Michael Deminatus ist vor Ort. Sein Sprinter steht auf einem Parkplatz der Jacobs University in Bremen-Nord. „Fit fährt vor“ steht darauf, er nennt es Gesundheitsmobil. Im Bus verkabelt Deminatus seinen Kunden, zwei Elektroden an die Knöchel, zwei an die Innenseite der Handgelenke, Herz- und Stresscheck. Das Fitness-Gerät, das auch im Bus verbaut ist, bleibt heute unbenutzt. Deminatus misst unter anderem den Stress-Index und den Fit-Level, sagt er. Seine Kunden seien schon vor einigen Monaten bei ihm gewesen. Heute erfahren sie, ob sich ihr Training gelohnt hat. Deminatus begutachtet die Ergebnisse auf dem Laptop, er spricht von deutlich verbesserten Werten.
Das Geschäftsmodell von Deminatus und seinem Partner Helmut Brüggemann: Unternehmen wie etwa die Jacobs University beauftragen sie regelmäßig, weil sie den Mitarbeitern helfen könnten, sagt er. Gesünder leben, mehr Sport, mehr Motivation, weniger Stress. Nur wer regelmäßig vor Ort sei, könne Menschen wirklich ermutigen, neue Gewohnheiten zu entwickeln. Das ist ihre Idee. „Deutschland hat Rücken, wissen wir alle“, sagt Deminatus. „Aber das heißt noch lange nicht, dass jeder Bescheid weiß: Was habe ich? Und was kann ich dagegen tun?“ Mit ihren Angeboten hätten sie schon vielfach geholfen, die Ausfallzeiten von Mitarbeitern deutlich zu verringern, sagt Deminatus. Weniger Bandscheibenvorfälle, weniger Burn-Out.
In gewisser Weise hat Horst Seehofer dafür gesorgt, dass Michael Deminatus heute mit seinem Gesundheitsmobil unterwegs ist. 1992 schränkt der damalige Gesundheitsminister Seehofer die Niederlassungsfreiheit für Ärzte ein. Die Mediziner gehen aus den Kliniken nicht mehr in die Praxen, der damals noch angehende Arzt Deminatus kann nicht von der Universität an die Klinik, weil es keine Plätze gibt. Zumindest nicht in seinen Wunschbereichen: Orthopädie oder Sportmedizin. „Das hat mich genervt“, sagt Deminatus. „Ich wollte nicht als Internist oder Dermatologe arbeiten.“ Deminatus begibt sich auf einen Weg, der ihn von der Sporthochschule Köln über das Fernsehen bis auf diesen Parkplatz auf dem Gelände der Jacobs University führt – und ihn in Zukunft ins Büro bringen soll.
Deminatus ist Sportphysiotherapeut, Dozent für medizinische Diagnostik – und arbeitet seit 2005 selbstständig als persönlicher Trainer. Aber wie lange kann man als Personal Coach jeden Tag Gewichte stemmen? Deminatus ist 51 Jahre alt, sportliche Statur, gerader Rücken, Verkäuferlächeln. Für den Fernsehsender Kabel 1 war Deminatus 2008 auf Langeoog, „Jedes Kilo zählt. Eine Insel wird schlank“ hieß das Reality-Format. „Ich war damals der bekannteste deutsche Personal Trainer“, sagt Deminatus und lacht.
Eine Unternehmensberatung für Gesundheit
Heute sind seine Kunden hauptsächlich in Bremen, doch Deminatus denkt voraus. Ewig kann er das nicht machen. Gemeinsam mit Helmut Brüggemann, Facharzt für Arbeitsmedizin, hat Deminatus das Unternehmen 2015 gegründet, De und Be Consult nennen sie sich. Eine Unternehmensberatung für Gesundheit. Betriebliche Gesundheitsvorsorge, anfangs hatten sie ihre Messgeräte in einer kleinen Praxis – doch kaum jemand war interessiert. Also mussten sie selbst vorbeikommen.
So entstand vor anderthalb Jahren die Idee, die Geräte und die Diagnosetechnik in einen Sprinter zu bauen. Im vergangenen seien es etwa zwei bis drei Termine pro Monat mit dem Gesundheitsmobil gewesen, sagt er. Das Mobil sei häufig der Anfang, aber sein Unternehmen biete etwa auch Arbeitsplatzbegehungen an, individuelle Schulungen, Trainings- und Therapiepläne, Ernährungsberatung. „Das ganze Paket“, sagt Deminatus. Dieser Service koste zwar Geld, „aber eine körperlich und geistig energiegeladene Belegschaft stellt für jede Firma einen kalkulierbaren Gewinn dar“, argumentiert Deminatus. „Wir bieten einen Leistungskatalog, der über den Standard hinausgeht.“
Er sieht sein Angebot als Ergänzung zu den Aktivitäten von Krankenkassen, die etwa Gesundheitstage in Unternehmen organisieren. Er könne eben individuellere Leistungen anbieten, die dann zwar Kosten verursachten, aber auch effektiver seien. „Wir können Ausfallzeiten nachweislich senken“, sagt Deminatus. Weil er sofort beginnen könne. Das Gesundheitsmobil fährt vor, Deminatus misst – und dann könne er den Mitarbeitern sofort individuelle Tipps und Anleitungen mitgeben.
Wenn er einmal in Unternehmen sei, werde es einfacher, sie von seinem Angebot zu überzeugen. Deminatus erzählt, dass er in den letzten Jahren für viele Unternehmen Gesundheitsprogramme entwickelt hat, die bei der Senkung der Ausfallzeiten geholfen hätten und von den Mitarbeitern immer noch eigenständig fortgeführt würden. Irgendwann hofft Deminatus, nicht mehr selbst mit dem Gesundheitsmobil unterwegs sein zu müssen. Dann, so stellt er sich das vor, organisiert er mehrere Busse vom Büro aus – und ist nicht mehr selbst vor Ort.