf Montage.“
Brandt und Düzgün zeigen auf ein geschweißtes Rohrstück, das bei Satelliten zum Einsatz kommt. „Das wird praktisch im Reinraum geschweißt und unzählige Male geprüft. Da muss die Naht einwandfrei in Ordnung sein“, erklärt Brandt. Mit diesem Beispiel möchte er auch dem Vorurteil entgegenwirken: Du kannst nichts, dann werde doch Schweißer. Was Düzgün an der Aufgabe gefällt: „Man stellt etwas her, hat am Ende das Ergebnis und hat eine Top-Naht geschweißt. Das Selbstwertgefühl, das man davon mitnimmt, stärkt einen. Man ist produktiv und wird für diese Leistung auch gut bezahlt.“
Laut Düzgün ist das sogenannte „WIG-Schweißverfahren“ das Schwierigste. Damit lässt sich auch Titan verschweißen. WIG ist die Abkürzung für Wolfram-Inertgasschweißen. Dabei kommt eine nichtabschmelzende Elektrode aus reinem oder legiertem Wolfram zum Einsatz. Inerte Gase wie Argon, Helium oder deren Gemische schützen den Lichtbogen, der frei zwischen der Elektrode und dem Werkstück brennt. „Je kleiner das Werkstück ist, umso schwieriger ist es“, erläutert der Ausbilder. Standortleiter Brandt weist auf Brillengestelle aus Titan hin: „Wenn die dann doch mal kaputt waren, wurden die mit Laserschweißen repariert.“
Einige wenige am Schreibtisch besser aufgehoben
Nach Angaben von Düzgün hat sich bei manchen Teilnehmern in den ersten Tagen herausgestellt, dass sie bei einer Tätigkeit am Schreibtisch vielleicht doch besser aufgehoben sind. Das sei aber eher die Ausnahme. Viele haben derweil durch den Kurs wieder eine Arbeit gefunden, von der sie leben können. Wenn es nach Düzgün und seinen Kollegen geht, sollen noch viele weitere diesem Beispiel folgen.
Für den 22. Oktober plant das Bfw in der Stresemannstraße einen Tag der offenen Tür rund um die Schweißtechnik. Nicht nur am Simulator wird es dort dann um die Welt des Schweißens gehen.