Bremen. Alles begann mit Sediment aus dem Moor. Carl Kaefer hatte schon einige Zeit mit Torf aus dem Poggenmoor gehandelt, als ihm die Idee kam, die sein Leben verändern sollte. Er wollte fortan das Material nicht nur verkaufen, sondern mehr damit machen. Anfang des 20. Jahrhunderts war es üblich, Torf als Dämmstoff in Kühlräumen einzusetzen. Und in diesem Geschäft wollte Kaefer künftig auch mitmischen. 1918 begann er, die Frachträume von Schiffen damit zu isolieren, damit die ihre Ladung länger kühl halten konnten.
Damit legte Kaefer den Grundstein für sein Unternehmen, das er wenige Jahre später als "Ingenieurbüro Carl Kaefer & Co." im Bremer Handelsregister eintrug. Es folgen die ersten Aufträge für Isolierarbeiten auf Schiffen, ein Jahr später werden fünf Arbeiter eingestellt, der erste Lastwagen für das noch junge Unternehmen wird angeschafft. Das Geschäft entwickelt sich prächtig, Ende der 1930er-Jahre führt Kaefer auch Aufträge für die Marine aus. Der Zweite Weltkrieg ist dennoch ein Einschnitt für das Unternehmen. 1945 werden die Standorte in Bremerhaven und Hamburg zerstört; das Schiffbauverbot, mit dem die Alliierten Nachkriegsdeutschland belegt hatten, trifft auch Kaefers Firma. Der Gründer erlebt das aber nicht mehr mit. Carl Kaefer stirbt 1944 nach langer Krankheit, wie es in der Unternehmenschronik heißt. Zuvor hatte er die Geschäfte schon an Heinz Peter Koch übergeben.
Vieles hat sich seitdem geändert, neue Geschäftsbereiche sind hinzugekommen, Torf wurde mittlerweile durch Stein- und Mineralwolle als Isolationsmaterial abgelöst. Was über die Jahre aber gleich geblieben ist: Bremen ist immer noch der Hauptsitz von Kaefer Isoliertechnik.
Klassische Musik und ewiges Eis
Damit ist das Unternehmen eines der wenigen "Hidden Champions" in Bremen, Weltmarktführer aus dem Mittelstand, deren Produkte oder Dienstleistungen sich nicht an Endverbraucher richten. Heute unterhält Kaefer Standorte in mehr als 30 Ländern und beschäftigt 27 000 Mitarbeiter, 550 allein in Bremen und umzu. Mit ihnen hat das Unternehmen nun seinen 100. Geburtstag gefeiert. „Jeder Einzelne hat zum Erfolg von Kaefer beigetragen. Wir sind stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben“, sagt Peter Edelmann, Vorsitzender der Geschäftsführung.
Deswegen ist die Ausbildung von neuen Mitarbeitern auch ein wichtiges Thema für die Bremer. 2015 hat das Unternehmen 80 Jahre Ausbildung bei Kaefer begangen: Im April 1935 begann der erste Lehrling seinen Job bei Kaefer in Bremen. Seitdem hat die Firma nach eigenen Angaben mehr als 1300 Industrie-Isolierer, Trockenbaumonteure und Kaufleute ausgebildet.
Das Unternehmen blickt aber nicht nur auf eine lange Historie zurück, sondern macht sich auch Gedanken über die Zukunft. So will Kaefer in vier Jahren Polyphem marktreif machen. Hinter diesem Namen steckt ein Forschungsprojekt, das mit fünf Millionen Euro von der EU gefördert wird. „Wir haben ein Mini-Solarkraftwerk entwickelt, das über ein Spiegelfeld Sonnenstrahlen einfängt und elektrische Energie produziert“, sagt Andreas Pöppinghaus, Leiter des Corporate-Competence-Centers. Dadurch könne in abgelegenen Orten auf der ganzen Welt Strom, Trinkwasser, Wärme- oder Kühlleistung erzeugt werden, ohne Generatoren immer wieder mit Diesel versorgen zu müssen.
Kaefer ist mittlerweile auf der ganzen Welt tätig. Nachdem es mit Isolierungen losging, wurden die Geschäftsfelder immer stärker ausgeweitet. So haben die Mitarbeiter des Unternehmens unter anderem den Brandschutz von Stahlträgern in der Elbphilharmonie in Hamburg übernommen. Und auch in der indischen Forschungsstation Bharati, die seit 2012 in der Antarktis steht, steckt die Arbeit der Bremer. Sie wurde von der Tochterfirma Kaefer Construction innerhalb von fünf Monaten während des antarktischen Sommers gebaut und ist inzwischen bereits die dritte Polarstation, an der Kaefer-Mitarbeiter beteiligt waren.
Reiche Bremer
Selbst auf hoher See wird die Technik des Bremer Unternehmens eingesetzt, unter anderem bei mehreren Kreuzfahrtschiffen. Für die "Symphony of the Seas", das größte Kreuzfahrtschiff der Welt, hat die französische Tochterfirma den Innenausbau übernommen, auf der „Disney Magic“ war Kaefer für den Komplettumbau inklusive Restaurant, Spa und Shoppingbereich verantwortlich.
Die vielen Geschäftsbereiche scheinen sich zu lohnen. So konnte der Weltmarktführer seinen Umsatz zuletzt weiter steigern. Lag er 2013 noch bei 1,3 Milliarden Euro, waren es im Jahr 2017 schon 1,7 Milliarden. Das Unternehmen ist immer noch in den Händen der Familie Koch. Mit einem geschätzten Vermögen von 600 Millionen Euro liegt sie laut „Manager Magazin“ auf Platz fünf der reichsten Bremer. Selbst aktiv im Unternehmen ist sie jedoch nicht mehr. 1995 zog sich die Familie Koch aus der Geschäftsführung zurück.