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Heizkosten CO2-Preis soll zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt werden

Am Wochenende einigten sich die zuständigen Ministerien auf ein Stufenmodell, nach dem Mieter auch in Bremen die Klimaabgabe bei den Heizkosten in den meisten Fällen künftig nicht mehr alleine zahlen sollen.
06.04.2022, 11:25 Uhr
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CO2-Preis soll zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt werden
Von Lina Wentzlaff

Seit 2021 gibt es in Deutschland den sogenannten CO2-Preis. Damit ist etwas umgesetzt worden, was Umweltexperten schon seit Jahren fordern: Unternehmen, die fossile Brennstoffe verkaufen, müssen für die Emissionen ihrer Produkte bezahlen. Die Bundesregierung wollte auf diese Weise den Umstieg auf umweltfreundlichere Alternativen beschleunigen. Eine wichtige Frage blieb allerdings offen: Was passiert mit den Heizkosten der rund 23 Millionen Mieter-Haushalten, die ebenfalls von der CO2-Abgabe betroffen sind?

Bislang waren die Kosten für die Klimaabgabe allein Sache der Mieter – "obwohl die Mieterinnen und Mieter keinen Einfluss auf die Art der Heizung haben", sagt Gert Brauer vom Bremer Mieterschutzbund. Der Versuch der alten Bundesregierung, auch die Vermieter an den Kosten zu beteiligen, war im vergangenen Jahr noch am Widerstand der Unionsfraktion gescheitert. Das nun vorgeschlagene Stufenmodell der Ampel-Koalition, nach dem auch die Vermieter einen Teil der Kosten übernehmen müssen, soll als Nächstes im Kabinett und dann im Bundestag beraten werden.

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"Damit wird ein Bürokratiemonster für Eigentümer, Verwalter und auch Mieter auf den Weg gebracht, das zu Konflikten führen wird", fürchtet Ingmar Vergau, Geschäftsführer des Bremer Vermieterverbands Haus und Grund. Das Konzept berücksichtige weder die unterschiedlichen Gegebenheiten des bremischen Gebäudebestands, noch schaffe es tatsächliche Anreize, private Eigentümer auf dem Weg zur Klimaneutralität mitzunehmen.

Der Mieterverein Bremen fordert dagegen, dass die Vermieter die CO2-Kosten ganz übernehmen. "Denn nur sie entscheiden, ob und wann eine energetische Sanierung durchgeführt wird", betont Kornelia Ahlring, Geschäftsführerin des Mietervereins Bremen.

Gebäudezustand entscheidend

Das Stufenmodell basiert auf den CO2-Emissionen des vermieteten Gebäudes. Nach früheren Berechnungen des Vergleichsportals Verivox könnten Mieter in einer 100-Quadratmeter-Wohnung bei Umsetzung des Stufenmodells um bis zu 122 Euro im Jahr entlastet werden – je nach Energiebilanz des Hauses. "Für die meisten Mieter dürften die Entlastungen aber zwischen 12 und 72 Euro im Jahr liegen", sagt Gert Brauer vom Bremer Mieterschutzbund. In sehr effizienten Gebäuden mit dem Energiestandard EH55 müssen die Mieter die Zusatzkosten schließlich ganz allein stemmen.

Laut Haus und Grund sei die beste Klimaklasse für viele Bremer Bestandsimmobilien aber gar nicht erreichbar, da es bisher keine geeignete erneuerbare Wärmetechnologie gibt, um beispielsweise im innerstädtischen Bereich ein Mehrfamilienhaus mit Radiatoren vollständig und bezahlbar mit Wärme zu versorgen. Zudem könnten Eigentümer das Heizverhalten ihrer Mieter nicht beeinflussen. "Ein Investitionsanreiz für Vermieter ist folglich nicht vorhanden", folgert Ingmar Vergau.

Frustration bei Eigentümern

Inzwischen erreichen ihn sogar erste Reaktionen aus dem Mitgliederkreis, erzählt der Geschäftsführer von Haus und Grund. Diese seien frustriert. "Man darf nicht vergessen, hier geht es auch um private Vermieter, die sich mit dem Eigentum, ihre Altersvorsorge sichern, nicht nur um Großvermieter." Rund 80 Prozent der Wohnungen in Deutschland gingen auf private Eigentümer zurück. Einige Bremer Kleinvermieter überlegten wegen der angekündigten zusätzlichen Kosten und Arbeit sogar schon, einfach nicht mehr zu vermieten, betont Vergau. Er befürchtet, dass das "Klimaklassen-Modell" nun das Potenzial habe, tatsächlich Verwerfungen zwischen Mietern und Vermietern herbeizuführen. 

Zu den Großvermietern gehören gerade in Bremen auch kommunale Wohnungsunternehmen. Brebau und Gewoba besitzen in der Hansestadt rund ein Fünftel aller Mietwohnungen. "Für uns ist das Modernisieren unserer Bestände nicht wirklich neu", erklärt Thomas Scherbaum, Leiter Gewoba-Immobiliendienstleistungen. Die meisten Wohnanlagen seien aus den 1950er und 1960er Jahren. "Wir sind deswegen schon seit Ende der 1980er Jahre in der energetischen Modernisierung unterwegs und sind auch weitgehend durchmodernisiert."

Rund 82 Prozent des Gewoba-Bestands sei energetisch vollmodernisiert, der Rest sei wenigstens teilmodernisiert. Ein großer Teil der Versorgung in den Wohnungen sei schon CO2-arm, andere würden mit fossiler Energie betrieben. Nur ein einziges Gebäude zähle noch zu der höchsten Klasse des Stufenmodells, soll aber im kommenden Jahr auch modernisiert werden.

Die Gewoba kommt laut Thomas Scherbaum im Blick auf eine durchschnittliche Wohnung auf rund 56 Euro CO2-Preis für 2022. "Dadurch sind die Konsequenzen des Stufenmodells für uns natürlich anders als für einen Kleinvermieter." Die nächste Herausforderung sei für das kommunale Wohnungsunternehmen vor allem, sich von der Gasversorgung zu lösen.  

Wer bezahlt die Modernisierung?

Der Mieterverein Bremen weist darauf hin, dass Mieter nach einer energetischen Sanierung ihrer Wohnung laut Stufenmodell zwar weniger CO2-Kosten zahlen sollen. "Aber dabei darf nicht vergessen werden, dass sie nach bestehender Gesetzeslage die Modernisierung im Ergebnis alleine bezahlen." Denn Vermieter können die Kosten, die ihnen für die energetische Sanierung entstehen, über die Modernisierungsumlage an ihre Mieter durchreichen. Die Mieter würden somit – neben einem erheblichen Teil der CO2-Kosten – auch die energetische Sanierung ihrer Wohnung bezahlen, schlussfolgert Kornelia Ahlring.

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Vermieter sollen in sieben Stufen mitzahlen

Das Modell basiert auf den CO2-Emissionen des vermieteten Gebäudes. Das heißt, je schlechter das Haus gedämmt ist und je älter zum Beispiel die Heizung oder die Fenster sind, umso stärker werden die Mieter entlastet und die Vermieter zur Kasse gebeten. 

Konkret sind zehn Stufen vorgesehen: Bei Wohnungen mit einer besonders schlechten Energiebilanz (mit einem jährlichen Ausstoß von mehr als 52 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter) übernehmen die Vermieter 90 Prozent und die Mieter 10 Prozent der CO2-Kosten. In den weiteren Stufen nimmt der Anteil der Vermieter ab. Ausnahmen soll es für denkmalgeschützte Gebäude oder in Milieuschutz-Gebieten geben, wo Vermieter nicht so einfach sanieren können.

In sehr effizienten Gebäuden mit dem Energiestandard EH55 müssen die Mieter die Zusatzkosten schließlich ganz allein stemmen. EH55 bedeutet, dass das Gebäude nur 55 Prozent der Energie verbraucht, die ein Standardhaus benötigt.

"So können Vermieterinnen und Vermieter zu energetischer Sanierung ihrer Immobilie animiert werden und ihren Teil zum Klimaschutz beitragen", heißt es dazu von der Ampel-Koalition. Ein entsprechender Gesetzentwurf werde zeitnah durch die Bundesregierung vorgelegt. Das Stufenmodell soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Damit liegt die Koalition hinter ihrem Zeitplan.

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