Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Vanilla Instinct gewinnt Tortenbäckerinnen sahnen Bremer Gründerinnenpreis ab

Die Auszeichnung von Belladonna macht Frauen in der Bremer Wirtschaft sichtbarer. In diesem Jahr geht der Gründerinnenpreis an Vanilla Instinct. Die Konditormeisterinnen mussten anfangs mit Vorurteilen umgehen.
17.11.2022, 20:50 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Tortenbäckerinnen sahnen Bremer Gründerinnenpreis ab
Von Lisa Schröder

Ihre Torten namens Chocoholic, Hello Pumpkin oder Chunky Monkey sind gefragt. In Hochphasen müssen Mona Warnecke und Kelly Alpers Anfragen ablehnen, weil einfach zu viele Menschen einen Kuchen von ihnen haben wollen. Das Geschäft der Gründerinnen mit Torten, Macarons und Cake Pops läuft. Um die 40 Hochzeitstorten gehen im Monat in der Saison raus.

Vanilla Instinct hat Cafés in Bremen und in Worpswede. Und wenn es nach den beiden Konditormeisterinnen geht, darf in Zukunft noch ein Laden dazukommen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Vielleicht auch in Oldenburg? Bestellungen von Hochzeitstorten erreichen das Geschäft in der Knochenhauerstraße über die Stadtgrenzen hinaus – ebenso aus Hamburg und Ostfriesland.

Das Geheimrezept? Von vielen Brautpaaren hörten sie, andere Hochzeitstorten hätten nur schön ausgesehen, aber nicht unbedingt geschmeckt. Das sei bei Vanilla Instinct anders. "Unsere Füllungen haben alle was Besonderes", sagt Alpers. Die Kreationen kämen gut an. Wichtig sei für die Reichweite zudem der Internetauftritt mit dem Onlineshop. Einige Kunden riefen aus dem Ausland an, um jemanden in Bremen mit einem Kuchen zu überraschen.

Lesen Sie auch

Zunächst spürten die beiden allerdings nicht nur Zuspruch. "Am Anfang war uns das gar nicht so bewusst, mit was für Vorurteilen wir konfrontiert werden würden", sagt Alpers. Was gebe es schließlich Klischeehafteres, als zwei junge Mädels, die das Kuchenbacken zum Beruf machten? Das ließen ihre Ansprechpartner die beiden spüren: Macht mal, mal gucken, wie lange.

Die Vorbehalte waren – wie die Geschichte zeigt – grundlos. Für ihr Unternehmen sind Warnecke und Alpers mit dem Gründerinnenpreis von Belladonna ausgezeichnet worden. Am Donnerstagabend war die Verleihung. Warum braucht es die Auszeichnung eigentlich noch? Aus Sicht von Maren Bock, Geschäftsführerin des Netzwerks, gibt es gleich mehrere Gründe. Viele Unternehmerpreise gingen weiter vor allem an Männer. Immer noch lägen die Frauen außerdem bei den Existenzgründungen hinten. Gerade bei den Start-ups sei ihr Anteil mit 20 Prozent deutlich niedriger. Das zeige der Female Founders Monitor. Frauen haben demnach wegen der Familie oft weniger Zeit für ihre Gründung: Ihre Wochenarbeitszeit sinkt der Auswertung zufolge um fast sechs Stunden, wenn Kinder ins Spiel kommen. Väter verlieren dagegen eine Stunde Zeit. Bock findet es vor diesem Hintergrund wichtig, Unternehmerinnen sichtbarer zu machen – zum Rollenmodell für andere. "Wir möchten kompetente Frauen im Wirtschaftsleben zeigen."

Die Frauen holen tatsächlich auf. Ihr Anteil an den Existenzgründungen lag im vergangenen Jahr laut Gründungsmonitor der KfW bei 42 Prozent. Nachdem sich die Zahl der Gründerinnen drei Jahre lang kaum verändert habe, sei sie "überdurchschnittlich stark gestiegen": 257.000 Frauen hätten eine Existenzgründung umgesetzt – und damit ein Viertel mehr als im Vorjahr. Vor allem gab es mehr jüngere Gründerinnen unter 30.

Lesen Sie auch

Zu dieser Gruppe gehören auch Warnecke (28) und Alpers (29). Ihre Selbstständigkeit leben die beiden Frauen mit großer Selbstverständlichkeit. Großen Wirbel machen sie um ihre Leistung nicht. Nach ihrer Ausbildung folgte jeweils der Meister. "Danach war ich ein bisschen lost", erzählt Alpers. "Ich wusste gar nicht: Was mache ich jetzt?" Während der Ausbildung lernten sich Alpers und Warnecke kennen, in der Zeit hätten sie sich beide schon nebenher ausprobiert, sagt Warnecke. In der Markthalle Acht gab es schließlich, noch neben der Arbeit, einen ersten gemeinsamen Stand der Konditormeisterinnen. "Wir haben einen kleinen Kellerraum gemietet und ihn zur Backstube umfunktioniert", sagt Alpers.

Ihre Krisensicherheit stellten die Gründerinnen schnell unter Beweis. Wegen der Pandemie mussten die Cafés zeitweise schließen. Hochzeitstorten wurden abbestellt. "Alle wollten ihr Geld zurück", erinnert sich Warnecke. Es kamen Zweifel auf: Machen wir weiter? Doch die Frauen und ihr Team hielten durch. "Wir haben mittlerweile schon so viel durchgestanden", findet Warnecke. Insgesamt haben die Chefinnen zwei Auszubildende, einen Gesellen, eine Vollzeitkraft im Service sowie zehn Aushilfen. Ihre jeweiligen Bremer Lehrbetriebe, das Café Hauptmeier und Schröter’s Chocolaterie und Patisserie, gibt es derweil nicht mehr.

Der New York Cheesecake gehört zu den Favoriten der Kunden. Auch Mona Warnecke und Kelly Alpers naschen noch gerne. "Unser Berufsschullehrer hat immer gesagt: Traue niemals einem dünnen Konditor", sagt Alpers. Die beiden müssen lachen, das passe wohl nicht mehr ganz. Dennoch sagt Warnecke: "Ich esse jeden Tag irgendetwas von uns – auch wenn es nicht ein ganzes Stück Torte ist. Ich habe mich noch nicht sattgesehen."

Die hohen Energie- und Rohstoffkosten sind nach Corona gleich die nächste Herausforderung. Die Strompreise seien ein echtes Problem, sagt Warnecke, sie seien ums Dreifache bis Vierfache gestiegen. Um etwas zu sparen, werden die Kühltheken des Cafés in der Bremer Innenstadt nun nachts ausgestellt, die Süßigkeiten umgelagert. Auf viel mehr lässt sich aber nicht verzichten.

Maren Bock zufolge zeigen Untersuchungen, dass die Unternehmen von Frauen nachhaltiger sind, also länger am Markt bestehen. Die Jury habe bei Alpers und Warnecke auch beeindruckt, wie sie die Zeit der Pandemie gemeistert hätten. Auf dem zweiten Platz hinter Vanilla Instinct landeten bei der Auszeichnung die Gründerinnen Ulrike Henning mit ihrem Bestattungsunternehmen und die Rechtsanwältinnen Norina Köslich und Jacqueline Dunker mit ihrer Kanzlei.

Über den Gründerinnenpreis freuen sich die Tortenbäckerinnen. "Mona hat mich angerufen. Wir haben erst mal gejubelt", sagt Alpers. Ihren Betrieb hätten sie nach und nach aufgebaut. Auf jeden Fall müsse man bei diesem Schritt mutig sein, sagt Warnecke: "Und voll dahinterstehen."

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)