Wenn der Lieferant nicht liefert oder die Qualität der Ware hinter den Erwartungen zurückbleibt, ist Streit vorprogrammiert. Manchmal landet die Sache vor Gericht. Doch für Unternehmen gibt es noch einen anderen Weg, ihre Konflikte diskret zu regeln: ein privates Schiedsgericht. Es entscheidet unabhängig von der staatlichen Justiz – meist schneller und hinter verschlossenen Türen. Die Handelskammern Bremen und Hamburg haben jetzt ein gemeinsames Hanseatisches Schiedsgericht gegründet, um künftig mehr Fälle zu entscheiden, in denen es um viel Geld geht.
Die Schiedsgerichtsbarkeit hat in den Hansestädten eine lange Tradition: Wenn Kaufleute sich über die Qualität der Ware in die Haare bekamen, halfen geregelte Verfahren, den Streit zu schlichten. Daran hat sich bis heute im Prinzip nichts geändert: Noch immer bieten die Handelskammern solche Schiedsverfahren bei Vertragsstreitigkeiten an. Allerdings sind es nur wenige Fälle im Jahr, die auf diese Weise entschieden werden: "Im vergangenen Jahr hatten wir fünf Verfahren", sagt Karlheinz Heidemeyer, Geschäftsführer für Recht und Steuern bei der Handelskammer Bremen. Streitwert: bis zu eine Million Euro.
Betriebsgeheimnisse bleiben vertraulich
Voraussetzung für ein Schiedsgerichtsverfahren ist, dass sich beide Seiten darauf verständigen – entweder schon bei Abschluss des Vertrages, um den es in dem Streit geht, spätestens jedoch beim Auftreten von Schwierigkeiten, bevor die Sache vor ein staatliches Gericht geht. Der Vorteil eines privaten Schiedsgerichts: Verhandelt wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit – Geschäftszahlen und Betriebsgeheimnisse bleiben vertraulich. Und es geht meist schneller als auf dem Instanzenweg: Die Handelskammer etwa beruft in der Regel einen Vorsitzenden und zwei Beisitzer ein, die sich nur mit diesem Fall beschäftigen. Das können Richter, Anwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerexperten sein – je nachdem, worum es geht. Ihr Schiedsspruch ist für die Vertragsparteien bindend; eine Berufungsinstanz gibt es nicht.
Um die lukrativen Fälle mit Millionenstreitwerten hat sich eine ganze Industrie von Anwaltskanzleien gebildet – die Handelskammern sind nicht die einzigen Anbieter von Schiedsgerichtsverfahren. "Aber ich denke, die Kammern können von ihrer Seriosität und Neutralität profitieren", glaubt Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Bremen. Deshalb haben die Bremer ihr Angebot jetzt mit den Hamburgern zusammengelegt: zum Hanseatischen Schiedsgericht. Der Schriftverkehr soll in den Verfahren komplett digital abgewickelt werden. Von der neuen Größe erhoffen sich Fonger und Heidemeyer zusätzliches Gewicht: Auch internationale Streitfälle sollen künftig in Bremen und Hamburg entschieden werden. Am Dienstag wird das neue Schiedsgericht bei einer Veranstaltung in der Handelskammer vorgestellt.