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"Hanseatic Commercial Court" Bremen richtet internationales Handelsgericht ein

Der "Hanseatic Commercial Court" soll künftig Wirtschaftsstreitigkeiten im Bereich Luft- und Raumfahrt sowie Seefahrt klären – und das auch auf internationaler Ebene. Das Bremer Handelsgericht ist einzigartig.
02.04.2025, 05:00 Uhr
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Bremen richtet internationales Handelsgericht ein
Von Lisa Schröder

Ob an Land, in der Luft, auf See oder im All: Wenn es um Streitigkeiten in der Wirtschaft geht, können die Schauplätze sehr vielfältig sein und die Verfahren komplex. Das dürfte für die Luftfahrt, den Seehandel und für Weltraumtechnologien besonders gelten. In Bremen soll sich künftig ein neues Handelsgericht um Auseinandersetzungen in genau diesen Bereichen kümmern – durchaus um Schwergewichte auf internationaler Bühne. Es soll auch in englischer Sprache verhandelt werden können. Der Name betont das bereits: "Hanseatic Commercial Court for aerospace, logistics and maritime trade" – also Hanseatisches Handelsgericht für Luft- und Raumfahrt, Logistik und Seehandel. Der Fokus liegt damit auf den in Bremen starken Wirtschaftszweigen. Angesiedelt ist das Handelsgericht am Hanseatischen Oberlandesgericht.

In den Branchen komme es zwangsläufig zu Konflikten zwischen Unternehmen – von der Schadensersatzforderung bis zum Streit um die Vertragsauslegung. "Um diese Konflikte zu lösen, möchten wir ein neues Gericht anbieten", sagt die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts Ann-Marie Wolff. Der Vorteil: Das Verfahren beginne nicht, wie sonst üblich, erst am Landgericht. Rechtsfragen könnten also schneller geklärt werden. Vom Commercial Court gehe es im nächsten Schritt direkt zum Bundesgerichtshof.

Warum baut Bremen das Handelsgericht auf?

International tätigen Unternehmen sollen damit noch bessere Verfahrensmöglichkeiten für große Wirtschaftsstreitigkeiten zur Verfügung stehen – "hoch spezialisiert" auf bestimmte Branchen. "Damit haben wir ein ganz besonderes Profil", sagt Bremens Justizsenatorin Claudia Schilling (SPD) über das Handelsgericht. "Es sind hochkomplexe Verfahren, die wir voraussehen. Das erfordert eine große Fachkompetenz."

Das Justizstandortstärkungsgesetz auf Bundesebene, das am 1. April in Kraft getreten ist, sieht den Aufbau von solchen Handelsgerichten vor. Andere Bundesländer gehen einen ähnlichen Weg. Die Bremer Ausrichtung ist dennoch besonders, was den Gerichtsstandort aus Sicht des Justizressorts stärkt: "Der Hanseatic Commercial Court mit seinem Themenspektrum ist bundesweit einmalig und verschafft Bremen ein Alleinstellungsmerkmal."

Um welche Verfahren geht es?

Die Zuständigkeit beginnt ab einem Streitwert von 500.000 Euro. Der Hanseatic Commercial Court soll unter anderem bei Konflikten rund um Wasserstoff aufgerufen werden können. Das Justizstandortstärkungsgesetz vereinfacht dabei die Geheimhaltung in Verfahren. Diesen Aspekt findet die Präsidentin des Oberlandesgerichts Wolff wichtig: Die Parteien könnten sich auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit auseinandersetzen: "Es ist sozusagen auch da ein Angebot an die Unternehmen: Wir gehen vertrauensvoll mit euren Geschäftsgeheimnissen um."

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Die Bremer Handelskammer begrüßt die Schaffung des Handelsgerichts als Ergänzung zu den Schiedsgerichten. "Ausdrücklich", sagt Karlheinz Heidemeyer, Geschäftsführer für Recht und Steuern. Damit hätten Unternehmen in Bremen ein breites Angebot an Rechtsverfolgung. Der Hanseatic Commercial Court setze auch international ein Zeichen und könne mit seiner Ausrichtung ein "hervorragendes Instrument" für Wirtschaftsstreitigkeiten sein. Für Firmen am Standort könne sich ein "Heimspielvorteil" ergeben: Die Auseinandersetzung könne direkt hier geklärt werden. Das mache vieles einfacher.

Raumfahrtspezialist OHB sieht den Schritt ebenfalls positiv. „Wir haben viele internationale Verträge, bei denen ein Gerichtsstand in Bremen auch aufgrund der Vorgabe von Deutsch als Gerichtssprache oft schwer verhandelbar ist", sagt Vorständin Daniela Schmidt, die unter anderem den Bereich Recht verantwortet. OHB begrüßt die Einrichtung des Hanseatic Commercial Courts, der Bremen "als Gerichtsstandort wesentlich attraktiver“ mache.

So sieht es auch das Unternehmen Reck & Co. aus Bremen, das Schadendienstleistungen rund um den Transport von Gütern anbietet – und das weltweit. "Es ist eine klare Verbesserung für Bremen als Standort für internationalen Handel, wenn sich die Gerichtsbarkeit entsprechend mitentwickelt", sagt Rechtsexperte Karsten Vial. "Für uns als Reck & Co. mit internationaler Kundschaft und als bremisches Unternehmen gilt der Vorteil auch, denn wir können unseren Kunden dann einen Gerichtsstandort 'vor Ort' bieten, statt zu sagen: Wir müssen nach Hamburg oder London. Zumal die Kosten dort für entsprechende Anwälte sehr viel teurer sind."

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Das Oberlandesgericht will zunächst beobachten, wie viele Verfahren das Handelsgericht erreichen. Die Expertise sei bereits heute im Haus vorhanden. Justizsenatorin Schilling zufolge muss sich der Commercial Court noch etablieren: "In der Wirtschaft muss ankommen, dass es diese Möglichkeit neben den Schiedsgerichten gibt."

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