Bremen. "Jetzt hat Bremen wieder eine große Koalition", sagt Otto Lamotte trocken. "Eine solch satte Zweidrittel-Mehrheit in der Bürgerschaft, wie sie jetzt SPD und Grüne haben, gab es zuletzt zu Zeiten der Koalition aus SPD und CDU." Ein Umstand, der dem Präses der Handelskammer Bremen durchaus zu denken gibt. "Was fehlt, ist eine schlagkräftige Opposition."
Lamotte kündigt deshalb an, dass die Kammer sich in der neuen Legislaturperiode nicht scheuen werde, in wichtigen Sachthemen die Rolle der Opposition zu übernehmen, sollten von dort keine Impulse kommen. Von Senatspräsident Jens Böhrnsen fordert Lamotte: "Er muss seine Position deutlich stärker als in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit demonstrieren und seine Führungskompetenz hervorheben." Im Klartext: Böhrnsen soll auch mal auf den Tisch hauen, wenn in seiner Regierung die Dinge nicht rund laufen.
Die Handelskammer will den Regierungschef auch beim Wort nehmen, was den Wahlkampfslogan "Wirtschaft stärken. SPD wählen" angeht. "Wir erwarten, dass er diese Ankündigung in die Praxis umsetzt und das Thema Wirtschaft stärker in den Mittelpunkt seiner Politik rückt", sagt Lamotte.
Konkret fordert der Präses vor allem Taten in den Bereichen Infrastruktur und Innenstadt-Entwicklung. "Die Vertiefung der Außen- und der Unterweser muss durchgeführt werden. Zudem ist der Ringschluss der A281 überfällig, ebenso eine strukturierte Anbindung an die Innenstadt." Die Kammer fordert den Senat auf, das lange geforderte Verkehrskonzept
für die gesamte Stadt endlich vorzulegen. In Bremerhaven, ergänzt Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger, müsse der Bau des Offshore-Terminals für Windenergieanlagen zügig umgesetzt werden. Schließlich fordert die Kammer-Spitze auch schnelle Entscheidungen beim geplanten Einkaufszentrum im Ansgari-Quartier sowie Maßnahmen, die das Gelände der Bremer Wollkämmerei in Bremen-Nord als Gewerbefläche für weitere Ansiedlungen nutzbar machen.
In der Verkehrspolitik - einem der hitzig diskutierten Themen des vergangenen Herbstes - drängt Präses Lamotte darauf, die Umweltzone abzuschaffen und zu verhindern, dass eine City-Maut eingeführt wird. "Die überregionale Verkehrsplanung sollte dem Ressort Wirtschaft zugeschlagen werden", sagt Lamotte weiter. "Wir sind allgemein der Ansicht, dass sich die Ressortzuschnitte in Bremen an den sinnvollen Zusammenhängen von Sachthemen orientieren sollten." Als weiteres Beispiel nennt Fonger die Bildung: "Das Problem, wie der Zugang zu Bildung von der Kita bis an die Universität am besten gestaltet werden kann, sollte in einem Ressort behandelt werden." Derzeit sind diese Themen auf das Bildungs- und Sozialressort aufgespaltet.
Schließlich fordert die Kammer spürbare Maßnahmen gegen die Haushaltsnotlage. "Wir werden sehr genau darauf achten, dass der Senat jährlich die notwendige Summe von 120 Millionen Euro einspart, um die Vorgaben der Schuldenbremse bis 2019 zu erfüllen", sagt Lamotte. "Der Senat muss die Strukturen verändern." Und dazu zählt Lamotte auch die seiner Ansicht nach zu vielen Einrichtungen in öffentlicher Hand. "Brepark, Stadtgrün, Gebäudereinigung, Zulassungsstelle - all das muss nicht im Besitz des Staates sein", sagt er. "Bremen muss bestimmte Zuständigkeiten an Private auslagern."
Auch die Strukturen zwischen Bremen und Bremerhaven müssten in dem Zusammenhang überprüft und verschlankt werden. "Und wir regen eine gemeinsame Kommission der Regierungen Bremens und Niedersachsens an, die systematisch durchforsten soll, wo es Synergien zwischen den Ländern gibt", sagt Lamotte. "Ich kann mir etwa gut vorstellen, dass es in der Justiz und in der kommunalen Infrastruktur eine Menge Bereiche gibt, die eine gemeinsame Gesellschaft ebenso gut erledigen kann."