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Bewerbermangel in Bremen 350 Euro Prämie für Auszubildende

Beim Werben um junge Menschen für eine Ausbildung greift eine in Bremen bekannte Bäckereikette zum Mittel Geld: 350 Euro Prämie gibt es für jeden neuen vermittelten Azubi. Wie sieht es in anderen Branchen aus?
25.07.2023, 05:00 Uhr
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350 Euro Prämie für Auszubildende
Von Florian Schwiegershausen

Die Suche nach Auszubildenden nimmt ein immer größeres Ausmaß an. So verspricht die Bäckereikette Müller & Egerer eine Prämie in Höhe von 350 Euro für jeden vermittelten Auszubildenden. Für die Empfehlung neuer Vollzeitbeschäftigter gibt es 500 Euro. Neue Azubis bekommen bei dem Unternehmen aus Rastede, das in Bremen 17 Filialen betreibt, zusätzlich ein iPad sowie einen Einkaufsgutschein im Wert von 30 Euro für jeden Monat, in dem sie nicht ausfallen. Und die Beschäftigten zahlen für die Backwaren die Hälfte.

Auch die Bäckerei Meyer Mönchhof aus Ganderkesee, die ebenfalls mit mehreren Standorten in der Hansestadt vertreten ist, wirbt mit übertariflichen Angeboten. Azubis im Verkauf erhalten nach fünf Monaten zusätzlich 50 Euro monatlich, für die in der Bäckerei sind es 150 Euro pro Monat. Und bei einer Ausbildungsabschlussnote von 2,5 und besser gibt es 250 Euro als Glückwunschprämie.

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Nicht nur im Bäckereihandwerk gibt es gut zwei Wochen vor dem offiziellen Ausbildungsstart noch viele freie Plätze: Die Lehrstellenbörse der Bundesagentur für Arbeit listete für Bremen und umzu am vergangenen Sonntag 1835 freie Lehrstellen mit Start zum August oder September auf. Bei den Lehrstellenbörsen der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammern, die auch als Apps für das Smartphone erhältlich sind, sind ebenfalls freie Stellen zu finden.

Dort suchen zum Beispiel die Hörgeräteakustiker von Hörwelten Lehker & Winter aus Horn. Laut Meisterin Jessica Oetjen soll – wie in der Regel einmal im Jahr – noch eine Stelle besetzt werden. „Man hat hier täglich mit Menschen zu tun", sagt sie. Es sei immer ein schönes Gefühl zu erleben, wenn Kunden plötzlich wieder besser hören könnten. "Und man hat mit Technik zu tun", beschreibt die Meisterin die Vorzüge ihres Berufs. Und die Berufschancen nach fertiger Ausbildung zum Hörgeräteakustiker sehen angesichts einer älter werdenden Gesellschaft eigentlich gut aus.

Rückgang seit 2012

Die Zahl der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Bewerber für Ausbildungsstellen ist nach Angaben des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) seit 2012 um 25 Prozent gesunken. "Das stellt eine Gefahr für die Fachkräftesicherung dar", sagt Jurek Tiedemann, IW-Experte für berufliche Qualifizierung. Seinen Angaben zufolge blieben im Jahr 2022 mehr als 68.000 angebotene Ausbildungsplätze unbesetzt. Im Durchschnitt seien das 13 Prozent aller Ausbildungsstellen.

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Als Beispiel nennt er den Verkauf ohne eine Spezialisierung auf bestimmte Produkte. Laut Tiedemann konnten in diesen Bereichen zwei von drei Ausbildungsstellen besetzt werden, jeder dritte angebotene Platz blieb also unbesetzt. Ähnlich angespannt sieht das IW die Situation in der Ausbildung zum Zahnmedizinischen Fachangestellten oder auch zum Medizinischen Fachangestellten. „Die Fachkräftelücke, also die Anzahl an rechnerisch nicht zu besetzenden offenen Stellen, betrug in diesem Beruf zuletzt fast 10.000. Zeitgleich konnte auf dem Ausbildungsmarkt jeder fünfte Ausbildungsplatz in diesem Beruf nicht besetzt werden“, sagt Tiedemann. Konkret beziffern lassen sich seinen Angaben zufolge die Auswirkungen der rückläufigen Ausbildungsaktivität nicht. „Es ist jedoch klar, dass die Fachkräftesicherung nur mit einem Ausbildungsmarkt, der im Gleichgewicht ist, gelingen kann.“

Betriebe am Stadtrand haben es schwerer

Der Lebensmittelimporteur Kreyenhop & Kluge in Oyten sucht Azubis als Groß- und Außenhandelskaufleute sowie als Fachlageristen. Das Familienunternehmen importiert seit fast 90 Jahren asiatische und orientalische Lebensmittel und ist Partner für Restaurants, Supermärkte und Internethändler. Lisanne Schindler aus der Personalabteilung sagt: "Wir sind hier vor den Toren Bremens und das hält vielleicht einige davon ab, sich bei uns zu bewerben – leider." Sie habe ihre Ausbildung im Unternehmen gemacht und merke jeden Tag an kleinen Dingen, wie sehr jeder in dem Familienbetrieb geschätzt werde. Um mehr Interesse bei anderen jungen Menschen für die Ausbildung zu wecken, haben die aktuellen Azubis Fotos und kleine Texte ins Internet gestellt.

Bei Handwerksberufen wie Dachdecker oder in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ist die Zahl der Azubis indes gestiegen. Dennoch ist laut IW-Experte Tiedemann fraglich, ob der Bedarf damit am Ende wirklich gedeckt ist: „Auch dort gibt es nach wie vor Fachkräfteengpässe. Darüber hinaus werden diese Berufe besonders stark für die Klimawende benötigt, sodass mit einer stärkeren Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen ist.“

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