Bremen. In Sachen Mars ist Bremen äußerst mobil. An der europäisch-russischen Exomars-Mission ist das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB maßgeblich beteiligt.
Zuletzt schwenkte bei dem Projekt ein Orbiter in die Umlaufbahn ein, während die Sonde Schiaparelli am Roten Planeten zerschellte. Aber auch in den USA sind Bremer Wissenschaftler wegen des Planeten aktiv: Im US-Bundesstaat Utah hat nun das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) seine in Bremen entwickelten Rover getestet – unter marsähnlichen Oberflächenverhältnissen, für die Utahs felsige Wüstenlandschaft sorgt. Auch gesteuert wurden die Robotorfahrzeuge von Bremen aus.
Die beiden Rover, der 150 Kilogramm schwere SherpaTT und der 15 Kilogramm leichte Coyote, stellten dabei unter Beweis, dass sie für unwegsames Gelände wie auf dem Mars tauglich sind. Allerdings werden sie nie zum Roten Planeten fliegen. Die Daten dieser Systemtests dienen vielmehr Weiterentwicklungen für mögliche künftige Mars- und andere Missionen, die auf innovative Robotiklösungen angewiesen sind. „Wir haben bei diesem Forschungsprojekt schon allgemein an planetarische Explorationen insgesamt gedacht“, sagt Professor Frank Kirchner, Technisch-wissenschaftlicher Verantwortlicher am DFKI. Das Besondere an diesen wissenschaftlichen Tests sei auch gewesen, dass der Roboter quasi aus mehreren Robotern besteht, die sowohl separat als auch als Einheit agieren können.
Die konkrete Mars-Mission Exomars Rover, an der OHB mitwirkt, ist für 2020 geplant. Dann soll ein ferngesteuertes Fahrzeug zum Roten Planeten transportiert werden. Das Bremer Raumfahrtunternehmen würde unter anderem den Bau des Carriers verantworten, der das Landemodul mit dem Rover zum Mars bringt.
Steuerung von Bremen aus
In Utah wurden die beiden Rover vier Wochen lang in der Wüstenlandschaft getestet, begleitet von sechs Wissenschaftlern des DFKI und der Universität Bremen. Für die Kontrolle der Mission wurde ein Leitstand am Robotics Innovation Center des DFKI in Bremen eingerichtet, der per Satellitenlink eine Kommunikationsverbindung zu den Robotern in den Vereinigten Staaten aufbaute. Das Virtual Reality Lab, eine interaktive 3D-Multiprojektionsanlage, ermöglichte es dem Operator, den Missionsstatus in einer virtuellen Realität zu beobachten.
Neben einem Zeigegerät diente ein zweiarmiges Oberkörper-Exoskelett als Eingabe- und Kontrollgerät. Damit konnte der Operator die Roboter in Utah intuitiv mit natürlichen Bewegungsmustern steuern. Durch ein integriertes sogenanntes Force-Feedback erhielt er zudem direkte Rückmeldung über die auf den Manipulator von SherpaTT wirkenden Kräfte, wodurch er diesen in der über 8300 Kilometer entfernten Umgebung sicher bewegen und platzieren konnte.
Bei den Feldversuchen konnten Teile einer sogenannten Mars-Sample-Return-Mission (zu Deutsch „Probenrückführungsmission“) erfolgreich simuliert werden. Die einzelnen Missionsschritte wurden von der Bremer Kontrollstation aus gesteuert: Dafür forderte der Operator zunächst dreidimensionale Umgebungskarten von den Systemen sowie Fotos der Roboterkameras an, um sich ein Bild von der Umgebung machen zu können. Anschließend setzte er Wegpunkte in die Karten, die von den zwei Rovern autonom angefahren wurden. Am Ort der Probenahme angekommen, gelang es, den Manipulator von SherpaTT mithilfe des Exoskeletts manuell zu steuern. Nach einem Rendezvous der beiden Roboter navigierte Coyote III entlang der gesetzten Wegpunkte schließlich selbstständig zurück zum Ausgangspunkt.
Erfolgreich Steigungen überwunden
Das autonome Verhalten der Roboter zu realisieren, erwies sich als große Herausforderung innerhalb der Feldtestkampagne, da nicht nur ein einzelnes System, sondern ein Roboter-Team mit verschiedenartiger Sensorik zum Einsatz kam. Dieses musste sich – abgesehen von sehr groben Übersichtskarten – in komplett unbekanntem Gelände sicher bewegen. Dafür setzten die Wissenschaftler des DFKI auf spezielle Selbstlokalisierungs- und Kartierungsalgorithmen, welche die Informationen aus den unterschiedlichen Sensoren integrierten und eine entsprechende Karte daraus generierten. Neben der kooperativen Mission wurden die Systeme auch einzeln hinsichtlich ihrer Mobilität in unstrukturiertem Gelände getestet. So überwand SherpaTT erfolgreich Steigungen von bis zu 28 Grad. Coyote III bewältigte Steigungen von bis zu 42 Grad und bezwang mithilfe eines Seilsystems sogar Steilklippen mit Überhängen.
Das Robotik-Projekt wurde mit drei Millionen Euro über das Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.