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Fernwärme Bremer Mieter verärgert: Hat die Gewoba Heizkosten falsch abgerechnet?

Bis März 2024 war die Mehrwertsteuer bei Gas und Fernwärme auf sieben Prozent reduziert. Die Gewoba verlangte jedoch in einem Teil ihrer Abrechnungen 19 Prozent und sieht hier für die Kunden das bessere Modell.
05.07.2025, 05:00 Uhr
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Bremer Mieter verärgert: Hat die Gewoba Heizkosten falsch abgerechnet?
Von Florian Schwiegershausen

Bei den Heizkosten für das vergangene Jahr hat die Gewoba bei einem Teil der Kunden zu deren Lasten abgerechnet. Das geht aus einer Abrechnung hervor, die dem WESER-KURIER vorliegt. Bis Ende März 2024 hatte der Gesetzgeber bei den Kosten für Gas und Fernwärme die Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf sieben Prozent herabgesetzt. Kunden wie dem Mieter Reinhard Hoppe hat die Gewoba die Fernwärme aber über das gesamte Jahr mit 19 Prozent in Rechnung gestellt.

Dem alleinlebenden Rentner fiel das vor wenigen Wochen auf, als er seine Jahresabrechnung erhielt. Er ist Mieter einer kleinen Wohnung in Huchting und heizt sparsam. Die höher abgerechnete Mehrwertsteuer bedeute nach seinen Berechnungen dennoch 50 Euro, die er nun mehr gezahlt hat. „Für mich mit meiner kleinen Rente bedeuten 50 Euro eine Woche lang einen vollen Kühlschrank“, sagt er. Aber in seiner Nachbarschaft gebe es auch Familien, bei denen viel größere Summen zusammenkommen würden.

Gewoba auch als Hausverwalter tätig

Seine Wohnung gehört nicht der Gewoba, sie hat in Huchting vor Jahren einige Wohnungen verkauft, führt jedoch die Hausverwaltung weiter. Und so verschickt Bremens städtische Wohnungsgesellschaft in dieser Funktion jährlich auch Heizkostenabrechnungen. Reinhard Hoppe, der seinen Vermieter in dieser Sache auf seiner Seite hat, fragte nach und erhielt diese Antwort: „Die steuerpflichtige Abrechnung mit Wohnungseigentümern ist kein Kerngeschäft der Gewoba. Der Aufwand, der systemtechnisch betrieben werden muss … ist als unverhältnismäßig bewertet worden.“

Für Cornelia Ahlring als Geschäftsführerin des Bremer Mietervereins ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar: „Die Rechnung über die Brennstoffkosten erhält die Hausverwaltung von dem Brennstofflieferanten, der doch den gültigen Mehrwertsteuersatz in seiner Rechnung berücksichtigt. Die SWB hat die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze in ihren Gasabrechnungen berücksichtigt. Nur die Rechnungsbeträge sind im Rahmen der Abrechnung von Belang.“ Die SWB bestätigte dem WESER-KURIER, dass sie bei allen Abrechnungen, egal ob Gas oder Fernwärme, sämtliche Vergünstigungen einbezog.

Gewoba sieht Vorteile für Kunden

Die Gewoba verteidigt ihr Vorgehen. Sprecherin Christine Dose meint, dass die Gewoba das für Mieter und Wohnungsbesitzer vorteilhaftere Modell gewählt habe – das Stichtagsmodell. Das bedeutet, dass der Verbrauch zu einem bestimmten Stichtag abgelesen wird. War dieser nach dem 31. März 2024, war es rechtens, 19 Prozent Mehrwertsteuer zu verlangen – so erlaubte es das Bundesfinanzministerium. Nach Ansicht der Gewoba hätte eine zusätzliche Ablesung Ende März zusätzliche Kosten verursacht.

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Dose erläutert zudem: „Aufgrund des alten Rohrleitungssystems ist hier eine Wärmemessung pro Gebäude bisher nicht möglich. Daher nimmt die Gewoba die Wärme für alle 50 Gebäude von der SWB ab und verteilt die Kosten unter Anwendung der Verordnung über Heizkostenabrechnung an die Mieter und die Wohnungseigentümer. Im Wärmeliefervertrag ist dieses Verfahren explizit mit jedem Wohnungseigentümer vereinbart.“ Wenn bis 2026 die Leitungen renoviert seien, würde auch pro Einheit abgerechnet werden – direkt mit dem Wärmelieferanten.

„Die Dienstleistung der Wärmeabrechnung für Wohnungseigentümer resultiert also aus alten technischen Voraussetzungen in der Versorgungstechnik und hat nichts mit der Verwaltung nach Wohnungseigentumsgesetz zu tun.“ Und die Gewoba-Sprecherin nennt einen weiteren Grund für die streitbare Abrechnung: „Bei Veröffentlichung des Bundesfinanzministeriums war nicht vorhersehbar, dass die Mehrwertsteuersenkung bis März 2024 Gültigkeit hatte.“ Was gegen diese Behauptung spricht: Die Senkung der Mehrwertsteuer bis März 2024 hatte der Bundestag im September 2022 mit seinem dritten Entlastungsgesetz beschlossen. Mit entsprechender zusätzlicher Ablesung und gesplitteter Rechnung wären die Bewohner der 50 Häuser also auch in den Genuss gekommen, weniger Steuern zahlen zu müssen.

Die kassierten 19 Prozent führte die Gewoba nach eigenen Angaben ans Finanzamt ab. Damit handelte die Wohnungsgesellschaft, die mehrheitlich in städtischer Hand ist, zugunsten ihrer Besitzer. Gut die Hälfte der eingenommenen Mehrwertsteuer geht an die Bundesländer und Gemeinden – in diesem Fall Stadt und Land Bremen. Die Frage, ob der Gewoba-Vorstand über dieses Abrechnungsverfahren informiert war, ließ das Unternehmen unbeantwortet. Für Reinhard Hoppe hat das ein Geschmäckle: „Ich erwarte von einem städtischen Unternehmen wie der Gewoba da eigentlich eine Vorbildfunktion.“ Er will Widerspruch gegen die Heizkostenabrechnung einlegen, einige Nachbarn wollen es ihm gleichtun. Der Rentner rät allen Mietern der Gewoba, vorsichtshalber auf die eigene Abrechnung zu schauen.

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