Die Unternehmen im Land Bremen bewerten ihren Wirtschaftsstandort mit der Schulnote "befriedigend" (3,0). Das ergab eine Umfrage der Handelskammer, an der sich knapp 900 Unternehmen aus Bremen und Bremerhaven beteiligt haben. Gegenüber der letzten Standortumfrage vor vier Jahren, die mit der Note 2,9 abschloss, ist das eine leichte Verschlechterung. Auch die Bewertung als Wohnort fiel dieses Mal mit 2,8 gegenüber der Note 2,5 vor vier Jahren schlechter aus.
Wie fallen die Noten in den "Einzelfächern" aus?
Besonders groß ist die Unzufriedenheit in den Bereichen Sicherheit/Ordnung/Sauberkeit (4,3), Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung (4,3), Attraktivität der Innenstädte (4,5) und Schulen (4,1). Hier klaffen die Erwartungen der Unternehmen und die von ihnen wahrgenommene Realität weit auseinander. Besser bewertet werden die Nähe zu Hochschulen (2,5) und Kunden (2,6), die Anbindung an die Häfen (2,6) sowie Naherholungsmöglichkeiten und Parks (2,3).
Im Vergleich der beiden Städte des Landes schneidet Bremerhaven als Unternehmensstandort mit der Note 2,8 besser ab als Bremen (3,1). Als Wohnort dagegen bekommt Bremen die höhere Bewertung (2,6 gegenüber 3,2 für Bremerhaven).
Wie bewertet die Handelskammer das Ergebnis?
"Insgesamt ist die Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Standort gesunken", sagte Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, am Mittwoch bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse. So gäben nur noch 56 Prozent der befragten Unternehmen an, ihren Standort an befreundete Unternehmen weiterempfehlen zu können – vor vier Jahren hätten dies noch 64 Prozent der Unternehmen getan. Die Handelskammer hatte die Umfrage unter ihren Mitgliedsunternehmen gestartet, um ein Stimmungsbild vor der Bürgerschaftswahl im Mai zu zeichnen und ihre Erwartungen an eine künftige Landesregierung zu formulieren. 41 Kriterien wurden dabei herangezogen: von der Verfügbarkeit von Gewerbegebieten bis hin zu Toleranz und Weltoffenheit. 888 Unternehmen haben sich beteiligt.
Welche Forderungen ergeben sich daraus an die nächste Landesregierung?
Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht leitet aus den Ergebnissen der Standortumfrage ein umfangreiches Forderungspaket ab: schnellere Genehmigungs- und Planungsverfahren, weniger Bürokratie, mehr Gewerbeflächen, bessere Erreichbarkeit der Innenstädte mit allen Verkehrsmitteln, Modernisierung der Häfen, Vertiefung der Weser bis Brake. An den Schulen und Hochschulen müsse der Leistungsgedanke wieder in den Vordergrund rücken. Große Chancen biete die "Klimawende" mit Hilfe der Windenergie und dem Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft – das müsse konsequent gefördert und umgesetzt werden.
"Wir erwarten mehr Gestaltungsfreiheit", sagt Dubbers-Albrecht. "Der Staat mischt sich zu sehr in unternehmerisches Handeln ein – er soll die Rahmenbedingungen schaffen und nicht lenken." Beispiel: die umstrittene Ausbildungsabgabe. Das politische Handeln sollte geleitet werden von "Pragmatismus statt Ideologie". "Wir haben das Gefühl, es mangelt der Politik an Vertrauen in die Wirtschaft", beklagt Dubbers-Albrecht. "Wir reden zwar viel miteinander, aber wir werden nicht gehört."